Süddeutsche Zeitung

SpVgg Greuther Fürth:Ohne Benno

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Bei der SpVgg Greuther Fürth hat die Schwere der Gegenwart die Vorstellung von der Zukunft durchkreuzt. Nun sucht Geschäftsführer Rachid Azzouzi einen neuen Trainer - und das könnte sich hinziehen.

Von Sebastian Leisgang

Rachid Azzouzi könnte es sich jetzt ziemlich leicht machen. Als Geschäftsführer der SpVgg Greuther Fürth ist er ja gerade auf der Suche nach einem neuen Trainer, und weil es da diese eine Lösung gäbe, die, wenn man es sich recht überlegt, quasi auf der Hand liegt - weil es also diese eine Lösung gäbe, müsste Azzouzi nur zum Hörer greifen und die richtige Nummer wählen. Die Lösung hätte Charme, sie wäre Nostalgie pur, und sie würde bestimmt auch bei den Fürther Fans gut ankommen. Das wäre also eine ziemlich brilliante Idee: einfach Benno Möhlmann anzurufen und ihn zu fragen, ob er nicht vielleicht Lust hätte, wieder für die Spielvereinigung zu arbeiten.

Nein, Azzouzi wird es eher nicht bei Möhlmann probieren. An der Nummer würde es zwar nicht scheitern, und weil die beiden nach wie vor einen sehr guten Draht zueinander haben, dürfte Möhlmann nicht zögern und das Gespräch auch entgegennehmen, wenn er Azzouzis Name auf dem Bildschirm seines Telefons sehen würde - Azzouzi hat dann aber doch andere Ideen, als Möhlmann zum Nachfolger von Marc Schneider zu ernennen und ihn damit zum vierten Mal als Fürther Trainer zu bestellen.

Ein Anruf am Dienstagnachmittag, Azzouzi, 51, ist gerade im Auto, als er sagt: "Ich habe Verunsicherung und eine gewisse Angst festgestellt. Und irgendwann ist es einfach die Summe. Ich halte Marc immer noch für einen guten Trainer, aber ein Sieg nach zwölf Spielen, das ist einfach zu wenig." Deshalb hat Azzouzi Schneider von seinen Aufgaben entbunden - und deshalb wird bald ein anderer auf der Fürther Bank Platz nehmen. Wann das der Fall sein wird, ist allerdings nicht absehbar.

Es müsse kein großer Name sein, sagt Azzouzi: "Es geht ausschließlich um Inhalte."

Dass Azzouzi dieser Tage überhaupt einen Trainer sucht, lenkt den Blick noch einmal in die vergangene Saison. Da stand Fürth nach den ersten zwölf Spielen nur mit einem einzigen Punkt da. Die Mannschaft hatte gerade 0:4 bei Borussia Mönchengladbach verloren und fand sich mit 8:33 Toren am Tabellenende wieder. Am nächsten Spieltag steigerte sie sich zwar und schoss drei Tore, hatte aber doch Mühe und verlor am Ende 3:6 gegen die TSG Hoffenheim. Eine Woche später hatten die Fürther, nun ja, wieder Mühe und verloren 1:7 gegen Bayer Leverkusen.

Ja, es waren ziemlich harte Tage im Spätherbst vor einem Jahr, doch die Fans spürten, dass ihre Mannschaft trotz aller Tiefschläge nichts unversucht ließ und sich nach Kräften wehrte - dass sie am Ende aber einfach nicht gut genug war, um in der Bundesliga zu bestehen. Das stimmte den Anhang milde. Die Fans waren nachsichtig und hätten die Spieler in diesen schweren Zeiten am liebsten in den Arm genommen, um ihnen ihren Beistand zuzusagen - jetzt nehmen sie sich die Spieler eher zur Brust, um ihnen mal anständig die Meinung zu sagen.

Momentan sind die Fürther ja ziemlich weit weg von einem 1:7 gegen Leverkusen. Das liegt allerdings nicht daran, dass man es dieser Tage auch den Leverkusenern zutrauen würde, ein Spiel 1:7 zu verlieren - sondern eher daran, dass Fürth gar nicht mehr gegen Leverkusen spielt. Die Gegner heißen jetzt auch nicht mehr Borussia Mönchengladbach und TSG Hoffenheim, sondern SV Sandhausen, 1. FC Magdeburg und Hansa Rostock. Und dafür sind zehn Punkte nach zwölf Spielen dann doch, nun ja, etwas zu wenig.

Darum sucht Azzouzi jetzt einen Trainer, "der der Situation gewachsen ist. Das heißt aber nicht", sagt Fürths Geschäftsführer, "dass es ein großer Name sein muss. Es geht ausschließlich um Inhalte."

Eigentlich wollte Azzouzi ja mit Schneider in eine Zukunft aufbrechen, in der Fürth wieder für attraktiven und nach vorne gerichteten Kurzpassfußball steht. Das war zumindest der Plan, als er ihn im Sommer verpflichtete, doch dann kam den beiden irgendwie die Gegenwart dazwischen, weshalb Schneider nun der Vergangenheit angehört.

Schon Mitte September war der nette und stets optimistische Marc Schneider gegangen

Seine Beurlaubung ist im Grunde schon der zweite Trainerwechsel, den die Fürther in dieser Saison vollziehen. Schon Mitte September war jener nette und stets optimistische Marc Schneider gegangen, der sich als Teil einer Unterhaltungsbranche verstand und deshalb die Menschen oben auf der Tribüne mit offensivem Fußball für sich und seine Mannschaft gewinnen wollte. Es kam dann, und das verpuffte, der nette und eher zweckoptimistische Marc Schneider, der etwas defensiver spielen ließ und es auch nicht schlecht fand, wenn er die Menschen oben auf der Tribüne gewinnt - der aber zu selten die Spiele unten auf dem Rasen gewann.

Was auch immer Schneider in den vergangenen Wochen unternahm, die Wende gelang ihm nicht. Die Suche nach einem Nachfolger könnte sich nun etwas hinziehen. "Das geht nicht von heute auf morgen", sagte Azzouzi am Dienstag, "man muss ja erstmal ein Gefühl bekommen." Ein solches hätte er bei Möhlmann zwar schon, doch der ist gerade nicht verfügbar: Seit Mai ist Benno Möhlmann Präsident des Bundes Deutscher Fußballlehrer.

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