Süddeutsche Zeitung

Los Angeles Lakers in der NBA:Von wegen Showtime

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LeBron James ist verletzt. Seine Kollegen bei den LA Lakers müssten einspringen - aber sie spielen nicht so, als könnten sie noch die Playoffs erreichen. Über einen berühmten Basketball-Verein, der das Siegen verlernt hat.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Vielleicht sollte man sich noch einmal den Rekordabend von LeBron James in Erinnerung rufen, um zu verstehen, was da jetzt los ist bei den Los Angeles Lakers. Natürlich war in der Arena in Downtown das Getöse enorm, als James vor drei Wochen diesen Korb erzielte, mit dem er Kareem-Abdul Jabbar als erfolgreichsten Punktesammler der NBA-Geschichte ablöste. Die LeBron-Lakers sind die Showtime-Lakers, und wenn einer Showtime liefert, jubilieren die Leute - wobei: Die meisten waren damit beschäftigt, mit dem Smartphone zu protokollieren, dass sie dabei gewesen sind. Ob sich jemand an Spielstand, Gegner oder Endergebnis erinnert - oder doch nur ans Dabeigewesensein?

Es lohnt bei so was ja immer, auf Aspekte am Rand zu achten; beim berühmten LeBron-Rekord-Foto zum Beispiel auf die eine Person, die ohne gezücktes Handy unter dem Korb hockt: Nike-Gründer Phil Knight, der den Moment offenbar mit eigenen Augen sehen mochte und nicht durch einen Handy-Bildschirm.

Noch ein paar Rand-Auffälligkeiten von diesem Spiel - das LA 130:133 gegen die Oklahoma City Thunder verlor, während James mit 38 390 Punkten zum NBA-Rekordscorer wurde - Auffälligkeiten, die jetzt auch sportlich bedeutsam werden: James' damaliger Kollege Russell Westbrook weigerte sich bei seiner Auswechslung Ende der ersten Halbzeit, das Spielfeld zu verlassen; in der Kabine lieferte er sich ein Brüllduell mit Trainer Darvin Ham. Im umjubelten Rekordmoment von James im dritten Viertel saß Mitspieler Anthony Davis auf der Ersatzbank - und blieb sitzen. Das Dabeisein hätte Westbrook und Davis egaler kaum sein können, denn: Was ist der individuelle Rekord eines anderen schon wert, wenn man als Team verliert und den Ansprüchen nicht genügt?

LeBron James droht kaum verschlüsselt mit einem Weggang von den Lakers

James, 38, selbst sagte nach dieser Partie: "Ich weiß, dass ich noch ein paar Jahre spielen kann. Wenn ich motiviert bin, kann ich jeder Gruppe von Leuten helfen, um den Titel zu spielen - oder jedem Klub." James ist bekannt dafür, Botschaften in Sätze wie diese zu verpacken, in diesem Fall war sie unmissverständlich: Ich möchte um die Meisterschaft spielen, und wenn das mit den Lakers nicht klappt, dann werde ich das halt woanders tun.

Das war kurz vor dem Ende der Frist für Spielertransfers, in welcher der Lakers-Manager Rob Pelinka tatsächlich umtriebig war. Es gelang ihm, den unzufriedenen Westbrook loszuwerden (an Stadtrivale LA Clippers) und dafür brauchbare Helfer wie D'Angelo Russell, Jarred Vanderbilt und Malik Beasley zu holen. Er schaffte freilich nicht den erhofften Mega-Deal, der James-Kumpel Kyrie Irving aus Brooklyn nach Los Angeles gelotst hätte. James war, wie er kundtat, "enttäuscht" darüber, dass Irving stattdessen nach Dallas ging. James sagte nach einem Comeback-Sieg am Wochenende gegen eben diese Dallas Mavericks aber auch: "Wir sind jetzt gut aufgestellt."

Heißt erst mal: Sie haben eine Chance auf die Playoff-Teilnahme. Was in der NBA aber noch keine große Sache ist. 15 Teams spielen in der Western Conference, zwei davon (die Houston Rockets und die San Antonio Spurs) bemühen sich derzeit um möglichst viele Niederlagen, um bei der Talentbörse im Juni so früh wie möglich wählen zu dürfen. Es bewerben sich also in Wahrheit 13 Teams um zehn Playoff-Plätze - sechs sind direkt qualifiziert, die anderen vier spielen in einer Vorrunde die verbliebenen zwei Plätze aus. Die ach so legendären Lakers liegen derzeit auf Platz zwölf.

James hatte einen einfachen Plan, um die Saison zu retten - aber genau jetzt ist er am Knöchel verletzt.

Andererseits liegen sie auch nur drei Siege hinter dem begehrten Platz sechs, und die Rechnung von James geht so: Die direkte Quali schaffen, dann die erste Runde gegen die unerfahrenen Sacramento Kings bestreiten (derzeit Platz drei) - und dann mal gucken. Gegen gesunde und eingespielte Lakers mit den Anführern LeBron James und Anthony Davis spielt keiner gern. Die Lakers müssten jetzt also gewinnen, und dafür müssten sie gesund bleiben. Doch ausgerechnet jetzt ist James am Knöchel verletzt, er verpasste deshalb die Partie am Dienstag gegen die Memphis Grizzlies (109:121).

Die stand stellvertretend dafür, was die Lakers ohne James sind: ein Team, in dem sich die Protagonisten nicht vertrauen und im entscheidenden Moment Fehler machen. Diesmal verdaddelte Davis kurz vor Ende den Ball, ehe er es per Alleingang noch einmal erfolglos versuchte. Der eigentliche Dirigent in dem Spiel, der Deutsche Dennis Schröder, wirkte irritiert, eine innige Debatte der beiden auf dem Spielfeld dokumentierte die Unzufriedenheit.

Ihren Disput beendeten sie schließlich mit seltsam gespielter Harmonie nach dem Motto: Okay, passiert, haben wir wohl verloren. James verfolgte die Szenen auf der Bank in zivil, er wirkte kolossal genervt. "Ich verstehe, dass er frustriert ist", sagte Lakers-Besitzerin Jeannie Buss. In Lakers-LA wissen sie: Individuelle Rekorde kann ihr Bester auch woanders erreichen - ihn treibt die Lust auf eine letzte Meisterschaft an. Und die ist derzeit weit entfernt, denn James fällt nun in der entscheidenden Saisonphase mindestens zwei Wochen aus.

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