Süddeutsche Zeitung

Arbeitsmarkt:Arbeitslosigkeit sinkt erstmals auf unter 2,3 Millionen

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Von Vivien Timmler

Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland ist 2019 auf ein Rekordtief gefallen. 2,27 Millionen Menschen waren im Jahresdurchschnitt arbeitslos, das waren 73 000 weniger als noch im Vorjahr. Damit sinkt die Zahl der Arbeitslosen erstmals seit der Wiedervereinigung im Jahresdurchschnitt unter die Marke von 2,3 Millionen.

Die Anzahl der Arbeitslosen ist in den vergangenen sechs Jahren kontinuierlich zurückgegangen. 2019 hat sich der Rückgang jedoch verlangsamt. Das liegt unter anderem an weltwirtschaftlichen Herausforderungen wie dem amerikanisch-chinesischen Handelsstreit und den Unsicherheiten, die vom anstehenden Brexit ausgehen. Schon zum Jahresende stieg die Erwerbslosigkeit stärker als üblich: Im Dezember waren 18 000 Personen mehr arbeitslos als ein Jahr zuvor. Einen solchen Anstieg im Vergleich zum Vorjahr gab es zuletzt im Dezember 2013.

Für das aktuelle Jahr bereitet Experten vor allem die Industrie Sorgen, die bereits seit längerem unter der flauen Weltwirtschaft und internationalen Handelskonflikten leidet. Das wirkt sich auf die Bereitschaft vieler Unternehmen aus, neue Mitarbeiter einzustellen. "Die Industrie leidet unter der abgeschwächten Exportnachfrage. Angesichts der Arbeitskräfteknappheit bleiben gravierende Konsequenzen bei der Arbeitslosigkeit aber aus", sagt Enzo Weber vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB).

Experten rechnen mit Trendwende auf dem Arbeitsmarkt

Für 2020 rechnet das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung mit einer Trendwende auf dem Arbeitsmarkt: Es geht davon aus, dass in diesem Jahr erstmals die Zahl der Arbeitslosen wieder steigen wird - allerdings nur geringfügig um 30 000 Menschen.

Das Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung dagegen rechnet für 2020 mit einem stabilen Arbeitsmarkt. Die Experten erwarten zwar, dass die Zahl der Arbeitslosen in den kommenden Monaten aufgrund der anhaltenden konjunkturellen Schwäche leicht steigen wird. Angesichts fehlender Arbeitskräfte werde die Arbeitslosigkeit aber mittelfristig weiter sinken.

Auch das IAB rechnet mit einem robusten Arbeitsmarkt - der Trend einer alternden Bevölkerung bremse jedoch den Beschäftigungsaufbau. Demnach wird es 2020 seit langem erstmals keinen Zuwachs mehr bei der erwerbstätigen Bevölkerung geben. In den vergangenen Jahren hatten die steigende Erwerbsbeteiligung von Frauen und Älteren und die Zuwanderung aus dem Ausland noch dafür gesorgt, dass immer mehr Menschen auf dem Arbeitsmarkt zur Verfügung standen. Im Jahresdurchschnitt gingen 2019 knapp 45,3 Millionen Menschen in Deutschland einer Arbeit nach - so viele wie seit der Wiedervereinigung nicht.

Die Nachfrage nach Arbeitskräften dürfte laut Bundesagentur für Arbeit künftig vor allem in konjunkturnahen Bereichen wie Verkehr und Logistik, dem Verarbeitenden Gewerbe und der Zeitarbeit nachlassen. Dagegen dürfte die Nachfrage in Bereichen wie Erziehung, Unterricht, Gesundheits- und Sozialwesen, die unabhängiger vom Wirtschaftsverlauf sind, weiter steigen. Da Fachkräfte in Deutschland jedoch weiterhin in vielen Bereichen fehlen, dürften "gravierende Konsequenzen bei der Arbeitslosigkeit" ausbleiben, so IAB-Prognosechef Enzo Weber.

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