Süddeutsche Zeitung

Apple Watch:"Na, wieder recht gestresst heute?"

Lesezeit: 2 min

Fitness-Apps helfen, sportliche Ziele zu erreichen. Mit einem neuen KI-Projekt will Apple noch mehr sensible Daten sammeln und sie auswerten.

Von Helmut Martin-Jung

Der Tag könnte so beginnen: Sanfte Musik tönt aus dem vernetzten Lautsprecher, eine smarte Leuchte strahlt dazu tageslichtähnlich. Und dann meldet sich das Tablet. "Wolltest du nicht heute laufen gehen?" Wer sich jetzt umdreht, auf den Sleeptimer haut, hat nicht mit der App auf dem Tablet gerechnet. "Denk dran, wie gut du dich danach immer fühlst", säuselt es aus dem Gerät, "und es regnet nicht mal." So ähnlich könnte es kommen, wenn der Elektronikkonzern Apple seine Pläne verwirklicht, über die die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtet. Insider haben Journalisten der Agentur gesteckt, dass Apple mit hohem Aufwand daran arbeitet, eine Software zu entwickeln, die so etwas werden soll wie der Heilige Gral des Fitnesstracking.

Denn viele Menschen kaufen sich zwar eine Fitness-Uhr, aber der erhoffte Effekt verpufft schon nach wenigen Wochen oder Monaten - ähnlich wie bei Fitnessstudios. Viele verlieren schon bald die Lust am Training und geben auf. Ganze Heerscharen von Sportwissenschaftlern und Psychologen tüfteln daher bereits seit vielen Jahren an Methoden herum, wie man die Menschen bloß dazu bringen könnte zu tun, was ihnen ja erwiesenermaßen guttut. Ein Erfolgsrezept hat bisher allerdings noch keiner entdeckt.

KI soll herausfinden, wie die Nutzer sich fühlen

Auch Apple investiert seit Jahren viel Geld in die Bereiche Sport und Gesundheit. Wichtigstes Produkt und Quelle der meisten Daten dazu ist die hauseigene Computeruhr, die Apple Watch. Sie kann bereits den Puls messen, jüngere Modelle checken zudem den Sauerstoffgehalt im Blut und überwachen den Herzschlag. Sie sind sogar in der Lage, ein EKG aufzuzeichnen, das zum Beispiel das gefürchtete Vorhofflimmern entdecken kann.

Verdient ist damit allerdings nur einmal: Die Kunden kaufen die Uhr - und das war's. Das will Apple ändern. Abodienste bringen nicht nur einmal, sondern regelmäßig Geld ein, und genau das hat der Konzern vor. Das Fernziel ist laut Bloomberg, mithilfe von künstlicher Intelligenz (KI) zu erkennen, wie die Nutzer sich fühlen, und dann entsprechend darauf zu reagieren. Dafür möchte Apple langfristig alle möglichen Daten auswerten, zum Beispiel um anhand der Stimme zu erkennen, wie es Nutzern geht. Eine Rolle spielt auch, welche Wörter sie eintippen, und einiges an Daten mehr. Die Forschung hat auf diesem Gebiet viele Fortschritte gemacht, vor allem dank KI, die beispielsweise aus den digital erfassten Daten einer Sprachaufzeichnung die Stimmung herauslesen kann. Sogar die Früherkennung von Krankheiten wie Demenz soll damit schon funktionieren.

Andere, weniger invasive Methoden könnten schneller und leichter klappen. Apple plant nämlich auch, Gesundheitsdaten über eine spezielle App auf ihren iPad genannten Tablets anzuzeigen. So könnten Patienten ihren Ärztinnen und Ärzten etwa zeigen, dass sie Empfehlungen wie mehr Bewegung befolgt haben. Tablets sind im Gesundheitswesen ohnehin bereits stark verbreitet. Bei dem KI-Projekt stellt sich dagegen schon die Frage, wieweit die potenzielle Kundschaft bereit ist, dabei mitzumachen. Sensiblere Daten sind schließlich kaum vorstellbar.

Korrekturhinweis: In einer früheren Version dieses Textes hieß es, einige Modelle der Apple Watch könnten Kammerflimmern detektieren. Richtig ist: Sie können Vorhofflimmern erkennen.

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