Süddeutsche Zeitung

Formel 1 in Österreich:Rennen aus der Dose

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Die Formel 1 kehrt in die Alpenrepublik zurück - weil Brause-Milliardär Dietrich Mateschitz es so wollte. 250 Millionen Euro sollen in das Projekt Spielberg geflossen sein. Red-Bull-Konkurrent Mercedes kokettiert mit einer provokanten Werbeaktion.

Von Elmar Brümmer, Spielberg

Die Sache mit der Lustbarkeitsabgabe wird erst mal vertagt, nichts soll das schöne Fest stören. Es geht zwar um vier Millionen Euro, die sich die Gemeinde Spielberg vom Red-Bull-Konzern an Vergnügungssteuer für die Rennstrecke erwartet, aber was ist das schon angesichts der 80 000 Zuschauer, die zum Großen Preis von Österreich erwartet werden und vor allem dem Ruhm, den sich Region und Land dadurch in aller Welt versprechen.

Solche Erwartungen dienen anderswo als Argumente, um sich mit staatlichen Geldern das Formel-1-Spektakel zu sichern, auf zwischen 15 und 30 Millionen Euro sollen sich die Startgeldforderungen von Bernie Ecclestone belaufen. Weshalb die oberste Liga des Motorsports seit einiger Zeit im Mittleren und Fernen Osten expandiert und das Comeback eines Rennens in Mitteleuropa höchst ungewöhnlich ist. In der Steiermark sind öffentliche Subventionen nicht nötig, wie man auf einem Auto nahe dem Motodrom ablesen kann: "Danke, Dietrich Mateschitz", steht auf der Motorhaube und den Türen. Im Tal der Mur sprechen sie von der "Formel Didi".

Über fünf Milliarden verkaufte Dosen mit Energie-Drinks im Jahr ermöglichen Mateschitz, 70, solche Gaben. Die Formel 1 ist seit 20 Jahren seine Liebe, vor zehn Jahren übernahm er den maroden Jaguar-Rennstall. Kaufte das beste Material, verpflichtete die besten Techniker und bildete den besten Piloten aus - so bescherte ihm Sebastian Vettel vier WM-Titel in Serie. Die eigene Rennstrecke und jetzt ein Formel-1-Rennen in seiner Heimat - das ist die Krönung.

Geschätzte 250 Millionen Euro sollen in das Projekt Spielberg geflossen sein. Die Startschwierigkeiten, als der Ärger um Baugenehmigungen und der Umweltschutz den Plan eines gigantischen Abenteuer-Parks vor gut zehn Jahren stoppten, sind vergessen. In aller Stille wurde renaturiert und eine neue, für die Formel 1 allerdings etwas kurze Berg- und Talbahn gebaut. Dafür wurde das anfängliche Limit von 25 000 Zuschauern sukzessive aufgestockt. Es gibt einzelne Beschwerden dagegen, sie werden, na klar, später verhandelt. Der Vertrag mit Ecclestone läuft bis 2020, bis dahin soll auch die Verkehrs-Infrastruktur - über die 1000 Leihfahrräder hinaus - stehen.

Alles andere ist schon herausgeputzt. Ein paar Tausend Häuserfassaden in der Gegend wurden frisch gestrichen, Gartenzäune erneuert, Bäume gepflanzt. Die Arbeit leisteten die Besitzer selbst, die Materialkosten erstattete Mateschitz, der mit einem Vermögen von 6,5 Milliarden Euro als reichster Österreicher gilt. Ehrungen mag der Gönner nicht. Nur eine, vertraute er dem Regionalblatt Kleine Zeitung an, sei ihm wertvoll: der steirische Ehrenring. Denn: "Ich bin Patriot." Die Politik feiert das Engagement für die strukturschwache Region als "Mut-Injektion".

Seit der Mainzer Jochen Rindt 1970 mit österreichischer Lizenz posthum Weltmeister wurde, sieht sich das Land als Motorsport-Nation. Niki Lauda holte danach drei WM-Titel, Gerhard Berger zählte jahrelang zu den Spitzenfahrern. Doch der letzte Punktgewinn für Österreich reicht sieben Jahre zurück, seit 2010 gibt es gar keinen Piloten mehr. Allerdings werden drei Teams von Österreichern geführt, nur Red Bull Racing mit seinem Firmensitz in Milton Keynes hat einen britischen Frontmann. Als Gewährsmann ist dort immerhin auch der Ex-Rennfahrer und Mateschitz-Berater Helmut Marko installiert.

Und dann platzt da mitten in so viel Austria-Stolz die Werbekolonnne der Piefkes und verhöhnt die Gastgeber. "Heimspielberg" steht auf den meisten Plakatwänden in den umliegenden Ortschaften, dazu das Logo des Mercedes-Werksteams. Die Konzernangestellten achten auch darauf, möglichst nicht vom Red-Bull-Ring zu sprechen, sie sagen gern "Österreichring" oder "A1-Ring". So hieß die Piste früher mal. Denn wer will schon beim Beschreiben des eigenen erfolgreichen Tuns ständig den Namen des größten Konkurrenten in den Mund nehmen? Ohne Österreich geht es aber auch bei Mercedes nicht: Motorsportdirektor Toto Wolff stammt ebenso wie Team-Aufsichtsrat Niki Lauda aus Wien. Lauda verlor im Zuge der Ring-Umgestaltung die nach ihm benannte Kurve, die jetzt ein Sponsorenlogo trägt. Man weiß nicht so genau, ob dieser in der Ehre gekränkt ist oder nur damit kokettiert.

Helmut Marko will sich die Stimmung nicht versauen lassen, weder von Mercedes noch vom zickenden Dienstwagen Vettels. "Dieses Auf und Ab hier in der Landschaft, das hat etwas charakteristisch Persönliches", sagt er, "für mich bedeutet es eine Verbundenheit des ganzen Umlandes mit der Strecke." Die Boxengirls tragen Dirndl und schenken steirisches Kernöl aus, eine Blaskapelle marschiert über die Startaufstellung. Schnitzel werden in Form der Rennstrecke serviert. Die Kleine Zeitung fleht: "Lasset das Comeback beginnen!" Dietrich Mateschitz hat indessen vielleicht längst noch größere Pläne. Er gilt als ernsthafter Interessent für den Kauf des Formel-1-Aktienpaketes. Das wäre die ultimative Steigerung: mein Team. Mein Ring. Meine Formel.

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Quelle:
SZ vom 21.06.2014
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