Süddeutsche Zeitung

Messi beim FC Barcelona:Er bleibt

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Spektakuläre Wende im Transfertheater: Lionel Messi will seinen 2021 auslaufenden Vertrag in Barcelona nun doch erfüllen. Weil "die ganze Familie geweint hat" - und um einen Prozess zu vermeiden.

Von Javier Cáceres, Barcelona/Stuttgart

Mit dem wohl spektakulärsten Rückzieher der Fußballgeschichte hat Lionel Messi, 33, am Freitag die Spekulationen um seine Zukunft beendet. In einem vorab aufgezeichneten Video erklärte Messi, dass er seinen bis Juni 2021 laufenden Vertrag beim FC Barcelona nun doch erfüllen werde. Messi hatte am 25. August schriftlich angekündigt, den katalanischen Traditionsverein nach insgesamt 20 Jahren verlassen zu wollen. Es war der Auftakt zu zehn Tagen, die die Fußballwelt bewegten. Dem Vernehmen nach wollte er zu Manchester City wechseln, wo sein früherer Coach Pep Guardiola Trainer ist. "Ich bleibe", sagte Messi nun in einem Interview, das er am Freitag mit dem Portal Goal.com führte. Zuletzt war bereits spekuliert worden, dass Messi seine Pläne wieder stornieren würde.

Messi sagte nun, dass er schon lange Abschiedsgedanken mit sich herumgetragen habe. "Ich dachte, dass der Moment gekommen sei, um einen Schritt zur Seite zu machen. Ich dachte, dass der Klub jüngere, neue Leute braucht, und dass meine Zeit bei Barcelona vorbei sei. Mir tat das sehr leid. Ich hatte immer gesagt, dass ich meine Karriere hier beenden wollte", sagte Messi, der seit dem 2:8 gegen den FC Bayern in der Champions League Mitte August geschwiegen hatte. "Ich hatte danach keine Lust auf gar nichts", sagte er.

Diese Niederlage sei aber nicht ursächlich für die Abschiedsankündigung gewesen. Er attackierte die Vereinsführung Barcelonas frontal. Er habe immer gesagt, dass er "ein Siegerprojekt" wollte, "um die Legende Barcelonas mit Titeln zu vergrößern". Jedoch gebe es schon "seit einiger Zeit weder ein Projekt noch sonst etwas. Es wird bloß rumjongliert, es werden Löcher gestopft." Bis dann eben Dinge passieren wie das 2:8 gegen den späteren Champions-League-Sieger. Er sei auch deshalb entschlossen gewesen, zu gehen, um wieder um die Königsklasse kämpfen zu können. Peinliche Niederlagen wie gegen AS Rom, FC Liverpool und den FC Bayern sollten der Vergangenheit angehören.

Bei der Entscheidung pro Barcelona hätten nun auch familiäre Überlegungen hätten eine Rolle gespielt. "Als ich es meiner Frau und meinen Söhnen gesagt habe, war das ein Riesendrama. Die ganze Familie hat geweint, meine Söhne wollten Barcelona nicht verlassen und auch nicht die Schule wechseln", verriet Messi.

Hintergrund der Entscheidung ist allerdings wohl vor allem die große Rechtsunsicherheit rund um die Bedingungen des Abschieds, der sich nun vorerst zerschlagen hat. Messi berief sich zuletzt auf eine Klausel, die ihm erlaubt, den Verein ablösefrei zu verlassen - wenn er bei Barça eine entsprechende Absichtserklärung rechtsverbindlich hinterlegt.

Das Problem: Dem Wortlaut des Vertrags zufolge hätte er seinen Wechselwunsch bis zum 10. Juni vortragen müssen. Messi berief sich aber auf den Geist des Vertrages. Der besage, dass er die Bitte in einem bestimmten Zeitfenster nach dem Ende der Saison hätte vortragen müssen. Wegen der Corona-Krise hatte sich das Ende der Spielzeit bis in den August verschoben, er habe also fristgerecht gekündigt, so Messi. Um seine Position zu untermauern, hatte er seit Wochenbeginn das Training geschwänzt. Barcelona wiederum pochte darauf, dass das Zeitfenster längst geschlossen sei und deshalb die vertraglich festgeschriebene Ablösesumme von 700 Millionen Euro greife.

"Er ist der Klub meines Lebens", sagt Messi über den FC Barcelona

"Der Präsident sagte mir, dass der einzige Weg zu gehen über die Zahlung der 700-Millionen-Klausel führte. Und dass es eine andere Art gäbe: einen Prozess. Aber ich würde niemals gegen Barça vor Gericht ziehen, weil es der Klub ist, den ich liebe, und der mir alles gegeben hat, seit ich hier angekommen bin. Er ist der Klub meines Lebens", sagte Messi nun.

Die Gefahr eines Prozesses barg freilich auch das Risiko, dass Messi am Ende doch an Barça hätte zahlen müssen - als Strafe wegen Vertragsbruchs in möglicherweise dreistelliger Millionenhöhe, die am Ende in Form einer Ablöse vom Käufer hätte bezahlt werden müssen. Für potenziell interessierte Klubs wie Manchester City war das ein abschreckendes Szenario. Die Zeitung El País zitierte unlängst ein Mitglied der City-Führung dahingehend, dass man Messi nur verpflichten würde, wenn er garantiert ablösefrei sei. Das war bereits ein Hinweis darauf, dass Messi doch werde bleiben müssen. Ungeachtet dessen beharrte Messi auch am Freitag auf seiner Rechtsauffassung. Im Interview warf er Präsident Josep Maria Bartomeu vor, ihm übel mitgespielt zu haben. Bartomeu habe "immer gesagt, dass ich am Ende der Saison entscheiden könne, ob ich gehe oder bleibe". Als er ihm gesagt habe, dass er gehen wolle, habe Bartomeu ihn erst hingehalten: "Am Ende hat er sein Wort nicht gehalten", sagte Messi.

In den vergangenen Tagen hatten Quellen aus dem Klub bestätigt, dass Bartomeu dem Argentinier neuerlich eine Vertragsverlängerung bis 2023 angeboten habe. Messi hat bislang in 731 Pflichtspielen für Barça 633 Tore erzielt und mehr als dreißig Titel gewonnen. Er war sechs Mal Weltfußballer und an vier Champions-League-Triumphen beteiligt. Doch ob es zur Verlängerung kommt, ist offen. Außer Frage steht, dass Messi den Klub 2021 ablösefrei verlassen könnte. "Egal, ob ich gehe oder bleibe - meine Liebe zu Barça wird sich nie ändern", versicherte er.

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SZ vom 05.09.2020
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