Süddeutsche Zeitung

Champions League in Neapel:"Das gefährdet die ganze europäische Auswärtsfahr-Kultur"

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Der Schlagabtausch zwischen den italienischen Behörden und Eintracht Frankfurt geht in die nächste Runde: Nach dem Verbot der Ticketverkäufe an Fans aus Frankfurt will der Klub nun ein Zeichen setzen und auf sein Auswärtskontingent verzichten.

Von Thomas Hürner

Schon jetzt steht fest, dass sich die Fans von Eintracht Frankfurt noch lange an dieses Auswärtsspiel erinnern werden. Ganz egal, wie das Rückspiel im Champions-League-Achtelfinale bei der SSC Napoli ausgehen wird, ganz egal auch, ob sie am Mittwoch nun dabei sein dürfen oder nicht. Die Posse um das Stadion- beziehungsweise Reiseverbot der Eintracht-Anhänger geht nun in die nächste Runde - und es darf als unwahrscheinlich gelten, dass die Geschichte damit eine Ende nimmt.

Die neueste Volte: Nachdem die Präfektur Neapel am Sonntagabend verfügt hatte, dass keine Eintrittskarten an Menschen mit Wohnsitz in Frankfurt verkauft werden dürfen, wird die Eintracht nun auf das Auswärtskontingent an Tickets verzichten. Philipp Reschke, Vorstandsmitglied bei der SGE, sprach nach Bekanntwerden der Entscheidung von "behördlicher Willkür" und kündigte an, dass der Klub weitere Rechtsmittel einlegen werde.

"Der neue Erlass ist in Inhalt und Begründung nicht minder rechtswidrig und zudem auch völlig untauglich, weil zwei Drittel unserer Fans bekanntermaßen aus der Rhein-Main-Region und nicht aus Frankfurt kommen", wird Reschke in einem Kommuniqué der Eintracht zitiert: "In Anbetracht der Zeit geht es jetzt vor allem ums Prinzip und um die Zukunft." Das heißt: Der Verein möchte auf dem Klageweg nun eine Art Präzedenzfall schaffen, damit es nicht erneut zu derlei Ausschlüssen kommt, auch mit Blick auf Auswärtsreisen anderer europäischer Klubs.

Das Verhältnis zwischen den Verantwortlichen beider Klubs ist zerrüttet

Unabdingbar für dieses Vorhaben dürfte eine Positionierung des Europäischen Fußball-Kontinentalverbands sein. Doch die Uefa schweigt sich aus, seit die italienischen Sicherheitsbehörden in der vergangenen Woche ein Stadionverbot für Auswärtsfans verhängt hatten. Die 2700 Tickets, die dem Gastverein zustehen, durften nicht zum Verkauf angeboten werden - zu diesem Zeitpunkt noch unabhängig vom Wohnsitz der Anhänger. Der Beschluss war vom Verwaltungsgericht der Region Kampanien schließlich einkassiert und als "unverhältnismäßig" deklariert worden.

Die SSC Napoli brachte daraufhin die Besorgnis zum Ausdruck, dass es rund um das Spiel zu Ausschreitungen kommen könnte, was man bei der Eintracht wiederum so nicht stehen lassen wollte: Es sei vielmehr der italienische Staat, der seiner Ordnungs- und Schutzfunktion nicht nachkomme, hieß es aus Frankfurt. Dadurch werde nicht nur der Wettbewerb verzerrt, sondern auch Fußballfans unter Generalverdacht gestellt.

Am Sonntag nun also der Erlass, dass keine Tickets an Menschen mit Wohnsitz in Frankfurt verkauft werden dürfen. Ob die Präfektur Neapel damit die Sicherheit in der Stadt erhöht oder das exakte Gegenteil angestoßen hat, wird sich erst noch zeigen. Ein Mangel an Gästefans steht am Mittwoch jedenfalls nicht zu erwarten. Dem Vernehmen nach werden bereits stornierte Charterflüge wieder gebucht und circa 2000 Frankfurter Fans in Neapel erwartet, die aufgrund der kontroversen Vorgeschichte mit polizeilichen Repressalien rechnen müssen. Das ergibt eine explosive Mischung - und eine unklare Gefahrenlage bis mindestens Donnerstagmittag.

Vor dem Hinspiel vor drei Wochen hatte zwischen den beiden Klubs noch ein freundlicher Austausch geherrscht, unter anderem bei einem kleinen Galadinner mit den jeweiligen Vereinsverantwortlichen, wie das vor Champions-League-Abenden üblich ist. Darauf wird die Eintracht diesmal verzichten, aus Protest wird überdies nur eine kleine Delegation nach Neapel reisen. Die diplomatischen Mittel sind von Vereinsseite damit mehr oder weniger ausgeschöpft.

Was aus Sicht der Eintracht-Anhänger auf dem Spiel steht, ließ sich jedenfalls am Montag an einem Wortbeitrag eines Vorstandsmitglieds der Frankfurter Fanabteilung herauslesen: "Das gefährdet die ganze europäische Auswärtsfahr-Kultur, wenn es so einfach möglich ist, Gästefans auszuschließen. Letztlich geht damit die ganze Magie des Europapokals vor die Hunde", sagte Dario Minden.

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