Süddeutsche Zeitung

Satou Sabally in der WNBA:Showdown für das tanzende Einhorn

Lesezeit: 3 min

Deutschlands bekannteste Basketballerin Satou Sabally hat einen turbulenten Sommer hinter sich. Jetzt steht sie mit den Dallas Wings erstmals in den Playoffs - und beißt sich auch mit Tipps von Dirk Nowitzki durch.

Von Jonas Beckenkamp

Manchmal ergeben sich die Dinge im Sport doch zur rechten Zeit. Bei Satou Sabally lautet die Nachricht pünktlich zum Start der Playoffs in der amerikanischen Profiliga WNBA: Sie kann wieder Basketball spielen - das ist wichtig zu erwähnen, denn sie war eine ganze Weile weg. Probleme mit der Achillessehne, mehrere Wochen und acht Partien im Krankenstand, dabei steht nun die "Crunchtime" an. Jene Phase, in der es nach langem Geplänkel um alles geht.

Sabally, 23, kennt dieses Gefühl noch nicht, zumindest nicht in der WNBA. Seit die Berlinerin 2020 als Neuling zu ihrem Klub Dallas Wings kam, hat sie noch kein Playoff-Spiel bestritten, vergangene Spielzeit scheiterte ihr Team knapp an der Qualifikation. Es war die Corona-Saison, gespielt wurde in einer Blase in Florida, Basketball im sterilen Umfeld und ohne Fans. Eine komische Erfahrung zum Einstieg in die große Welt des Körbewerfens.

Sabally wird Meisterin in der Türkei, verpasst aber Olympia

Zur Überbrückung der Ligapause trat sie im Frühjahr für einige Zeit bei Fenerbahce an, wo sie türkische Meisterin wurde. Danach verpasste sie mit dem deutschen 3x3-Team die Qualifikation für Olympia. Jetzt geht es für sie in ihrer Wahlheimat USA wieder los, und alles ist anders. Fans sind zurück in den Hallen, und die WNBA bekommt mehr Aufmerksamkeit, weil gleichzeitig die Männer mit der NBA pausieren.

Und: Sabally ist mit ihren Wings nach einer Saison mit Schwankungen zwei Spieltage vor Ende der regulären Spielzeit fix in die K.o.-Runde gerutscht. Zum Ende stehen beim siebtbesten Team der Liga 14 Siege bei 18 Niederlagen zu Buche - ohne ihren Ausfall im August und September wäre wohl noch mehr drin gewesen.

Trotzdem hatte Sabally, eine der internationalen Attraktionen der Liga, nach ihrer Rückkehr vergangene Woche einigen Anteil am Erfolg ihres Klubs. Bei ihrem Comeback gegen die New York Liberty gelangen ihr gleich 13 Punkte: Erst versenkte sie in der entscheidenden Phase einen Dreier, dann verhalf sie Dallas mit einem energischen Dreher zum Korb zum 77:76. Der Sieg bedeutete für ihre Mannschaft die erste Playoff-Teilnahme seit drei Jahren.

Nur mitfeiern konnte Sabally nicht. Sie musste sich bei ihrer Auswechslung 38 Sekunden vor Ende auf der Bank übergeben. Die Anstrengung, das Tempo und der Kampf hatten sie nach Wochen ohne jede Praxis auf dem Parkett ausgezehrt. "Das war wohl mein Körper, der mich wissen ließ: Das ist jetzt ganz schön anstrengend", sagte sie hinterher. "Die Nerven, die Erschöpfung. Ist mir noch nie vorher passiert."

"Sie ist ein All Star", sagt Trainerin Vickie Johnson über Sabally

Die Nationalspielerin ist keine, die lange klagt. Sie greift lieber an und hilft ihrem Team im Verbund mit Dallas-Anführerin Arike Ogunbowale. "Ich fühle mich gut und bin froh, dass wir den Job erledigt haben", lautete ihre Analyse abseits der eigenen Gesundheit. Playoffs, da lohnt sich das Leiden, da zählt kein Nachlassen. Ihre Zähheit würdigte die Zeitung Dallas Morning News sogar mit der Beschreibung: "Heldentaten in der Schlussphase." Jetzt brauche es vor allem eine gesunde und tatkräftige Sabally, damit das Team eine Chance Richtung Finale hat.

Wie wichtig die Deutsche in Dallas bereits ist, lässt sich auch am Urteil von Trainerin Vickie Johnson ablesen. Es sei "großartig, dass Satou wieder auf dem Feld" stehe, sagte sie. "Sie ist ein All Star. Ihre Fähigkeiten, zu werfen und ihre Kolleginnen einzusetzen, sind enorm wichtig." In den USA hat man für sie den Begriff "Unicorn" eingeführt - eine Spielerin, die Vielseitigkeit mit Körpergröße vereint. Saballys Fußarbeit ermöglicht ihr mitunter ballettartige Bewegungen. Wie ein tanzendes Einhorn eben.

In der Ausscheidungsrunde geht es nun mit ihrem "jungen und aufstrebenden Team", wie sie findet, in einen großen Showdown: In Runde eins entscheidet in der Nacht auf Freitag ein einziges "Elimination Game" gegen die Chicago Sky über das Weiterkommen. Wie man in den Playoffs weitere Heldentaten schafft, das kann Deutschlands derzeit bester Basketballerin ein anderer Deutscher aus Dallas erzählen: Dirk Nowitzki, der nach seiner aktiven Zeit bei den Mavericks weiterhin in der Stadt lebt.

Ihn nannte Sabally kürzlich in einem Porträt des Stadtmagazins DMagazine einen "Basketball-Gott". Sie hat natürlich längst seine Handynummer, der Austausch läuft bestens: "Er hat mir hier in Dallas sehr geholfen, speziell im vergangenen Jahr." Es ging ums Zurechtfinden, um Basketballkultur und um den Lifestyle in Texas. Manches kann einen als Profi schließlich ganz schön überfordern in der Anfangszeit in den USA. Aber bei Nowitzki sprang am Ende ja auch eine ganz passable Karriere heraus.

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