Süddeutsche Zeitung

Schwimm-WM:"Dass der hier schwimmt, ist eine Frechheit"

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Von Claudio Catuogno, Gwangju

Im Streit um den Start des umstrittenen Olympiasiegers und Weltrekordhalters Sun Yang bei der Schwimm-WM haben sich die deutschen Athleten klar auf die Seite des Australiers Mack Horton geschlagen. Der zweitplatzierte Horton hatte nach Sun Yangs Sieg über 400 Meter Freistil am Sonntag den Gang aufs Podest bei der Siegerehrung, den Handschlag und das obligatorische Foto aller Medaillengewinner verweigert. Im September 2018 hatte Sun bei einer Dopingkontrolle eine zuvor abgegebene Blutprobe von einem Vertrauten mit einem Hammer zerschlagen lassen. Außerdem hatte er über Stunden die Abgabe einer Urinprobe verweigert, weil ihm angeblich die Zulassungspapiere eines Kontroll-Assistenten nicht genügten. Erst im September, also nach Ende der WM in Südkorea, muss sich Sun Yang deshalb vor dem Internationalen Sportgerichtshof Cas verantworten.

"Dass der hier schwimmt, ist eine Frechheit für alle sauberen Athleten, für jeden, der für den sauberen Sport einsteht", sagte am Montag der Mannschaftssprecher des Deutschen Schwimm-Verbands (DSV), der Freistilschwimmer Jacob Heidtmann. "Das ist ein Schlag ins Gesicht. Das frisst alle im Team an, und alle waren froh, dass endlich mal ein Zeichen gesetzt wurde."

Er hoffe, dass das von Mack Horton gesetzte Zeichen "ausreicht, damit der Weltverband einsieht, dass Sun Yang eigentlich nie wieder auf so einer Bühne stehen darf", sagte Heidtmann. US-Olympiasiegerin Lilly King verriet, dass Horton bei seiner Rückkehr ins Athletendorf mit Ovationen begrüßt wurde: "Der ganze Essenssaal hat vor Applaus gebebt, es war großartig zu sehen, dass die Sportler in seiner Haltung vereint sind und ihn unterstützen." Diese weltweite Solidarität hat der Schwimm-Weltverband auch vernommen, vielleicht fiel die Sanktion am Montag auch deshalb milde aus: Horton und der australische Verband bekamen von der Fina nur eine offizielle Verwarnung ausgesprochen..

Der Weltverband twittert euphorisch

Sun Yang war bereits 2014 mit einem Positivtest aufgefallen, vom Schwimm-Weltverband Fina aber lediglich für drei Monate gesperrt worden. In der Hammer-Causa von 2018 hatte die Fina den dreimaligen Olympiasieger nach einer Anhörung im Januar freigesprochen, dagegen hatte die Welt-Anti-Doping-Agentur Wada vor dem Cas Einspruch eingelegt. Sie nannte das Fina-Urteil "unglaublich und inakzeptabel".

Ein Cas-Sprecher teilte auf SZ-Anfrage mit, dass Sun Yang in der Sache nun eine öffentliche Anhörung verlangt habe. Dass diese nicht vor WM-Start erfolgt ist, liegt laut des Sprechers nicht am Sportgericht selbst. Keiner der Verfahrensbeteiligten habe ein beschleunigtes Verfahren beantragt, weder der Athlet, noch die Fina, noch die Wada. Die Fina twitterte nach dem Rennen sogar euphorisch: "SUN YANG made 4 in a row": Sun Yang sei nun "der Erste in der Geschichte", der die 400 Meter Freistil bei Weltmeisterschaften vier Mal hintereinander gewinnen konnte. Schon im Zusammenhang mit Sun Yangs Mini-Sperre 2014 hatte Fina-Generalsekretär Cornel Marculescu seine Prioritäten zu erkennen gegeben: Man könne doch die größten "Stars nicht von der Schwimm-WM ausschließen, nur weil sie einen kleineren Unfall mit Doping hatten".

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