Süddeutsche Zeitung

Paralympics:Lindy Ave läuft in Weltrekordzeit zu Gold

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Die Leichtathletin lässt sich über 400 Meter auch vom strömenden Regen nicht aufhalten - Sprinter Felix Streng verpasst sein zweites Gold knapp. Im Kanu ist Edina Müller erfolgreich.

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Leichtathletik: Sprinterin Lindy Ave hat im strömenden Regen überraschend die 13. deutsche Goldmedaille bei den Paralympics in Tokio gewonn. Die 23-Jährige siegte über 400 m in der Startklasse T38 in exakt einer Minute und stellte damit einen Weltrekord auf. Für die Greifswalderin ist es der erste Paralympics-Sieg, über die 100 m hatte sie in Japan zuvor bereits Bronze gewonnen. "Regenwetter ist man gewohnt, wenn man an der Ostsee wohnt", sagte Ave lachend: "Ich hätte nie im Leben gedacht, dass ich Weltrekord laufen kann. Erst recht nicht bei den Paralympics." In der Vorbereitung hatte sie noch erwogen, auf die Stadionrunde zu verzichten.

Felix Streng verpasste derweil seine zweite Goldmedaille. Der Sieger über die 100 m musste sich auf der doppelten Distanz in der Startklasse T64 in 21,78 Sekunden dem Costa Ricaner Sherman Isidro Guity Guity geschlagen geben, zum zweiten Triumph fehlten dem Topfavoriten 35 Hundertstel. Damit bleibt Radfahrerin Jana Majunke die einzige Deutsche mit zweimal Gold in Japan.

"Natürlich bin ich enttäuscht. Mir ist es schon vorher in die Adduktoren reingezogen Beim Start habe ich es gleich wieder gespürt", sagte Streng: "Es war komisch. Aber ich will ein guter Verlierer sein. Es waren unglaubliche Spiel für mich. Das hat heute echt wehgetan, aber das soll keine Entschuldigung sein."

2016 in Rio hatte er mit der Prothesenstaffel den Titel geholt, über 100 m gewann er damals Bronze. Für seine zweite Goldchance in Japan verzichtete Streng extra auf einen Einsatz in der Universalstaffel am Freitag. Der 26-Jährige hatte im vergangenen Jahr mit argen Nebengeräuschen seine Trainingsgruppe in Leverkusen verlassen, wechselte in eine Trainingsgruppe nach London. In Tokio zahlte sich die Entscheidung aus. Rio-Sieger Daniel Scheil musste sich im Kugelstoßen der Klasse F33 nach 9,86 m mit Rang fünf begnügen, zu Bronze fehlten fast anderthalb Meter.

Kanu: Edina Müller gewann ihre erste Goldmedaille im Kanu gewonnen. Die 38-Jährige setzte sich auf dem Sea Forest Waterway im Finale über 200 m in 53,958 Sekunden vor der Ukrainerin Marina Maschula (+0,847 Sekunden) durch und gewann damit nach Silber in Rio ihr zweites Edelmetall in ihrer neuen Sportart. Zuvor hatte die Hamburgerin bereits als Rollstuhlbasketballerin Gold und Silber geholt.

Durch ihren Vorlaufsieg am Donnerstag hatte sie das Halbfinale in der Startklasse KL1 überspringen dürfen und konnte so Kräfte für den Endlauf sparen. Müller hat als einzige deutsche Athletin Nachwuchs mit in Japan, ihr zweijähriger Sohn Liam muss noch gestillt werden. Deshalb musste die querschnittsgelähmte Kanutin in Coronazeiten außerhalb des paralympischen Dorfs in einem Hotel wohnen und damit Extraanstrengungen auf sich nehmen.

Kanu-Sprinterin Felicia Laberer erkämpfte die Bronzemedaille über 200 Meter. Die 20 Jahre alte Berlinerin kam am Samstag auf dem Sea Forest Waterway in 51,868 Sekunden ins Ziel und holte gleich bei ihren ersten Paralympics eine Medaille. Laberer stieß bei der Zieldurchfahrt ein lautes "Yes" heraus und freute sich über Edelmetall. Gold holte die Britin Laura Sugar vor Nelia Barbosa (Frankreich).

Tennis: Zwei deutsche Ärzte haben den belgischen Rollstuhltennis-Spieler Joachim Gerard nach einem Kreislaufkollaps wiederbelebt. "Sie waren die Ersten, die bei ihm waren und haben ihm geholfen, wieder zu Bewusstsein zu kommen", sagte ein Sprecher des belgischen Verbandes der Deutschen Presse-Agentur am Samstag. "Wir sind ihnen sehr, sehr dankbar. Vielleicht haben sie ihm das Leben gerettet."

Der frühere Weltranglistenerste war am Mittwochabend im Athletendorf in Tokio zusammengebrochen und in die Notaufnahme gebracht worden. "Es geht ihm gut", sagte der Sprecher am Samstag. "Er wird aber noch einige Tage im Krankenhaus bleiben müssen." Eine genaue Diagnose gebe es noch nicht. Man habe sich aber auch entschieden, Details dazu nicht öffentlich zu machen.

Die deutsche Delegation ist im Athletendorf im selben Haus untergebracht wie die belgische. Friedhelm Julius Beucher, der Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes, sagte der dpa: "Anja Hirschmüller und Stefan Sevenich haben womöglich ein Menschenleben gerettet. Das ist mehr wert als jede Medaille. Ich werde heute Abend ins Dorf fahren, Anja den Sekt der Belgier mitbringen und sie trotz Corona in den Arm nehmen."

Basketball: Deutschland hat in den Mannschafts-Sportarten bei den Paralympics wie auch zuvor bei den Olympischen Spielen keine Medaille gewinnen können. Die Rollstuhl-Basketballerinnen unterlagen im Spiel um den dritten Platz am Samstag den USA mit 51:64 und blieben damit erstmals seit den Spielen in Athen 2004 ohne Edelmetall. Die deutsche Mannschaft lag von Beginn an in Rückstand. Mit 13:20 ging das erste Viertel an die US-Girls, die diesen Vorsprung nicht mehr hergaben. Im Schlussdurchgang bauten sie ihn sogar noch deutlich aus. Beste Werferin war Fahnenträgerin Mareike Miller, die mit 26 Punkten überzeugen konnte.

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