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Sandhausen bezwingt Nürnberg:Déjà-vu im Tor

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Erstmals steht Manuel Riemann für den SV Sandhausen im Tor, hält beim Elfmeterschießen zwei Schüsse und wirft so den Bundesligisten Nürnberg aus dem DFB-Pokal. Riemann zeigt dabei die Neuauflage einer fast vergessenen Glanzleistung aus Burghausen.

Von Johannes Mitterer

Es ist die erste Runde im DFB-Pokal. Ein kleiner Dorfverein ringt seinen übermächtigen Gegenspielern alles ab, zwingt den Millionenkader des haushohen Favoriten sogar ins Elfmeterschießen. Im Tor des Fußball-Zwergs steht ein junger Keeper namens Manuel Riemann.

Nicht weniger als zwei Elfmeter parierte der Unbekannte im orangenen Trikot, zwischenzeitlich verwandelte er sogar höchst selbst vom Punkt. Allein weil seine Mitspieler gegen den übermächtigen Torwart-Titan im gegnerischen Kasten Nerven zeigten, scheiterte sein Verein an diesem denkwürdigen Abend. Riemann stand damals im Tor von SV Wacker Burghausen, der Gegner: der spätere DFB-Pokalsieger FC Bayern München.

In jener Nacht im August 2007 wurde Riemann lautstark gefeiert, doch dann wurde es schnell wieder leise um das aufstrebende Torwarttalent. Erst sechs Jahre später steht der nicht mehr ganz so junge Riemann wieder im Mittelpunkt. Wieder ist es die erste Runde im DFB-Pokal, wieder hat sich Riemann mit einem Außenseiter gegen einen großen Favoriten ins Elfmeterschießen gekämpft.

Vermutlich erinnerte sich Riemann Sonntagnacht an die Pokalnacht gegen den FC Bayern. Er stand in der Mitte des Spielerkreises, schwörte seine Mannschaft ein, auf seinen Lippen war ein lautes "Ihr müsst nur treffen, einen hol' ich schon raus" zu lesen.

Nicht einen, sondern sogar zwei Elfmeter sollte der mittlerweile 24-jährige Riemann wieder halten. Anstatt gegen José Ernesto Sosa und Martin Demichelis parierte der in Mühldorf am Inn geborene Torwart gegen die Nürnberger Hanno Balitsch und Marvin Plattenhardt. Und weil diesmal seine Mitspieler alle Versuche vom Punkt verwandelten, steht Riemann mit seiner Mannschaft in der zweiten Runde des DFB-Pokals. Der 1. FC Nürnberg erleidet hingegen bereits das zweite bittere Erstrunden-Aus in Folge.

Dabei hatte es zunächst nicht allzu gut ausgesehen für die Sandhausener. Nach guten Anfangsminuten gerieten die Zweitligisten gehörig unter Druck, Stürmer Daniel Ginczek besorgte in der 27. Minute die verdiente Führung für den Klub. Sandhausen wurde nur noch bei Standardsituationen gefährlich, die Nürnberger schienen ihrer Favoritenrolle gerecht zu werden.

Diese hatte FCN-Trainer Michael Wiesinger kurz vor der Partie noch deutlich artikuliert. Elfmeter ließ er gezielt nicht trainieren, sagte er. Er gehe davon aus, dass seine Mannschaft nach 90 Minuten als Sieger vom Platz gehen würde. Es sind Aussagen, die ihn zwangsläufig wieder einholen mussten.

Vielleicht hätte ein bisschen Elfer-Übung nicht geschadet. Vielleicht hätte FCN-Torwart Raphael Schäfer den Foulelfmeter von Julian Schauerte zum Ausgleich in der 58. Minuten parieren können und die Blamage bereits zu diesem Zeitpunkt abwenden können. Danach half es dem Klub auch nicht, dass er in der Verlängerung deutlich mehr Spielanteile verbuchte als die Gastgeber. Der befreiende Führungstreffer gelang den Franken nicht mehr, und so ging es schließlich ins Elfmeterschießen. Und dort trafen sie auf jenen besagten Elfmeter-Spezialisten.

Riemann wurde eben erst vom VfL Osnabrück verpflichtet und stand erstmals im Tor von Sandhausen, nachdem Marco Knaller nach dem Ligafehlstart diesmal nicht berücksichtigt wurde. Bei seinem ersten Spiel wiederholte Riemann sogleich seine Heldentaten von 2007, und nun trafen auch seine Mitspieler. Außenseiter Sandhausen erreicht mit dem 4:3-Sieg im Elfmeterschießen die zweite Runde des DFB-Pokals. Riemann sagte nach dem Spiel: "Ich habe bei beiden Schüssen auf mein Gespür gehört, aber vom Gefühl her hätte ich eigentlich alle vier halten können, denn ich war immer dran."

Der 1. FC Nürnberg hingegen reiht sich nur ein Jahr nach seinem desaströsen Erstrunden-Aus beim TSV Havelese erneut ein in die Liste der blamierten Erstliga-Vereine. Der Pokal hat bekanntlich seine eigenen Gesetzte. Manuel Riemann scheint sie zu kennen. Und dieses Mal hatte er sie auch seinen Mitspielern rechtzeitig erklärt.

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