Süddeutsche Zeitung

Paris Saint-Germain:Nur Geldstrafen für die Geldsäcke

Lesezeit: 3 min

Ernsthaft, nicht lachen: Die Uefa will den Transfer-Wahnsinn bei Paris Saint-Germain prüfen. Doch sie wird machtlos sein, denn Staaten kaufen Fußballer längst zur Imagepflege.

Kommentar von Thomas Kistner

Die Uefa hat angekündigt, den Transfer-Taifun bei Paris Saint-Germain streng zu prüfen. Ernsthaft! Nach den Regeln ihres - nicht lachen - Financial-Fairplay-Reglements (FFP). Doch, doch.

Vereinfacht besagen diese Regeln, dass Klubs nicht mehr Geld ausgeben als einnehmen und externe Investoren über drei Jahre höchstens 30 Millionen Euro Defizite ausgleichen dürfen. Und in manchen Fällen hat die Uefa auch schon zugelangt: Sie sperrte unter anderem griechische und türkische Zwerge für den Europapokal. Den Geldausgebern von ManCity und PSG hingegen drohte sie welche Sanktionen an? Ja, im Ernst: Geldstrafen! Nach einem Jahr Zurückhaltung am Spielermarkt hob die Uefa diese Sanktion gegen Paris 2015 sogar wieder auf - drohte den Geldsäcken an der Seine aber tapfer, ihre Transfers stünden fortan "unter strenger Überwachung".

Das hat die Manager in Paris, sprich: die PSG-Marionetten am Ende der Petrodollar-Pipeline aus dem Emirat Katar, so beeindruckt, dass sie ein Jahr lang die Füße stillhielten. Um jetzt ein Beben auszulösen, das den Fußballbetrieb verwandeln wird. Neymar kam für 300 Millionen Euro brutto, der 18-jährige Kylian Mbappé für 180 Millionen netto: Wer glaubt, dieses Geld habe ein Verein mit der Kickerei erworben, hat das Haupt schon sehr tief in der Klub-Bettwäsche stecken.

Ein Staat kauft Kicker, andere werden nachziehen. Darum geht es. Und die Sachwalter des Fußballs lernen gerade auf die harte Tour, dass es sich längst nicht mehr um dieses Phänomen dreht, das Sportbeobachter ergriffen als freien Markt resp. rotierende Preisspirale beschreiben.

Fußball ist relevant geworden für globale Finanzmanöver

Der Fußball ist wirtschaftlich und gesellschaftspolitisch derart relevant geworden, dass er globale Finanzmanöver evoziert - insbesondere bei kulturellen Quereinsteigern aus der Welt Eurasiens und Arabiens, die irren Reichtum mit kargem Image verbinden. Das eine soll das andere aufpolieren, nichts illustriert das klarer als die Strategie Katars. Der Wüstensprengel in der Dimension Nordhessens weiß um die Endlichkeit seiner Erdgasvorräte, er beschloss schon vor einer Dekade die Expansion in die Sport- und Konsumgüterindustrie des Westens. Dohas Olympiabewerbung floppte, aber bei den Funktionären des Fußballweltverbands klappte es: 2010 erhielt Katar die WM 2022. Heute haben nur zwei der 24 Fifa-Wahlleute keine Strafermittlung am Hals. Was aber nicht ausschließen soll, dass sich die Sportsfreunde für Katar nur deshalb so begeistert haben, weil sie endlich mal die WM in Backofenhitze austragen wollten.

Die Frage, wie Katar die WM bekam und welche Rolle all die Investitionen in PSG und Barça (aber auch in die Söhne von Fifa-Leuten) spielten, hält viele internationale Strafermittler auf Trab. Das zeigt den wahren Charakter des Problems. Schon flehen Europas stolzeste Vereine die EU um eine Gehaltsobergrenze an. Der Profifußball ist eine Gierhalsbranche, deren Vertreter bisher eigentlich nur Dollarzeichen im Blick hatten und sich jede Korrektur von außen verbaten. Und jetzt? Will auch die Uefa, dass die Politik das Geldfeuerwerk eindämmt.

Die Kaufoption für Mbappé gilt wohl nur, falls PSG nicht absteigt

Aber das wird nicht funktionieren. Das zeigt schon die Dreistigkeit, mit der Paris das FFP umdribbelte und sich jetzt auch noch über die Uefa-Prüfung beklagt: Man habe doch "immer totale Transparenz" geübt. Eine herrliche Heuchelei eingedenk der angewandten Tricks. Neymar kaufte sich formal selbst raus bei Barça, mit Schrankkoffern voll überlassenem Geld, und Mbappé - nun, der ist nur ausgeliehen. Und die Kaufoption für 2018 ist auch kein billiger Dreh, sondern an brutale Bedingungen von der Art gebunden, dass sie wohl nur gilt, falls PSG den Verbleib in der ersten Liga schafft. Also nur, falls die Erde auch 2018 keine Scheibe ist.

Der Geist ist aus der Flasche. Am Ende wird das Publikum entscheiden, ob die Strategie des Geldes aufgeht. Nein, nicht die Glaubensfraktion der harten Fans, sondern der Teil des Publikums, der statt des existenziellen den unterhaltungskulturellen Zugang pflegt. Diese Gruppe ist viel größer, das wird gern vergessen. Sie könnte sich abwenden von einem Handelskrieg mit Kickern, der bald so schöne Fragen aufwirft wie die, wann endlich der erste Spielerberater Milliardär wird.

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Quelle:
SZ vom 04.09.2017
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