Süddeutsche Zeitung

Kollektion für Discounter:Jette Joop im Aldi-Regal

Lesezeit: 2 min

Zwischen Klopapier und Tiefkühlkost verschleudert der Discounter Aldi Süd Designermode von Jette Joop. Die kann wirklich jeder tragen - so mutlos ist sie.

Von Violetta Simon

Heute auf der Einkaufsliste: Rinderhack, Klopapier, Jumpsuit von Jette Joop. Designer-Klamotten aus dem Discounter - geht gar nicht? Und ob das geht: Von Montag an verkauft Aldi Süd zum ersten Mal die Kollektion eines Designlabels.

Die Idee, dass sich Großkonzerne mit prominenten Modemachern zusammentun, um voneinander zu profitieren, ist nicht neu. Man denke nur an Harald Glööckler, der bei Lidl seinen Blingbling-Schmuck verhökerte. Sein deutscher Kollege Michael Michalski hat es einer Kaffeerösterei zu verdanken, dass sein Name inzwischen auch Nicht-Berlinern außerhalb der Modeszene ein Begriff ist. Selbst der große Lagerfeld und auch Roberto Cavalli haben ihre Kreationen bei H&M verschleudert, Verzeihung, dem Durchschnittskunden zugänglich gemacht. Vergangenes Jahr ging dann auch das Designerlabel Balmain eine Kooperation mit dem schwedischen Textilriesen ein - die Teile waren innerhalb von wenigen Tagen vergriffen.

Mutlos, also für jeden tragbar

So lange wird es diesmal nicht dauern. Zum einen, weil sich bei Aldi, übrigens einer der größten Textilvermarkter in Deutschland, eigentlich alles verkauft, was zuvor entsprechend gehypt und zugleich künstlich verknappt wird (man denke nur an den ersten Computer, der Aldi-Kunden in einen Rausch zwischen Verzückung und Hysterie versetzte). Zum anderen, weil die Jette-Joop-Teile, die Aldi Süd zum Kauf anbietet, wirklich jeder tragen kann - so mutlos und nichtssagend sind sie.

Was am Dienstagabend in einer Düsseldorfer Aldi-Filiale unter dem Namen "Blue Motion" präsentiert wurde, erinnert eher an straßentauglichen Kuschellook - genau richtig, um sich an einem faulen Samstag für den Gang zum Bäcker nicht umziehen zu müssen: Blusen, Hosen, Jumpsuits und Kleider mit weiten, geraden (man könnte auch sagen: langweiligen) Schnitten in Strick oder Materialmix mit Jersey. Die Farben: Grau oder grau meliert, Lachsfarben oder Hellblau, ein bisschen Schwarz und Weiß.

Die beiden Shirts mit Print sind dann auch schon das Höchste an Ausdruck. Als Accessoire dienen diverse hausbackene Schals, drei Handtaschenmodelle, zwei Paar unscheinbare Sneakers und Sandalen, die durchaus das Attribut "komfortabel" verdient haben. Must-haves sehen anders aus. Wenn Aldi jüngere, markenorientiertere Kunden ansprechen möchte, warum dann nicht in deren Sprache?

Von nahezu unfreiwilliger Komik ist die Tatsache, dass Joops Kollektion unter der Hausmarke "Blue Motion" präsentiert wird. Der Begriff ist seit 2006 aus der Technologie des deutschen Automobilherstellers VW bekannt: "Blue Motion" ist dem jeweils sparsamsten Modell einer Baureihe vorbehalten und steht für geringen Schadstoffausstoß und bessere Umweltverträglichkeit. Also eine Art Greenwashing-Kampagne, wie Umweltschützer kritisieren. Wäre man gemein, könnte man da jetzt eine Parallele ziehen. Sagen wir: zu Mode, die gern Design wäre.

Wer profitiert davon?

Keine Frage, Aldi wird vom Verkauf der Designer-Kollektion und der damit verbundenen Image-Steigerung profitieren. Dank der außergewöhnlichen Aktionsware zum Schleuderpreis kann der Konzern nicht nur konkurrierenden Billigketten wie Kik und Primark die Stirn bieten. Auch im Lebensmittelbereich dürfte der Umsatz durch die erhöhte Aufmerksamkeit bei der Kundschaft angekurbelt werden.

Ob sich hingegen Jette Joop mit dieser Kooperation einen Gefallen getan hat, ist fraglich. Mit Preisen zwischen 7,99 und 19,99 Euro erreicht man zwar die Massen - man kann sich auf diese Weise aber auch seinen Namen kaputtmachen. Jedenfalls, wenn man schon einen hat.

Doch die 48-Jährige wird wissen, was sie tut. Wenn es um verkaufssteigernde Maßnahmen über Handelsketten geht, hat die Tochter des deutschen Modedesigners Wolfgang Joop bereits ausreichend Erfahrung: Jettes Konterfei prangt seit Jahren in Baumarkt-Filialen von Toom und Hornbach, wo sie eine Wandfarben-Kollektion unter ihrem Namen zum Verkauf anbietet.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2936656
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.