Süddeutsche Zeitung

Alternativer Antrieb:Großkonzerne wollen Wasserstoff-Antrieb fördern

Lesezeit: 1 min

Von Bastian Brinkmann, Davos, und Max Hägler, Davos/München

Die Chefs von einigen der größten Öl- und Gaskonzerne der Welt haben Großes vor: Gemeinsam mit der Autoindustrie gründen Linde, Air Liquide, Shell und Total am Rande des Weltwirtschaftsforums einen Rat für Wasserstoff, den sogenannten Hydrogen Council. Das Gremium soll eine Antriebsart fördern, die in der Zulassungsstatistik des Kraftfahrtbundesamts bisher nicht auftaucht, weil die Nachfrage der Kunden so gering ist. Es geht um Autos mit Wasserstoffantrieb.

Wasserstoff sei eine "potenzielle Schlüsseltechnologie" für den Übergang in eine Welt, die weniger fossile Energien verbraucht, heißt es in der Einladung. Die Mitglieder des Rates teilten die "Vision, weltweit Wasserstofflösungen einzusetzen".

Nun ist die Motivation bei den Chemiekonzernen offensichtlich: sie hoffen auf das große Geschäft mit Wasserstoff aus ihren Anlagen; Shell und Total könnten zudem ihre bestehende Tankstelleninfrastruktur ohne allzu große Umbauten für den Vertrieb nutzen - entscheidend ist also, ob nun die Autoindustrie mitzieht. Bei dieser Technik bekommt ein Wagen mit Elektromotor seinen Strom nicht über Batterien, sondern über Brennstoffzellen, in denen schnell tankbarer Wasserstoff mit Sauerstoff reagiert. Dadurch entsteht Energie; als Abgas entweicht nur Wasserdampf.

Das Gas ist hochexplosiv

Das klingt umweltfreundlich. Allerdings ist die Produktion von Wasserstoff extrem energieintensiv, und das Gas ist zudem hoch explosiv. Dennoch ist dieser Energieträger ein spannendes Thema, glaubt die Mehrheit der Automanager, einer Studie der Unternehmensberatung KPMG zufolge. Demnach setzen 78 Prozent auf einen Durchbruch dieser Technik, geben ihr meist sogar den Vorzug vor batteriebetriebenen Elektroautos.

Allerdings spiegelt das nicht unbedingt die Haltung der deutschen Hersteller wider. Die forschen zwar seit Jahren daran; allen voran Daimler setzte in den vergangenen Jahren mit seinen Wissenschaftlern auf eine Fächerstrategie: Batterieautos, Brennstoffzellenautos und eine Verbesserung der herkömmlichen Verbrennerantriebe. Doch seitdem die Batterien immer leistungsfähiger werden, wird Wasserstoff zunehmend uninteressant. Unklar ist deshalb, ob der Mercedes GLC mit Brennstoffzelle, den Daimler im Herbst vorstellen wird, tatsächlich in größerer Serie produziert wird. Die Zurückhaltung passt zur Präsentation des Wasserstoffrates: Ins Steigenberger Grandhotel Belvédère kamen nicht die prominenten Chefs von Daimler, BMW und Honda, sondern nur die Fachvorstände für Technik.

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Quelle:
SZ vom 18.01.2017
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