Süddeutsche Zeitung

Trainer vom FC Bayern:Was macht Guardiola?

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Die Trainerfrage drängt sich dem FC Bayern auf - ob die Verantwortlichen wollen oder nicht. Zumal offenbar ein möglicher Nachfolger für Pep Guardiola bereitsteht.

Kommentar von Claudio Catuogno

Eine Niederlage macht noch keine Krise, genauso wenig wie man gleich ein Gewitter herbeifürchten muss, bloß weil mal kurz eine Schleierwolke die Sonne verdeckt am ansonsten strahlend blauen Himmel. Insofern hat man die Gelassenheit schon verstehen können, mit der die Münchner Delegation in London ihr 0:2 gegen den FC Arsenal zur Kenntnis genommen hat.

Die Erwartung, dass dem inzwischen weltweit gefürchteten Bayern-Stürmer Robert Lewandowski der Ball in jeder Szene so passgenau auf den Spann fliegt, dass er ihn auch blind in den Winkel schießen könnte, im Zweifel fünfmal binnen neun Minuten - sie widerspräche ja allem, was man so über Wahrscheinlichkeitsrechnung weiß.

Ancelotti stünde wohl bereit, aber der bräuchte bald Klarheit

Und deshalb hat Karl-Heinz Rummenigge zwar betont, dass er "kein Freund davon" sei, "Niederlagen schönzureden, weil ich an Niederlagen nichts Schönes und Gutes empfinden kann". Aber nach dieser Niederlage sei die Mannschaft zu Recht "mit erhobenem Haupt vom Platz gegangen". Applaus im Festsaal des Mannschaftshotels.

Wahrscheinlich ist es sogar so, dass einem so eine Niederlage als Bayern-Spieler die Existenz von Niederlagen überhaupt erst mal wieder vor Augen führt. Man glaubt ja häufig nicht, dass es Dinge gibt, die man nicht mit eigenen Augen gesehen hat - und Niederlagen haben sie beim FC Bayern lange nicht mehr gesehen; mal abgesehen von denen, die sie ihren Gegnern ständig zufügen.

Das Bewusstsein, dass man sich auch ein kleines bisschen satt siegen kann bei so einem Rekord-Hopping durch Darmstadt, Bremen und Mainz, dass man jedes Spiel aufs Neue wieder ebenso unbedingt gewinnen wollen muss wie der Gegner - dieses Bewusstsein ein bisschen aufzufrischen, kann sicher nicht schaden.

Keine Wolken also in Sicht, nirgends am Bayern-Firmament? Nun, ein paar Tiefausläufer ziehen schon heran. Wobei Meteorologen noch keine Prognose wagen, wie sich Tief Pep, Tief Karl-Heinz und Tief Matthias genau zueinander verhalten werden - und ob am Ende womöglich Hoch Carlo die Oberhand gewinnt.

Bitte, bitte, bitte nicht jetzt schon wieder diese Trainerdebatte - mit dieser Botschaft ziehen Vorstandchef Karl-Heinz Rummenigge und Sportvorstand Matthias Sammer gerade durchs Land. Es gibt da doch gar nichts Neues! Und tatsächlich hat sich nichts geändert an dem Sachstand, der im Frühsommer mit dem aktuellen Trainer verabredet wurde: dass Pep Guardiola sich bis Ende dieses Jahres entscheiden soll, ob er seinen 2016 endenden Vertrag verlängern will oder nicht. Nur eine Kleinigkeit ist doch anders: Es ist jetzt nicht mehr Mai, sondern Ende Oktober.

Wie wirkt sich die Trainerfrage auf den Fußball aus?

Was will Guardiola? Will er noch ein Jahr dranhängen - und feilscht jetzt um Geld? Oder gibt er seinem Grundgefühl nach, dass man nicht zu lange an einem Standort bleiben sollte? In jedem Fall steht offenbar der weltläufige Italiener Carlo Ancelotti, zuletzt Champions-League-Sieger mit Real Madrid, als möglicher Nachfolger bereit, das melden diverse Quellen in diversen Ländern.

Dass die Bayern nach drei Jahren Pep kaum eine andere Möglichkeit hätten, als sich wieder einem internationalen Erfolgstrainer anzuvertrauen, spricht dafür, dass die Klarheit bald her muss. Einen Hecking, Weinzierl oder Breitenreiter kann man in der Bundesliga auch kurzfristig von A nach B umtopfen. Ein Ancelotti hat hingegen nicht nur Anfragen aus München vorliegen.

Die Bayern werden auch im nächsten Jahr einen Trainer am Spielfeldrand stehen haben, das ist sicher, insofern kann man auch hier die demonstrative Gelassenheit der Klub-Oberen verstehen - die im Hintergrund allerdings durch intensives Sondieren abgesichert wird. Die Frage wird eher sein, ob und wie sich die offene Trainerfrage auf den Fußball auswirkt, wenn jetzt der Herbst kommt und mit dem Herbst die permanente Was-macht-Pep-Frage.

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Quelle:
SZ vom 22.10.2015
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