Süddeutsche Zeitung

Golf: Ryder Cup:Unter der Käseglocke

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Der Ryder Cup gilt als prestigeträchtigstes Golfereignis der Welt - dass das Turnier 2018 nicht in Deutschland stattfindet, ist eine traurige Geschichte. Die Bewerbungsgesellschaft hat die deutsche Favoritenrolle leichtfertig verspielt.

Gerald Kleffmann

Dieser 17. Mai hätte ein historischer Tag für den deutschen Golfsport werden sollen. Noch nie wurde hierzulande der Ryder Cup ausgetragen, jener groß inszenierte Kampf zwischen den besten Golfern aus Europa und den USA.

"Ich habe dort gestandene Männer weinen und auf Tischen tanzen sehen", erzählte Altmeister Bernhard Langer gerne, wenn er um Zustimmung für die politisch und wirtschaftlich schwächelnde deutsche Bewerbung warb. Man darf annehmen, dass der Ryder Cup 2018 in Neuburg an der Donau funktioniert hätte. Und doch ist es gerechtfertigt, dass der Zuschlag nicht an Deutschland ging.

Die Bewerbungsgesellschaft RC Deutschland (RCD) muss sich ankreiden lassen, die deutsche Favoritenrolle verspielt und Politik, Wirtschaft sowie Öffentlichkeit - wie man plakativ sagt - nicht abgeholt zu haben.

Die Politik ließ sich trotz der Aussicht auf Steuereinnahmen in Millionenhöhe nicht zu Bürgschaften überreden, Thomas de Maizière kanzelte in seiner damaligen Funktion als Bundesinnenminister Golf als Randsportart ab, die Golfszene reagierte beleidigt. Ministerpräsident Horst Seehofer kämpfte erst für den Ryder-Cup-Standort Bayern, unterstützte diesen dann aber nicht weiter.

Die Wirtschaft hielt sich, bis auf einen Autobauer, ebenfalls zurück. Und nie war so etwas wie Euphorie zu spüren - außer in der Golflobby selbst, die viel zu lange unter ihrer Käseglocke verweilte und pikiert reagierte, wenn nicht jeder Nichtgolfer sofort Hurra beim Thema Ryder Cup rief. Die deutsche Golfwelt ist eben nach wie vor ein in sich geschlossener Zirkel - dabei will man genau diesen Eindruck des Elitären so dringend loswerden.

Als Deutschland um die Fußball-WM 2006 warb, war es insbesondere Franz Beckenbauer, der die Menschen mitnahm. So einer fehlt im deutschen Golf. Dabei dachten viele, Bernhard Langer könnte eine ähnliche Rolle einnehmen. Doch der 53-Jährige zeigte kaum Präsenz. Sein geschäftstüchtiger Bruder Erwin dafür umso mehr, allerdings eine, die der Bewerbung mehr schadete als half. Ob in Ministerien oder Firmenzentralen - hinter den Kulissen wurde immer wieder die fordernde, kompromisslose, ja ruppige Art des RCD-Geschäftsführers beklagt, die dazu führte, dass die Türen nicht auf-, sondern zugingen.

Dass der Ryder Cup 2018 in Frankreich ausgetragen wird, hat seine Gründe. Dass er nicht in Deutschland stattfindet, auch. Erwin Langer ist einer von ihnen, nur will das jetzt keiner öffentlich sagen. Unter der Käseglocke kann man einander allzu schnell wieder begegnen und brauchen.

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Quelle:
SZ vom 18.05.2011
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