Süddeutsche Zeitung

Modezirkus zu Wintermänteln:Im Bademantel durchs Leben

Lesezeit: 3 min

Kann ich das tragen? Wie kombiniert man Animal Print? Und was bedeutet eigentlich Ethno-Look? Im Modezirkus, der Stil-Kolumne auf Süddeutsche.de, greifen wir aktuelle Trends und klassische Fragen zur richtigen Kleiderwahl auf und erklären gemeinsam mit unseren Stilexperten, worauf zu achten und was zu vermeiden ist.

Von Jana Stegemann

Was haben Hugh Hefner, Udo Jürgens und der Dude gemeinsam? Diese drei Herren tragen bevorzugt Bademantel - ob auf dem roten Teppich, am Flügel oder im Supermarkt. Der Dude kaufte die Milch für seinen White Russian in der Coen-Brüder-Komödie "The Big Lebowski" in einem undefinierbar braunen Modell, Playboy-Gründer Hugh Hefner trägt bevorzugt einen Bademantel aus bourdeauxfarbenen Satin mit schwarzem Revers und Udo Jürgens gibt Zugaben im flauschigen weißen Modell.

Der Bademantel ist das intimste aller Kleidungsstücke. Nicht mal sein kleiner Bruder, die Jogginghose, kann ihm das streitig machen. Der Bademantel ist eigentlich nie Straßenkleidung, er lässt sich nur in geschützten Räumen - wie den eigenen vier Wänden oder im Spa - tragen. Mit dem Moment des Zuknotens des Mantelgürtels beginnt ein Höchstmaß an Privatheit und Komfort. Das Kleidungsstück ist eine Mischung aus Handtuch und Decke zum Anziehen, eine Schutzmauer aus Frottee gegen die kalte Welt. Anschmiegsam, wärmend, kuschelig, bequem - allerdings nie modisch oder besonders kleidsam.

Und doch wird man in in diesem Winter auf Deutschlands Straßen sehen. Nicht, weil die Bundesregierung im November zur großen "The Big Lebowski-Party" lädt und allen Bademantelträgern einen Gratis-White-Russian verspricht. Nein, die Modedesigner und Trendforscher möchten es so.

Fünf Mänteltrends der Saison 2014/2015

Dafür haben sie dem Bademantel ein Facelift verpasst und ihn von einem Frottee-Monster in einen Woll-Traum verwandelt. Doch seine inneren Werte sind geblieben: Er hat weder Zipper, Knöpfe oder sonstige Reißverschlüsse. Um ihn zuzubinden, behilft sich die Trägerin wie beim Urmodell mit einem Band oder einem Gürtel in Taillenhöhe. Der darf dann auch gerne aus Wildleder sein. Aber aufpassen: Wird der Mantel zu nachlässig geknotet, trägt der Stoff schnell auf.

Aus dem Ei gepellt

Wem ein Mantel in Bademantel-Form zu gewagt ist, der kann sich vielleicht besser mit einem in Egg-Shape anfreunden. Der Designer Cristobal Balenciaga entwarf den Schnitt in den Sechzigerjahren - mehr als 50 Jahre später erlebt er in dieser Saison ein Revival. Weil das Kleidungsstück für reichlich Volumen sorgt, sollte die Trägerin den eiförmigen Mantel mit engangliegender Kleidung kombinieren, das können Skinny-Jeans, Leggings, schmale Röcke und Kleider sein - ansonsten droht schnell Verwechslungsgefahr mit einem überdimensionierten Überraschungsei. Der Schnitt des Mantels - die weiteste Stelle ist hier an der Hüfte, am Hals und an den Beinen läuft der Mantel schmal zu - schmeichelt übrigens jeder Figur. Der Mantel steht als Oversize-Modell ganz im Zeichen der Rückbesinnung auf Ursprüngliches und Traditionen. Die Welt wird immer unstruktierter, es fehlt ein geregelter Tagesablauf, genau darum sehnen sich die Menschen in der Mode schon lange nach Ritualen, nach Berechenbarkeit, nach Schutz. Und wie lässt sich diese Sehnsucht besser stillen, als mit einem Mantel in Ei-Form, dem Ursprung des Lebens?

Der Blazer geht in die Verlängerung

Weil er schon seit Jahrzehnten der Allrounder im Kleiderschrank ist und sich sowohl klassisch elegant als auch sportlich lässig kombinieren lässt, gibt es den Blazer jetzt auch als Mantel. Er wurde verlängert und bekam warmes Innenfutter, Abnäher in der Taille und ein breiteres Revers verpasst. So schützt er jetzt vor Wind und Wetter. Besonders gut steht diese Mantelform großen Frauen mit einer Sanduhr-Figur. "Kleine, zierliche Frauen können durch große Kragen, Bindegürtel, Muster und extravagante Sixites-Schnitte ein paar Zentimeter dazumogeln", sagt Stilexpertin Janine Katharina Pötsch. Perfekt eignen sich für diese Frauen hingegen kurze Mäntel, zum Beispiel Dufflecoats. Größeren Frauen, deren Figur eher einem Apfel gleicht (breites Becken, schmaler Oberkörper) sollten hingegen zu einem A-Linien-förmigen Mantel greifen, rät die Stilberaterin.

Stepp ins Glück

Aufgeplusterte Daunenjacken, am schlimmsten noch in glänzendem Lack sind passé. Der Stepp in dieser Saison ist kleiner und feiner geworden. Die kurzen Jacken mit Abnäher in der Taille und auffälligem Schalkragen sind in allen Knallfarben des Regenbogens zu haben. Anders als die Mäntel, die in diesem Jahr in gedeckten Tönen an den Kleiderstangen hängen.

Außerhalb der gesteppten Mäntel und Jacken dominieren Rotnuancen, Grau - und Cameltöne. "Die Farbe Camel ist jedoch nicht ganz unproblematisch", sagt die Stilberaterin. Sie stehe den meisten nicht, sondern lasse sie unvorteilhaft blass aussehen.

Doppelt hält besser

Zweireiher lösen in dieser Saison den klassischen Einreiher ab. Die Doppelreiher-Mäntel gibt es aus Wolle und Kaschmir. Wer den strengen Military-Look mag, der kauft sich ein Modell, das zusätzlich zur doppelten Leiste aus halbkugelförmigen Knöpfen noch Schulterklappen und Taillengürtel hat.

Bodenlange Gemütlichkeit

Mit den Mänteln ist es in dieser Saison ein bisschen wie mit den Dirndln, sowohl von den Farben als auch von den Längen. Viele Frauen entschieden sich in diesem Jahr für knöchellange Dirndl in gedeckten Farben. Es war eine Wiesn-Saison, die ganz im Zeichen von Werteverbundenheit und Tradition stand. Exakt das lässt sich auch über die Mäntel sagen und so kommen knöchellange Exemplare zurück, die nicht nur schön wärmen, sondern auch ordentlich was her machen - solange die Trägerin größer als 1,70 Meter ist. Aus weichen Materialien bieten sie ausreichend Schutz - vor Nässe und (menschlicher) Kälte.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2194690
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.