Süddeutsche Zeitung

Zweite Liga:Durchwachsen wie das Wetter

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Jahn Regensburg kassiert am Millerntor seine erste Saisonniederlage und verteidigt dennoch die Tabellenführung.

Von Linus Freymark, Hamburg

Sich an das Wetter anzupassen, ist an sich ja keine schlechte Idee. Im normalen Leben verhindert man mit der richtigen Kleidung immerhin Schweißausbrüche oder Zitteranfälle. Im Profifußball dagegen kann es manchmal fatal sein, zumindest wenn man seine Leistung an das Wetter anpasst - erst recht, wenn eine Dienstreise nach Hamburg ansteht.

Der SSV Jahn Regensburg ist sicher nicht mit der Absicht zum FC St. Pauli gereist, am Sonntagnachmittag dieselbe Tristesse auf den Rasen zu bringen, wie sie der graue Himmel über dem Millerntor ausstrahlte. Dennoch handelte sich der Jahn im Nieselregen von Hamburg ein 0:2 gegen die Kiezkicker und damit die erste Niederlage dieser Saison ein - ein Ergebnis, über das sich die Oberpfälzer nicht beschweren können. Denn der Jahn, nach dem beeindruckenden Start in die Spielzeit als Tabellenführer in den Norden gereist, gab gegen St. Pauli ein Bild ab, wie man es von dieser Mannschaft nach der Vorsaison eher erwartet hätte als die so souveränen Auftritte zuletzt. Regensburgs Trainer Mersad Selimbegovic bescheinigte seiner Mannschaft nach dem Abpfiff dann auch folgerichtig eine verdiente Niederlage. "Wir haben im ganzen Spiel nicht so Zugriff bekommen, wie wir uns das wünschen", befand er. St. Pauli dagegen habe schnell und variabel nach vorne gespielt und sich so zahlreiche Möglichkeiten erarbeitet.

Ohne den verletzten David Otto ist der Jahn-Sturm nur ein laues Lüftchen

Die Oberpfälzer Offensivabteilung dagegen brachte ohne den verletzten David Otto wenig bis gar nichts zustande. Weder der für Otto aufgebotene Joel Zwarts noch der bislang torlose Andreas Albers gaben auch nur einen Torschuss ab, einzig und allein Jan-Niklas Beste sorgte vorne für zarte Gefahr. Seine Volleyabnahme in der 28. Minute landete jedoch in den Armen von Pauli-Keeper Nikola Vasilj und auch die anderen Versuche des Regensburger Rechtsaußen gerieten allesamt zu harmlos. Die Probleme im Angriff erkannte auch Selimbegovic: Anders als zuletzt, als die Chancenverwertung der Regensburger fast schon beängstigend effektiv war, seien diese Möglichkeiten gegen St. Pauli ungenutzt geblieben. Allein auf das Fehlen von Otto wollte der Jahn-Trainer den unterkühlten Auftritt in Hamburg jedoch nicht schieben. Der Stürmer habe zuletzt zwar gute Spiele gemacht, allerdings trete man stets im Kollektiv auf. "Und das haben wir heute nicht gut gemacht."

Die Hamburger dagegen setzten die Gäste von Beginn an unter Druck und erspielten sich dadurch eine Vielzahl an Gelegenheiten. Vor allem gegen Ende der ersten Halbzeit waren die Gastgeber drückend überlegen, in der 33. Minute fand ein Abstauber von Burgstaller dann den Weg ins Tor - doch der Treffer wurde wegen einer Abseitsposition zurückgenommen. "Es war verwunderlich, dass wir da kein Tor kassiert haben", staunte auch Selimbegovic angesichts der zahlreichen Hamburger Angriffe. In der zweiten Halbzeit blieb dieses Bild gleich, nur der Spielstand änderte sich dann doch: Nach Vorlage von Daniel-Kofi Kyereh schob Burgstaller zum 1:0 für die Gastgeber ein (74. Minute). Und auch dem 2:0 ging ein starkes Solo von Kyereh voraus, der erneut auf Burgstaller ablegte, ehe jener den Ball unbedrängt ins Tor bugsierte (89.) und damit das Ende des Regensburger Laufs besiegelte.

"Das wirft uns nicht um", sagt Jahn-Trainer Mersad Selimbegovic

Überbewerten dürfe man die Niederlage am Millerntor jedoch nicht, wiegelte Selimbegovic ab: "Das wirft uns nicht um." Nun gelte es, die Länderspielpause gut zu nutzen und erholt ins Heimspiel gegen den 1. FC Nürnberg in zwei Wochen zu gehen. Denn auch das 0:2 in Hamburg ändert nichts daran, dass der Jahn weiterhin die Tabelle anführt, da auch die Konkurrenz aus Dresden patzte und zu Hause 1:3 gegen Paderborn verlor. Dies dürfe man auch jetzt, nach der ersten Niederlage, nicht vergessen: "Ich hätte ein Vermögen gewinnen können, wenn ich darauf gesetzt hätte", sagte Selimbegovic - nur um seine Ambitionen, neben seiner Tätigkeit als Trainer auch noch ins Sportwetten-Geschäft einzusteigen, direkt wieder zu dementieren: "Aber ich mache das grundsätzlich nie."

Überhaupt konzentrieren sich die Oberpfälzer nach wie vor eher auf die Abstiegszone als den Kampf um den Aufstieg. Man habe nun acht Punkte Vorsprung auf Platz 16, rechnete Selimbegovic vor, "das ist das, was wir als Jahn Regensburg wahrnehmen". Und vielleicht tun die Regensburger ja ganz gut damit, sich trotz der nach wie vor verblüffend starken Platzierung weiterhin in Bescheidenheit zu üben. Denn der Auftritt auf St. Pauli war nicht gerade das, was man sich von einem Tabellenführer erwartet - sondern eher so durchwachsen wie das Hamburger Wetter.

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