Süddeutsche Zeitung

WM 2006:DFB-Skandal wird zum Fall für Schweizer Ermittler

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Von Johannes Aumüller und Thomas Kistner

Wenn es um die Aufarbeitung der WM-Affäre geht, dann galt bisher Frankfurt das Zentrum der Ermittlungen. Hier bemühen sich die Experten einer vom Deutschen Fußball-Bund eingesetzten Kanzlei um Aufklärung, hier gehen die Spezialisten der Staatsanwaltschaft Frankfurt dem Verdacht der Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall nach. Aber nun kommt aus Bern offenkundig die nächste Eskalationsstufe: Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung kümmert sich nun die Schweizer Bundesanwaltschaft um die Vergabe der WM 2006. Ein Sprecher der Behörde kommentierte das auf Anfrage nicht.

Seit Mai spielt die Behörde rund um den Sumpf des Fußball-Weltverbandes (Fifa) eine Rolle. Damals eröffnete sie ein Strafverfahren, um Unregelmäßigkeiten rund um die Weltmeisterschaften 2018 und 2022 zu untersuchen. Später leitete sich aus diesen Ermittlungen ein Verfahren ab, in dem Sepp Blatter als Beschuldigter und Michel Platini als sogenannte Auskunftsperson geführt sind - was zur Folge hatte, dass die beiden Top-Funktionäre inzwischen von ihren Ämtern suspendiert sind. Die Bundesanwaltschaft beschlagnahmte beim Weltverband bei einer Durchsuchung elf Terabytes an Daten, inzwischen hat sie sich offenkundig auch einen Überblick verschaffen und weitere Recherchen anstellen können.

Dabei soll sie nach SZ-Informationen vor allem diese ominösen zehn Millionen Schweizer Franken (beziehungsweise 6,7 Millionen Euro) interessieren, die in der WM-Affäre von Anfang an eine zentrale Rolle spielen. Im Jahr 2002 sollen Mitglieder der Fifa-Finanzkommission vom deutschen Organisationskomitee (OK) diese Summe als eine Art Sicherheit verlangt haben, um ihrerseits einen Organisationszuschuss von 250 Millionen Franken auszuzahlen. Dies habe für die Deutschen dann der langjährige Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus übernommen.

Drei Jahre später zahlte das WM-OK dieses Geld dann wieder zurück - allerdings auf einem unüblichen Weg. Es deklarierte die Rückzahlung des Darlehens als angeblichen Beitrag für eine damals noch geplante, später abgesagte Gala vor der WM-Eröffnung. Zunächst floss das Geld auf ein Konto des Weltverbandes, von dort soll es an Louis-Dreyfus weitergereicht worden sein. Jetzt soll dieser Kontenkomplex im Rahmen der Schweizer Ermittlungen ein Thema sein. Die Bankkonten, die in der WM-Affäre eine Rolle spielen, scheinen der Bundesanwaltschaft bekannt zu sein.

Auch das Ticketing ist ein Thema im Kontext der Ermittlungen zu den zehn Millionen Franken, die im Jahr 2002 von Louis-Dreyfus in den Zugriffsbereich von Mitgliedern der Fifa-Finanzkommission geflossen sind. Eintrittskarten für große Turniere dank spezieller Beziehungen billig bekommen und teuer verkaufen: Das war eines der Geschäftsmodelle von Jack Warner, dem langjährigen umstrittenen Fifa-Vize und Wahlmann aus Trinidad und Tobago.

Erst diese Woche war bei DFB-internen Ermittlungen ein Papier entdeckt worden, das die Unterschrift von Franz Beckenbauer trug und Warner umfangreiche Vorteile zukommen lassen sollte - vier Tage vor der Vergabe der WM. Nun geht es auch um die Frage, ob die Louis-Dreyfus-Zahlung und die Warner-Vereinbarung aus dem Jahr 2000 in einem Zusammenhang stehen könnten.

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