Süddeutsche Zeitung

Nowitzki kehrt ins Nationalteam zurück:Wie Justin Bieber und Lady Gaga gleichzeitig

Lesezeit: 3 min

"Mir hat noch ein wenig die Luft gefehlt": Dirk Nowitzki findet nach dem ersten Sieg beim Supercup gegen Belgien, dass er bei seinem Comeback in der deutschen Nationalmannschaft nicht in Bestform war. Die Begeisterung um ihn scheint dennoch eine neue Dimension zu erreichen - doch wie wirkt sich seine Präsenz auf den Rest der Mannschaft aus?

Joachim Mölter, Bamberg

Schon eine Stunde vor Spielbeginn hatten sich die Zuschauer um das Parkett gedrängt, die Fotoapparate in der Hand. Doch der Mann, auf den alle warteten, ließ sich noch etwas Zeit. Die deutschen Basketball-Nationalspieler hatten sich längst aufgewärmt für das bevorstehende Länderspiel gegen Belgien, ehe endlich auch Dirk Nowitzki aus der Kabine kam, exakt 29 Minuten vor dem Tip-Off, quasi dem Anstoß.

Schon früher war der Rummel groß gewesen, wenn der gebürtige Würzburger hierzulande für die Auswahl des Deutschen Basketball-Bundes (DBB) auflief, doch am Freitagabend in der Bamberger Arena schien die Begeisterung um ihn eine neue Dimension zu erreichen - wenn die Popstars Justin Bieber und Lady Gaga gleichzeitig über das Publikum hereingebrochen wären, hätte es kaum lauter und schriller sein können.

Fast eine Niederlage gegen Belgien

Seit Dirk Nowitzki im Juni den NBA-Titel gewonnen hat mit seinen Dallas Mavericks, als erster Deutscher überhaupt, erfährt er so etwas wie eine Heiligenverehrung. Und so war es auch, als er am Freitag zum ersten Mal seit drei Jahren, seit den Olympischen Spielen in Peking, wieder im Nationaltrikot auflief.

Bei seinem Comeback enttäuschte der 33-Jährige die 6800 Fans in der Halle nicht: Zum Auftakt des Vier-Länder-Turniers war er beim 71:65 (34:28)-Sieg über Belgien der beste Werfer mit 18 Punkten; die Hälfte davon erzielte er in den letzten vier Minuten, als er verhinderte, dass ein 56:60-Rückstand nicht in die erste Niederlage gegen Belgien seit fast 30 Jahren mündete.

Das Spiel der deutschen Mannschaft fand Nowitzki nachher "sicher nicht berauschend. Da ist noch ´ne Menge Potential nach oben". Auch mit seiner eigenen Leistung ging er in die Kritik. "Mir hat noch ein wenig die Luft gefehlt", erklärte er, warum er sich bereits nach sechs Minuten zum ersten Mal auswechseln ließ und auch in der Folge längere Zeit auf der Bank saß.

Kaum Zeit zum Luftholen

Bundestrainer Dirk Bauermann lobte ihn dennoch: "Er hat sehr gut gespielt, dafür, dass er nur eine Mini-Pause gehabt seit seinem NBA-Triumph. Es gibt keinen anderen Spieler dieser Qualität, der sich das überhaupt antun würde." Seit dem Titelgewinn in der stärksten Basketball-Liga der Welt hat Dirk Nowitzki tatsächlich wenig Zeit zum Luftholen gehabt: Den üblichen Ehrungen in den USA und seiner Heimatstadt Würzburg folgte ein Kurzurlaub in der Karibik, vor knapp drei Wochen begann er schon wieder mit dem Training, erst seit vergangenem Dienstag weilt er beim Nationalteam.

Dass er noch nicht in Bestform ist, war zu sehen, des öfteren beispielsweise als seine belgischen Gegenspieler einen Tick schneller am Ball waren als er. Nowitzkis Mentor und Förderer Holger Geschwindner sagte: "Er soll ja nicht schon jetzt in Höchstform sein, sondern erst in zwei Wochen." Dann beginnt in Litauen die Europameisterschaft, und dort wollen Nowitzki und sein eingebürgerter NBA-Kollege Chris Kaman (Los Angeles Clippers) der deutschen Auswahl zu einer weiteren Olympia-Qualifikation verhelfen.

Wie dringend die Unterstützung der beiden NBA-Profis benötigt wird, war gegen die international eher zweitklassigen Belgier zu sehen, die sich nach langer Zeit mal wieder für eine EM qualifiziert haben. Kaman erzielte als zweitbester Werfer 17 Punkte, zusammen kamen die 2,13-Meter-Männer also fast auf die Hälfte der deutschen Punkte; auch bei den Rebounds - neun für Kaman, sechs für Nowitzki - waren sie maßgeblich an der Gesamtausbeute (38) beteiligt.

"Dass es am Anfang noch etwas rostig laufen würde, war doch klar"

"Einige der jungen Spieler brauchen noch etwas Führung auf dem internationalen Niveau", hat Center Kaman, 29, in den fünf Tagen beobachtet, in denen er mit Nowitzki bei der Mannschaft weilt: "Wir Älteren müssen ihnen helfen, sich zu entwickeln." Generell aber sei die Mannschaft sogar etwas talentierter als diejenige von Olympia 2008, glaubt Kaman: "Wir müssen uns nur schnell zusammenfinden als Mannschaft."

Fünf Spiele hat Bundestrainer Bauermann noch Zeit, um Nowitzki und Kaman in seine junge EM-Auswahl zu integrieren: Die ersten beiden folgen noch an diesem Wochenende beim sogenannten Supercup, am Samstag gegen Griechenland und am Sonntag gegen die Türkei (jeweils 17.15 Uhr, live in Sport1). Dann geht es weiter gegen Bosnien-Herzegowina am Dienstag in Bremen und gegen China am Freitag in München sowie am Sonntag in Berlin.

"Dass es am Anfang noch etwas rostig laufen würde, war doch klar", analysierte Trainer Bauermann den ersten gemeinsamen Auftritt von Nowitzki und Kaman mit dem Rest des Teams. Man habe einigen jungen Spielern angemerkt, dass sie etwas verkrampft waren, jetzt wo die beiden NBA-Profis dabei sind, ergänzte Bauermann: "Aber ich habe viele gute Dinge gesehen. Und es war hilfreich zu sehen, dass wir in so einem engen Spiel am Ende doch die Nase vorn haben können. Darauf können wir aufbauen."

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