Süddeutsche Zeitung

Fußball-Bundesliga:Wenn sich Schiedsrichter öffentlich streiten

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Von Johannes Aumüller, Frankfurt

Das deutsche Schiedsrichterwesen verkauft sich gerne als 19. Mannschaft der Bundesliga, doch die 19. Mannschaft hat kein besonders gutes Halbjahr hinter sich. Den Unparteiischen unterliefen mehr (spielentscheidende) Fehler als sonst - und entsprechend heftig fiel die Kritik aus. Ungewöhnlich war dabei, dass diese Kritik nicht nur von außen kam, von Medien und Vereinen, sondern auch von den Schiedsrichter-Bossen selbst. Im obligatorischen Winter-Trainingslager auf Mallorca sei es "etwas lauter" zugegangen, hieß es hinterher nur bedingt diplomatisch. Es gärt in der 19. Mannschaft - die Frage ist nur, wie sehr.

Am Donnerstag erklärte Herbert Fandel, Chef des Schiedsrichter-Ausschusses des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) sowie der Schiedsrichter-Kommission Elite, dass er sein Amt nach sechsjähriger Tätigkeit im Sommer abgeben möchte.

Persönliche Gründe seien entscheidend, teilte er mit. Manche Beobachter hingegen führen den Schritt auf die Lage im Schiedsrichterwesen zurück. Dessen Spitze ist etwas unübersichtlich organisiert. Da ist zunächst der Chef des Schiedsrichter-Ausschusses, aktuell also Fandel. Daneben gibt es beim DFB den Abteilungsleiter Lutz Michael Fröhlich. Schließlich redet Hellmut Krug als Vertreter der Deutschen Fußball-Liga (DFL) mit. Alle drei sind frühere Bundesliga-Referees, meist wurden sie als Einheit wahrgenommen.

Formal liegt die Hoheit des Schiedsrichterwesens beim DFB, aber vielen galt Liga-Mann Krug als wahrer Anführer. Hinter vorgehaltener Hand gab es selbst von manchen aktiven Schiedsrichtern Kritik an Fandel und Krug - wegen deren Führungsstils und wegen intransparenter Beförderungs- und Bewertungskriterien, was beide stets zurückwiesen. Nun ist die Rede davon, dass sich Fandel zuletzt von Krug abgegrenzt habe, die Bild schreibt von einem Machtkampf.

Die beiden Beteiligten widersprechen und beteuern, sie hätten "vertrauensvoll" zusammengearbeitet. Der zuständige DFB-Vize, Ronny Zimmermann, erklärt, es gebe "die eine oder andere unterschiedliche Sichtweise, aber überhaupt keinen grundsätzlichen Konflikt".

Allerdings laufen bereits seit fast zwei Monaten Gespräche über die künftige Aufstellung im Schiedsrichterwesen, inklusive personeller Neuausrichtung. Mancher in der Branche blickt auch kritisch darauf, dass Krug gerne mal vorprescht; jüngst etwa mit einem Interview zur Einführung eines Videobeweises.

Krug war früher schon einmal in einen Machtkampf unter Schiedsrichter-Funktionären verwickelt. Bis 2007 arbeitete er als Abteilungsleiter beim DFB, der Vorsitzende des Schiedsrichter-Ausschusses war damals Volker Roth. Krug wollte erreichen, dass dieser abgelöst wird, doch am Ende des Konfliktes verließ er selbst den Verband - und heuerte kurz darauf bei der DFL an.

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Quelle:
SZ vom 23.01.2016
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