Süddeutsche Zeitung

Hannovers Trainer Mirko Slomka:Fiffi, der Zweite

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In Hannover vergleichen sie Mirko Slomka schon mit Fiffi Kronsbein, dem Meistertrainer von 1954. Die 96-Klubführung will den erfolgreichen Coach langfristig an seinen Heimatverein binden. Doch der 45-Jährige ziert sich und kokettiert mit dem FC Bayern.

Jörg Marwedel, Hannover

Vor kaum zwei Wochen hat Mirko Slomka den 1000. Tag als Cheftrainer von Hannover 96 hinter sich gebracht. Es gab manche Eloge zu diesem Termin. Er sei "das Gesicht" des Aufschwungs, schrieb die ihm sehr zugewandte Bild- Zeitung. Tatsächlich hat die Verwandlung des Klubs vom Abstiegskandidaten zum Europa-League-Teilnehmer dafür gesorgt, dass nun das Geld in Hannover sprudelt.

Allein das erfolgreiche Mitwirken auf europäischer Bühne hat Hannover 96 in der vergangenen Saison 20 Millionen Euro beschert; um etwa die gleiche Summe ist der Transferwert der Mannschaft nach oben geklettert. Es gibt nicht wenige in Hannover, die Slomka schon auf einer Ebene mit Fiffi Kronsbein sehen, dem legendären Meistertrainer von 1954. Ein besseres Zeugnis wäre kaum möglich.

Natürlich möchte auch Klubchef Martin Kind den kostbaren Mitarbeiter weiter an den Verein binden. Kind und Sportdirektor Jörg Schmadtke haben dem 45 Jahre alten Trainer eine Verlängerung des Vertrags um drei Jahre bis 2016 angeboten. Doch Slomka zieht sich vorerst darauf zurück, dass sein Berater Harun Arslan "gute Gespräche" mit dem Klub führe und er damit rechne, bis Weihnachten zu einer Entscheidung gekommen zu sein.

Auf den ersten Blick erscheint das sonderbar, denn es gibt ja kaum Trainer, die einen erfolgreichen Klub in ihrer Heimatstadt betreuen dürfen und außerdem noch so von den Mitbürgern geschätzt werden wie der volksnahe Hannoveraner Slomka. Andererseits kämpfen in ihm selbst offenbar die Heimatliebe und der Karriere- gedanke miteinander.

Es ist jedenfalls auffällig, wie sehr der Coach, der ja einige prominente Freunde hat (vom Alt-Bundeskanzler Gerhard Schröder bis zum Unternehmer Carsten Maschmeyer) mit seinem guten Verhältnis zum Bayern-Boss Uli Hoeneß ("Wir haben eine sehr angenehme Ebene") hausieren geht. Von den Spekulationen, der Rekordmeister führe ihn im Kreise der Heynckes-Nachfolger, fühle er sich "geehrt", ließ Slomka wissen. Und als der Moderator des NDR- Sportclubs ihn kürzlich vor die Wahl stellte, er solle sich als Gastgeschenk zwischen der CD "Stern des Südens" (Hymne des FC Bayern) und einer von den "Toten Hosen" entscheiden, die mal das Lied "Ich würde nie zum FC Bayern gehen" komponierten, hat Slomka zwar laut gelacht. Dennoch war er froh, dass er in Wirklichkeit einen Tonträger mit dem "Niedersachsenlied" überreicht bekam.

Zwar hat Slomka sein Interesse an der Aufgabe beim FC Bayern nie öffentlich bekundet und es gibt, wie er selbst sagt, wohl auch kein Angebot. Gleichwohl, glaubt die Hannoversche Allgemeine Zeitung, werde das Thema vom Verkäufer Slomka selbst befeuert. Auch vor seiner Vertragsverlängerung Anfang 2011 hatten die internen Erörterungen so lange gedauert, dass Schmadtke mahnte, "das Ganze könne nicht bis zum Sankt Nimmerleinstag gehen". Zwischenzeitlich hatte der Trainer angeblich sogar die Freigabe für den VfL Wolfsburg gefordert und sich über die mangelnde Wertschätzung im Klub beklagt.

Womöglich sieht Slomka das immer noch so, obwohl Kind ihn zuletzt durchaus so gelobt hat wie jemanden, den man unbedingt behalten möchte. Er habe "Super-Arbeit" geleistet, sagte der Vereinschef. Slomka sei "unglaublich strukturiert", was aus dem Mund des nüchternen Realisten Kind einer Adelung gleichkommt. Und natürlich, so Kind, kenne Slomka "seinen Marktwert, was vollkommen legitim" sei. Kaum denkbar, dass die Einigung daran scheitert, dass der Klub nicht bereit ist, das bisherige Jahresgehalt (angeblich eine Million Euro) kräftig aufzustocken.

Für größere Bedenken sorgt dagegen nach wie vor Slomkas Beziehung zu Geschäftsführer Schmadtke. Es ist noch nicht lange her, dass Kind die beiden mal wieder zu mehr "konstruktiver Zusammenarbeit" aufgefordert hatte. Andererseits haben die beiden bewiesen, dass man auch Erfolg haben kann, wenn man von einer Freundschaft so weit entfernt ist wie zum Beispiel Uli Hoeneß und Jürgen Klinsmann.

Man befinde sich "in intensiven Gesprächen", erklärte Schmadtke am Mittwoch dem Sportsender Sky Sport News HD und ergänzte, "dass wir im Moment davon ausgehen, dass wir zu einem Abschluss kommen". Allerdings werde man die Verhandlungen "ganz in Ruhe führen".

Fest steht, dass Klubchef Kind seinen leitenden Mitarbeiter keinesfalls verlieren will, und auch die Interpretation, er wolle ihn wegloben ("Wenn Bayern München ihn haben will, würde ich ihm sogar empfehlen, dieses Angebot anzunehmen"), trifft wohl nicht zu. Eine Ausstiegsklausel in Slomkas neuem Vertrag schloss Kind "definitiv" aus. "Entweder man identifiziert sich mit einem Klub, oder man tut es nicht", sagte er.

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Quelle:
SZ vom 25.10.2012
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