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Fußball-WM:Irans letzte Versuche sitzen

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Beim 2:0 gegen Wales singen einige iranische Spieler die Hymne, im Stadion geht es wegen der politischen Lage emotional zu. Doch bis zum Höhepunkt dauert es 98 Minuten - dann herrscht grenzenloser Jubel Irans.

Die Hymne hatten Irans Fußballer dieses Mal mitgesungen, äußerst zögerlich und mit teils finsteren Mienen - der Jubel über die sportliche Erlösung wurde dann zur Eruption. Die Spieler drehten eine Ehrenrunde vor den feiernden Fans, schlugen sich mit der Hand auf die Brust, warfen ihren Trainer in die Luft. Das späte 2:0 (0:0) gegen Wales war mehr als ein ganz normaler Sieg in einem WM-Spiel.

Es gehe nun wieder um den Fußball, sagte Trainer Carlos Queiroz, baute aber gleich die Brücke zu den Anhängern. "Ich habe keine Worte für meine Spieler, sie sind unglaublich", sagte er, "diese Jungs lieben es, Fußball zu spielen, und sie haben für die Fans gespielt." Seit ihrer Anreise in Katar stehen die iranischen Spieler im Fokus, das Regime in der Heimat möchte sie gerne vereinnahmen, die Fans erwarten deutliche Zeichen der Kritik.

In diesem Spannungsfeld darf die Mannschaft nun weiter vom Achtelfinale träumen. Dafür sorgten Roozbeh Cheshmi (90.+8) und Ramin Rezaeian (90.+11) mit ihren Treffern in der Nachspielzeit. Der Iran hat nun sogar alles in der eigenen Hand, ein Sieg in der politisch aufgeladenen Partie gegen die USA reicht am Dienstag. "Wir brauchen unsere Fans hier und im Iran für diese positive Energie", sagte Torjäger Medhi Taremi, "wir müssen das Spiel gewinnen."

Wales braucht dagegen Schützenhilfe für den Einzug ins Achtelfinale, zudem ist im Battle of Britain gegen England zwingend der erste WM-Erfolg seit 64 Jahren nötig. Starspieler Gareth Bale stieg durch seinen 110. Einsatz zum Rekordspieler des Landes auf - konnte der Partie aber nicht seinen Stempel aufdrücken. Die Schlussphase absolvierte Wales nach einer Roten Karte gegen Torhüter Wayne Hennessey wegen groben Foulspiels (86.) in Unterzahl.

Anders als beim kollektiven Schweigen zum Auftakt gegen England (2:6) sangen die iranischen Spieler ihre Hymne diesmal mit. Von den Rängen gab es leichte Pfiffe, die sich aber schnell mit Jubel mischten, auch weinende Fans waren erneut zu sehen. Zudem wurden den Anhängern Freiheitsbotschaften von Ordnern abgenommen, erneut stand vieles im Zeichen der Regime-Kritik.

Die Queiroz-Elf wirkte von der schwierigen Situation aber keinesfalls gehemmt. Der Leverkusener Sardar Azmoun und Ali Gholizadeh kamen im Laufe des intensiven Spiels zu zahlreichen großen Chancen, vor 40.875 Zuschauern baute der Iran schon vor der Roten Karte gegen Hennessey immer größeren Druck auf.

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