Süddeutsche Zeitung

Nach Angriffen von Investor Ismaik:1860 rollte die Kuscheldecke aus

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Präsidium und Aufsichtsrat des Fußball-Zweitligisten TSV 1860 München reagieren auf die Attacken von Investor Hasan Ismaik - sie erhoffen sich vom Treffen am Montag eine neuerliche Aussöhnung. Doch diesmal wird die Einigung komplizierter als je zuvor.

Von Markus Schäflein

Am Donnerstagmorgen hatte sich Dieter Schneider immer noch nicht von dem Schock erholt. Er müsse die ganze Sache "erst einmal sacken lassen", sagte der Präsident des TSV 1860 München, nachdem ihn Investor Hasan Ismaik am Vortag im Streit um die künftige Ausrichtung des Klubs heftig persönlich attackiert hatte ("alter Mann", "nicht ehrlich", "Öffentlichkeitsdrang"). Schneider, 65, kündigte eine Reaktion für den Nachmittag an; bis zum Abend war es ihm und seinen Präsidiumskollegen sowie dem Aufsichtsrat des Fußball-Zweitligisten dann gelungen, eine gemeinsame Stellungnahme zu Ismaiks Vorwürfen zu verfassen.

Um 17.31 Uhr erreichte die Pressemitteilung die Redaktionen. "Der Verein ist überrascht und irritiert über diesen Weg der Kritik und die Art und Weise der Äußerungen", hieß es darin. "Wir möchten zuallererst betonen, dass alle bisherigen Maßnahmen und Vorgehensweisen in Abstimmung mit Hasan Ismaik entschieden und umgesetzt wurden."

Wie erwartet reichte der Verein dem Investor demonstrativ die Hand, kritisierte allerdings auch vorsichtig dessen Auftritt vom Vortag: "Wir haben immer unsere Bereitschaft erklärt, unterschiedliche Meinungen in persönlichen Gesprächen mit unserem Partner bzw. den dafür zuständigen Gremien aufzuarbeiten und zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen. Dazu stehen wir nach wie vor", hieß es. "Persönliche Angriffe sind in diesem Zusammenhang kontraproduktiv und sollten nicht Teil einer Verhandlungstaktik sein."

Der Investor hatte - neben den Attacken auf Schneider - am Mittwoch mit drastischen Worten den gemeinsam verabschiedeten Dreijahresplan des TSV 1860 für gescheitert erklärt, die Mitglieder zur Abwahl der Führungspersonen aufgerufen und seinen Ausstieg angedroht. "Wenn mein Partner keinen Respekt zeigt, dann werde ich nicht länger bleiben", hatte Ismaik gesagt. "Falls sie mir nicht die Chance geben, in die Bundesliga aufzusteigen und später in die Europa League oder Champions League zu kommen, dann hat dieses Investment keinen Wert für mich."

Dazu teilten Präsidium und Aufsichtsrat in der Stellungnahme mit, sie könnten "nur wiederholen, was wir z. B. auch in der Angelegenheit um Sven-Göran Eriksson immer zum Ausdruck gebracht haben. Wir sind jederzeit bereit, sinnvolle Vorschläge kritisch und selbstkritisch zu diskutieren." Dazu müssten jedoch "die daraus resultierenden Konsequenzen in organisatorischer und finanzieller Hinsicht durchdacht und bis zum Ende ihrer Laufzeit unmissverständlich abgesichert werden".

Auf dieser Basis erhoffe man sich "für das Aufsichtsratsgespräch am Montag eine sachliche Atmosphäre". Präsidium und Aufsichtsrat seien "jederzeit bereit, ergebnisoffen zu diskutieren". Ziel sei es, "alle eventuellen Missverständnisse mit unserem Partner" aus dem Weg zu räumen. "Mit gutem Willen von beiden Seiten sind wir auch durchaus optimistisch, dass dies gelingen wird."

Es wäre nicht das erste Mal im irrwitzigen Verhältnis zwischen dem Münchner Traditionsklub und seinem arabischen Investor, dass sich nach einem riesigen Knall plötzlich alle wieder offiziell lieb haben. Noch schwer lädiert von Ismaiks Keulenschlag, rollen die Vereinsverantwortlichen schon mal die Kuscheldecke aus.

Doch diesmal wird eine Einigung noch komplizierter als je zuvor - denn Ismaik ist fest entschlossen, für den bisher eingeschlagenen Weg keinerlei Geld mehr zur Verfügung zu stellen. Cousin und Vertreter Noor Basha sagte: "Selbst wenn man nur einen Euro investiert, will man doch nicht, dass der Euro im Abfall landet. Das ist doch logisch." Dies bedeutet im Klartext, dass Ismaik das jährliche strukturelle Defizit in Millionenhöhe nicht mehr ausgleichen wird, so lange der Klub ihm nicht mehr Gestaltungskompetenzen einräumt.

Dann allerdings schlüpfte Basha schon mal unter die ausgerollte Kuscheldecke: "Abgesehen von allen harschen Worten haben wir doch alle nur ein Ziel: Wir wollen aufsteigen." Wie schön. Blöd nur, dass die Meinungen über den geeigneten Weg so unterschiedlich sind.

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Quelle:
SZ vom 04.01.2013
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