Süddeutsche Zeitung

Timo Werner:"Entweder er trifft gar nicht oder doppelt"

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Von Javier Cáceres, Leipzig

Dass der Trip nach Leipzig sich von anderen Dienstreisen unterschied, gab Julian Nagelsmann zwar etwas zögerlich, am Ende aber doch ganz gerne zu. Es sei doch "ganz menschlich" und "normal", dass man "einen ganz kurzen Gedanken" an die gar nicht mehr so ferne Zukunft verschwende, sagte er, und das heißt: an die Zeit ab dem kommenden Sommer. Denn dann wird Nagelsmann der Cheftrainer bei RB Leipzig sein.

"Aber ich war heute schon mit Leib und Seele Trainer von Hoffenheim", betonte er noch, was in dieser Form nicht nötig war. Man sah ihm den Ärger in Leipzig auch an. Der Grund: Seine Mannschaft verlor zum zweiten Mal innerhalb von rund einem Monat gegen seinen künftigen Arbeitgeber - und schied nach dem 0:2, das am Mittwoch der 1:2-Niederlage vom sechsten Bundesligaspieltag folgte, in der zweiten Runde des DFB-Pokals aus.

Dass das so kam, lag daran, dass sich die individuelle Qualität oft als entscheidend entpuppt, wenn zwei Mannschaften ebenbürtig sind. Am Mittwochabend war es Leipzigs Nationalstürmer Timo Werner, der unmittelbar nach der Pause eine ausgeglichene Partie aus der Balance brachte. Er war nach seiner Auswechslung vom Sonntag gegen Schalke 04 (0:0) und die gegen Hoffenheim folgende, 45-minütige Verbannung auf die Reservebank offenkundig geladen; seinen Groll entlud er nach seiner Einwechslung durch die beiden einzigen Treffer der Partie (48./56.).

"Es ist schwer, uns aufzuhalten", sagt Werner

Werner sorgte damit auch für die zehn Minuten, die vergessen machten, dass die erste Halbzeit in ihrer ganzen akademisch und klinisch reinen Taktiererei der beiden Teams bestens zu den schlimmsten Halloween-Gruseleien der Nacht gepasst hatte. "Er war sicher der Matchwinner", sagte Leipzigs Trainer Ralf Rangnick über Werner, der zum dritten Mal in der laufenden Saison einen so genannten Doppelpack fabriziert hatte. Rangnick gestand überdies offen ein, dass er Werner nur deshalb schon in der 46. Minute eingewechselt hatte, weil der französische Angreifer Jean-Kévin Augustin signalisiert hatte, dass die Adduktoren zwickten. Andernfalls hätte sich Werner bis zur 60. Minute gedulden müssen - mindestens.

Dass der Nationalstürmer zunächst auf der Bank saß, liegt auch daran, dass er in dieser Saison noch nicht die Verlässlichkeit erlangt hat, die er schon mal bewiesen hat und die man ihm ob seiner Veranlagung zutrauen muss. Wobei man manchmal vergisst, dass Werner erst 22 Jahre alt ist, also im Grunde noch in der Entwicklung begriffen, sich vor Saisonbeginn verletzt hatte und die Vorbereitung daher nicht vollständig mitmachen konnte.

"Einfach macht es Timo wahrscheinlich nicht mehr. Entweder er trifft gar nicht oder doppelt", sagte Trainer Rangnick. In der Bundesliga hatte er - wie nun gegen Hoffenheim - sowohl gegen Hannover und Nürnberg zweimal getroffen, dafür aber in sieben Spielen auch gar nicht. "Ich freue mich, dass ich der Mannschaft helfen konnte", sagte Werner in ein Fernseh-Mikrofon. Und er betonte flugs, dass seine Treffer nur dann werthaltig seien, wenn seine Mannschaft gewinnt.

Das war gegen Hoffenheim vor allem deshalb der Fall, weil Leipzig sich nach holprigem Saisonstart defensiv stabilisiert hat. Die von Stefan Ilsanker kommandierte Dreierkette erwies sich auch am Mittwoch als probat; die Hoffenheimer kamen kaum zu Chancen. Wobei sie länger als die Leipziger das Hauptaugenmerk darauf legten, eigene Fehler zu vermeiden: Nach der Einwechslung Werners dachte RB weniger rückwärtsgewandt als die TSG. Nun sind es die Leipziger, die nach drei Heimspielen in Serie (gegen Celtic Glasgow, Schalke, Hoffenheim) reisen dürfen. Am Samstag geht es nach Berlin zur Hertha, am Donnerstag in den Celtic Park nach Glasgow.

Rangnick zeigte sich voller Vorfreude, Hertha und Celtic seien Mannschaften, "die selbst gern nach vorn spielen und Tore machen wollen", sagte er und fügte hinzu: "Es werden andere Spiele als gegen Augsburg, Schalke und heute gegen Hoffenheim. Da bekommen wir sicher wieder mehr Möglichkeiten, unser Spiel aufzuziehen." Auch Werner freut sich auf die kurz- und langfristigen Herausforderungen: "Wenn wir unsere aktuell gute Abwehr mit unserem Tempofußball vereinen, dann ist es schwer, uns aufzuhalten."

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SZ vom 02.11.2018
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