Süddeutsche Zeitung

Streit im Golfsport:Geld und noch mehr Geld

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Mit einer neuen Tour will der Australier Greg Norman saudi-arabisches Geld in den Golfsport bringen. Auch Martin Kaymer soll starten - doch wie hoch wären die moralischen Kosten?

Von Felix Haselsteiner, München

Greg Norman wollte schon noch einmal betonen, dass er etwas tut, was vor ihm noch niemand getan hat: "Nennen Sie mir das letzte Mal, als jemand es geschafft hat, zwei Milliarden Dollar Investment in Golf hinzubekommen", sagte Norman vor einigen Tagen im Interview bei Sky Sports - und in der Tat hatte er in diesem Punkt recht: Wenn es nur um Geld geht, dann tut Greg Norman gerade viel Gutes für eine kleine Gruppe an Golfspielern, die sich dazu entschließen, ab dem Sommer an einer Turnierserie teilzunehmen, der er als CEO vorsteht. Nur geht es längst um weitaus mehr bei der Super Golf League: Es geht um die Aufspaltung eines Sports, um Saudi-Arabiens Sport-PR - und nicht zuletzt um Norman selbst.

Der Australier nimmt es derzeit mit der gesamten restlichen Golfwelt auf, allerdings nicht mit dem Schläger, wie einst: In den 1980er- und 1990er-Jahren zählte Norman zu den besten Spielern der Welt, insgesamt 331 Wochen lang führte er die Weltrangliste an, gewann insgesamt 86 Turniere und wurde später Mitglied in der Hall of Fame seines Sports. Nun aber hat "The Shark", so sein damaliger und heute wieder erstaunlich passender Spitzname, sich von den Institutionen abgewandt, die ihn einst groß gemacht haben: Die PGA Tour betrachtet er inzwischen als rückständiges Gebilde, Norman will nach eigener Aussage Golf nicht nur in den USA, sondern global vermarkten und so neue Märkte erschließen - und er will das alles mit Hilfe von sehr viel saudi-arabischem Geld tun.

"The Shark" war einst Normans Spitzname als Top-Golfer - heute passt er erstaunlicherweise immer noch

Zwei Milliarden Dollar aus dem Public Investment Fund des Landes stehen Norman und seiner Firma LIV Golf somit zur Verfügung, es ist der nächste finanzstarke Versuch Saudi-Arabiens das sogenannte Sportwashing voranzutreiben: Mit Investitionen in Sportvereine und Ligen soll das Image des Landes modernisiert werden. Mit Newcastle United übernahmen die Saudis bereits erfolgreich einen Premier-League-Klub, zuletzt wurde Lionel Messi offizieller Tourismusbotschafter und nun soll sich auch im Golfsport etwas bewegen. Es sind tatsächlich bislang ungekannte Summen, die mit dem Saudi-Geld an die Starter ausbezahlt werden können: Beim ersten Turnier im Centurion Golf Club in der Nähe Londons Anfang Juni bekommt der Sieger vier Millionen und der Letztplatzierte immerhin 120.000 Dollar. Da können nicht einmal die größten Turniere der PGA Tour mithalten.

Der Commissioner der sportlich bedeutendsten Liga im Golfsport, Jay Monahan, sitzt dennoch am längeren Hebel, zumindest vorerst: Wollen Spieler an einem Turnier von LIV teilnehmen, müssen sie eine Freigabe der PGA Tour erhalten - und die kommt mit einem hohen Preis. Wer wechselt, sei damit automatisch nicht mehr Mitglied der US-Tour, ließ Monahan verlauten und sorgte so dafür, dass die Spieler nun eine finale Entweder-Oder-Entscheidung treffen müssen.

Aus beiden Honigtöpfen werden sie sich jedenfalls nicht bedienen können. Monahan setzt darauf, dass er mit seinem ebenso finanzstarken Produkt PGA-Tour die moralische und sportliche Übermacht hat: Die bedeutendsten Turniere und die Majors liegen in seiner Hand, die Besten der Welt werden darauf kaum verzichten wollen - und die moralische Frage über den Wert der neuen Tour ist in den letzten Tagen noch einmal geklärt worden.

Ein Lob auf Saudi-Arabiens Golfsport - die 81 neulich exekutierten Männer in dem Land verdrängt er lieber

Norman nämlich hatte in besagtem Interview lang und breit seine schönsten Geschichten aus Saudi-Arabien erzählt, wo laut seiner Aussage inzwischen eine ganze Generation begeisterter junger Golfspielerinnen und -spieler heranwächst - dann aber hatte er sich ins Aus manövriert. "Schauen Sie, jeder von uns macht mal Fehler und wir alle bemühen uns darum, aus diesen Fehlern zu lernen und sie in Zukunft zu korrigieren", sagte Norman, als er auf den brutalen Mord der Saudi-Regierung am Journalisten Jamal Khashoggi angesprochen wurde. Als im März an einem Tag 81 Männer in Saudi-Arabien exekutiert wurden, habe er viele Nachrichten erhalten, aber entschieden "einfach weiterzumachen", denn er sei "niemand, der zurückblickt". Und auf die fehlenden LGBTQ-Rechte im Land seiner Hauptfinanziers angesprochen, sagte Norman nur, er sei sich nicht sicher, ob er überhaupt schwule Freunde habe.

Norman hat damit Klarheit geschaffen, was für eine Art Tour es ist, die er organisiert: Es geht um Geld - genauer gesagt, um noch mehr Geld als ohnehin schon im Golfsport. Wie viele der besten Spieler der Welt trotz Normans Aussagen nach England reisen werden, ist aktuell noch unklar. Zu den gesicherten Kandidaten zählen der Amerikaner Phil Mickelson, die Europäer Sergio Garcia und Lee Westwood - und auch Deutschlands bekanntester Golfspieler Martin Kaymer.

Man habe um eine Teilnahmeerlaubnis vonseiten der PGA Tour gebeten, teilte Kaymers Management der SZ mit, warte aber derzeit noch ab, wie die amerikanische Tour und auch die European Tour sich in den kommenden Tagen positionieren würden. Für Kaymer, der zuletzt keine permanente Spielberechtigung mehr in den USA hatte, wäre es die Chance auf eine Rückkehr in den weltweiten Fokus als eines der Aushängeschilder der neuen Tour, mit beeindruckenden finanziellen Aussichten. Genauso hoch wären allerdings die moralischen Kosten, die im Spiel mit Norman und Saudi-Arabien eine immer größere Rolle spielen.

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