Süddeutsche Zeitung

Neuer Leipzig-Stürmer:"Sörloth hat einen besseren Kopfball als Haaland"

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RB Leipzig zahlt für Alexander Sörloth Ablöse an gleich zwei Vereine. Der Stürmer vereint Stärken des Dortmunder Angreifers mit der Eleganz einer brasilianischen Legende.

Von Javier Cáceres, Leipzig

In Norwegen rätseln sie noch immer, warum sie gerade jetzt so viele gute Kicker zutage fördern, dass man meinen könnte, die Fußballindustrie löse bald Öl und Gas als Exportprodukt Nummer eins ab. Erling Haaland triumphiert in Dortmund, Martin Ödegaard stand gerade bei Real Madrid in der Startelf, der 21-Jährige Defensivspieler Kristoffer Ajer (Celtic Glasgow) wird von Europas Topklubs gejagt - und nun wechselt auch Alexander Sörloth von der türkischen Fußballperipherie in die Beletage der deutschen Bundesliga, als neuer Stürmer von RB Leipzig. "Gute Frage, woran das liegt", ruft der frühere Werder-Profi und aktuelle Rosenborg-Trondheim-Manager Rune Bratseth in die Autofreisprechanlage seines Telefons, "es steht außer Frage, dass wir wirklich eine Goldene Generation zusammen haben. Und Sörloth zählt absolut dazu."

Sörloth, 24, unterschrieb am Dienstagabend nach dem Medizincheck einen Vertrag über fünf Jahre bei den Leipzigern; in der vergangenen Saison hat er als Leihstürmer bei Trabzonspor 24 Tore erzielt. RB soll eine Ablösesumme von angeblich rund 20 Millionen Euro zahlen - an Trabzonspor sowie den englischen Erstligisten Crystal Palace. Der türkische Verein hatte im vergangenen Jahr einen zweijährigen Leihvertrag mit einer Kaufoption abgeschlossen, die greifen sollte, wenn Sörloth eine bestimmte Zahl an Einsätzen übertraf. Sowohl Palace wie auch Trabzonspor war am Ende das Geld aber lieber als der Spieler. Und Leipzig benötigte nach den Abschieden von Timo Werner (FC Chelsea) und Patrik Schick (Leverkusen) einen Stürmer. Nun haben sie einen Angreifer von singulärer Gestalt verpflichte.

Sohn eines ehemaligen Gladbach-Profis

Einerseits ähneln Sörloths Stärken denen seines Nationalmannschaftskollegen Haaland. "Ich bin groß und stark und schnell", sagte er selbst einmal. Andererseits: Sörloth ist eine Art Wikinger-Sócrates. Mit einer Körpergröße von 1,95 Metern ist er zwei Zentimeter größer als der verstorbene Kapitän der brasilianischen WM-Teams von 1982 und 1986, und in seinen Bewegungen frappierend elegant. Das liegt unter anderem daran, dass Sörloths starker Fuß der linke ist, auch wenn er "nicht so 'einbeinig' ist wie die meisten Linksfüßler", sagt Bratseth. "Wenn es einen Unterschied zu Haaland gibt, dann diesen: Sörloth hat einen besseren Kopfball als Haaland", erklärt der frühere Bremer. Dennoch spricht es Bände, dass sie sich in London an einen Spieler erinnern, der sich auch deshalb nicht durchsetzte, weil er nicht das Vertrauen erhielt, das er benötigt, und der sich zudem als Akteur entpuppte, der mit dem Ball am Fuß besser zurechtkommt denn als so genannter "Zielspieler", der vorne für Lufthoheit sorgt.

Wie Haaland ist Sörloth der Sohn eines früheren Nationalspielers; gemeinsam vertraten Alf-Inge Haaland und der ehemalige Gladbach-Profi Göran Sörloth (1988/89) die Norweger 1994 bei der Weltmeisterschaft in den USA. Gemeinsame Kindheitserinnerungen haben die Söhne nicht. Aber sie spielen zusammen in der Nationalelf, für die Sörloth bislang acht Tore in 24 Länderspielen erzielt hat, nachdem er im Mai 2016 sein Debüt gefeiert hatte - in vergleichsweise jungen Jahren also für einen, der als "Spätstarter" apostrophiert wird, unter anderem, weil er in seiner Jugend als talentierter Eisschnellläufer galt.

Zur Zeit seines Einstands in der Nationalelf spielte Sörloth beim FC Groningen, es war seine erste von bisher fünf Auslandsstationen. Aus den Niederlanden zog er nach Dänemark zum FC Midtjylland, wo er eine rekordverdächtige Marktsteigerung erfuhr. Die Dänen hatten nicht einmal eine halbe Million Euro bezahlt, an Crystal Palace wurde er für neun Millionen Euro weitergeleitet - der zwanzigfache Preis. Es folgten zwei Leihen, an KAA Gent (Belgien) und zu Trabzon. Dort startete er derart durch, dass er in den vergangenen Monaten mit einer Reihe von Spitzenklubs in Verbindung gebracht wurde, sogar mit Real Madrid, Bayern München und Manchester United, wo der Norweger Ole Gunnar Solkskjaer Trainer ist. Nun hat Leipzig das Rennen gemacht. "Er passt bestens in die Bundesliga", glaubt Bratseth.

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Quelle:
SZ vom 23.09.2020
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