Süddeutsche Zeitung

Fußball:Drittligaspiel nach rassistischem Vorfall abgebrochen

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Wegen rassistischer Beleidigungen von den Rängen ist das Drittligaspiel zwischen Duisburg und Osnabrück abgebrochen worden. "Das ist ein Tiefpunkt in unserer Vereinsgeschichte", sagt ein Duisburger Klubsprecher.

Trauriges Novum im deutschen Profifußball: Das Drittligaspiel zwischen dem MSV Duisburg und dem VfL Osnabrück ist am Sonntag in der 33. Minute von Schiedsrichter Nicolas Winter beim Stand von 0:0 aufgrund eines Rassismus-Vorfalls abgebrochen worden. Von den Rängen hatte es gegen Osnabrücks Aaron Opoku, der gerade eine Ecke ausführen wollte, offenbar Affenlaute gegeben. Der vermeintliche Täter wurde von umstehenden Zuschauern schnell identifiziert und vom Sicherheitspersonal aus dem Stadion gebracht.

"Es gab einen Eckstoß für den VfL Osnabrück und dann Affenlaute von der Tribüne", sagte der Unparteiische Winter beim TV-Sender MagentaSport. Das Schiedsrichtergespann habe direkt darauf reagiert, "ich habe gesehen, wie schockiert der Spieler gewesen war", sagte Winter. Man sei deshalb direkt in die Kabine, "um uns um den Spieler zu kümmern. Ich habe ihm gesagt, wir sind da, um ihn zu schützen". Man werde von Schiedsrichter-Seite einen Sonderbericht verfassen. Winter sagte zum Vorkommnis weiter: "Das ist in schwierigen Zeiten ganz dramatisch."

Über das weitere Vorgehen wird der Deutsche Fußball-Bund (DFB) entscheiden, dessen Regularien "bei diskriminierenden Vorfällen jeglicher Form" einen Drei-Stufen-Plan vorsehen. Ein Spielabbruch ist Stufe drei. Der Kontrollausschuss kündigte noch am Abend an, nach dem Abbruch Ermittlungen aufnehmen zu wollen. Das DFB-Sportgericht werde zu einem späteren Zeitpunkt über die Wertung des Spiels zu befinden haben.

Die Gästemannschaft sah sich aufgrund des Vorfalls nicht in der Verfassung, das Spiel fortzusetzen. "Der Junge ist fix und alle, die ganze Mannschaft ist fertig. Wir haben nur die Chance, um Entschuldigung zu bitten. Wir haben mehr als Verständnis dafür. Das ist ein Tiefpunkt in unserer Vereinsgeschichte", sagte MSV-Pressesprecher Martin Haltermann und fügte an: "Im Moment sind wir alle ziemlich sprachlos."

Auch ein Duisburger Spieler wurde möglicherweise rassistisch beleidigt

Bei MagentaSport ergänzte er: "Wenn man gerade die Szene in der Kabine erlebt hat, ist die Entscheidung nachzuvollziehen. Das ist hoffentlich die letzte Warnung für die letzten Hohlköpfe, die es immer noch nicht kapiert haben." Auch MSV-Präsident Ingo Wald sagte, er sei "entsetzt" über den Vorfall: "Das entspricht nicht unseren Werten, das entspricht nicht unserem Leitbild. Das ist grundsätzlich immer eine Minderheit, nur diese Minderheit stört und zerstört möglicherweise den Fußball."

Während sich die Mannschaften in der Kabine befanden, skandierten viele der Zuschauer "Nazis raus!" in der Arena. Die Stadionregie ließ den Antifaschismus-Song "Schrei nach Liebe" von der Band "Die Ärzte" spielen. Einige Fans quittierten die Entscheidung, das Spiel abzubrechen, mit Pfiffen.

"Es kann nicht sein, dass wir immer nur Parolen formulieren, dass wir Sprüche auf T-Shirts kleben. So etwas dürfen wir nicht akzeptieren. Aaron ist fertig und war nicht mehr in der Lage zu spielen", betonte auch VfL-Geschäftsführer Michael Welling. Der Klub wollte mit dem Verzicht auf ein Weiterspielen auch dokumentieren, "dass wir das nicht akzeptieren". Man sei sich mit den Duisburger Kollegen auch einig, dass man am liebsten ein Wiederholungsspiel austragen möchte, in dem man ein Zeichen gegen Rassismus setzen könne.

Laut Welling sei der MSV-Spieler Leroy Kwadwo ebenfalls rassistisch beleidigt worden - er war einer der Ersten gewesen, die Opoku am Ort des Geschehens unterstützt hatten.

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