Süddeutsche Zeitung

Rekordmatch in Wimbledon:Tennis mal anders: Es steht 59:59

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Man stelle sich vor, das Achtelfinale zwischen England und Deutschland wird auch nach 118 Elfmetern nicht entschieden. Ein vergleichbares Drama ereignet sich gerade beim Tennisturnier in Wimbledon.

Dominik Prantl

Zurzeit findet in Südafrika ja dieses Fußballturnier statt, das alles andere in den Schatten stellt: Ob der Bürgerkrieg in Kirgistan, ein Bischof, der um Verzeihung bittet oder dieses Tennisturnier auf Rasen - alles wird geschluckt von dem riesigen Medienereignis namens Weltmeisterschaft. Gut, ein Bürgerkrieg im Hinterhof Russlands ist so neu nicht. Aber ein reuiger Bischof! Mal ehrlich, das hat es doch in tausend Jahren nicht gegeben. Und dann dieses Spiel in Wimbledon! Unglaublich!

Ach ja, Tennis schaut zurzeit ja niemand. Also: Stellen Sie sich vor, Deutschland und England würden sich am kommenden Wochenende in Bloemfontein ein Achtelfinale liefern, von dem selbst fußballabstinente Bischöfe noch in tausend Jahren reden werden. England geht dreimal in Führung, Deutschland gleicht dreimal aus. Mit einem 3:3 geht es in die Verlängerung, dann trifft Özil, auf der Gegenseite Rooney zweimal, mit dem Schlusspfiff Schweinsteiger zum 5:5. Elfmeterschießen.

Die zehn ersten Schützen verwandeln, und nicht nur die. Sämtliche Bankspieler auch, die ersten zehn müssen noch einmal ran, die Bankspieler ebenfalls, irgendwann verschießt Schweinsteiger, im Gegenzug Gerrard. Nach 118 Elfmetern bricht der Schiedsrichter wegen vollkommener Übermüdung der Spieler die Begegnung beim Stande von 59:59 ab. Kompletter Blödsinn sagen Sie?

In der ersten Runde beim Tennisturnier in Wimbledon ist etwas Vergleichbares passiert. Der Amerikaner John Isner und Nicolas Mahut aus Frankreich stehen sich bereits seit insgesamt zehn Stunden gegenüber. Isner gewann den ersten Satz, Mahut den zweiten, und jeder von beiden einen weiteren im Tie Break. Am Dienstagabend folgte die erste Unterbrechung. Am Mittwoch dann benötigten Sie für den entscheidenden fünften Satz, der ohne Tie Break zu spielen ist, weitere 7:06 Stunden - und wurden dennoch nicht fertig. Beim Stande von 59:59 wurde das Spiel wegen Dunkelheit abgebrochen.

Sollte das Achtelfinale der deutschen Fußballer am Sonntag gegen England also wider Erwarten ein Langweiler werden: Schalten Sie um. Auf einem dieser Spartenkanäle duellieren sich Isner und Mahut wahrscheinlich noch immer.

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