Süddeutsche Zeitung

Joshua Kimmich:Hoffentlich wieder ein Vorbild

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Es war nicht immer verhältnismäßig, wie über den ungeimpften Bayern-Profi Joshua Kimmich berichtet wurde. Aber es ist gut, dass er nun seinen Fehler eingesteht.

Kommentar von Sebastian Fischer

Der Fußball sei ein Spiegelbild der Gesellschaft, heißt es oft, wenn die Bedeutung des Sports über ein Spiel hinaus beschrieben wird. Mal geht es dabei um die Nationalelf, mal um Fankurven oder Fair Play. Wahrscheinlich war das mit der Reflexion selten so zutreffend wie gerade: Am Beispiel des Fußballers Joshua Kimmich lassen sich symptomatisch die gesellschaftlichen Debatten in diesem Pandemie-Herbst nacherzählen. Nun, da der Nationalspieler erklärte, sich nach Zweifeln, Quarantänen und einer Infektion endlich impfen zu lassen, ist das immerhin wieder eine hoffnungsvolle Botschaft.

Kimmich, 26, stand als einer der wichtigsten Fußballer des Landes im Frühjahr 2020 zunächst für Hilfsbereitschaft. Er initiierte eine Spendenaktion unter dem Namen "We Kick Corona". Im Oktober 2021 war er dann aber Deutschlands bekanntester Ungeimpfter. Er hatte sich diese Rolle nicht ausgesucht, sein Status wurde der Bild-Zeitung verraten. Aber er erklärte sich öffentlich mit dem Verweis auf fehlende "Langzeitstudien" in einer Art und Weise, die deutlichen und kundigen Widerspruch unvermeidbar machte. Mit der ihm oft zugeschriebenen Vorbildrolle schien es dahin zu sein.

Wegen "Infiltrationen" in der Lunge fehlt Kimmich bis Jahresende

Als dann die Folgen der vierten Welle auch wegen der niedrigen Impfquote im Land immer deutlicher spürbar wurden, war Kimmich stets das naheliegende anschauliche Beispiel. Ungeimpfte müssen als Kontaktperson in Quarantäne? War bei ihm zweimal der Fall. Ungeimpfte bekommen in Quarantäne kein Gehalt mehr? Galt genauso bei seinem Arbeitgeber FC Bayern. Auch junge Menschen kann es ernsthaft treffen? Wegen "Infiltrationen" in der Lunge fehlt Kimmich mindestens bis Jahresende. Seine Kollegen müssen in insgesamt acht Spielen ohne ihn auskommen.

Es war nicht immer verhältnismäßig, wie über Kimmich berichtet wurde, darauf hat er im beinahe staatstragend inszenierten ZDF-Interview zu Recht hingewiesen. Wichtiger war, dass er es als Fehler bezeichnete, sich nicht früher impfen zu lassen. Ein Fußballer als Spiegelbild für einen Teil der Gesellschaft - man kann nur hoffen, dass es so sein wird.

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