Süddeutsche Zeitung

Formel-1-Auftakt in Melbourne:Rosberg "unglaublich schnell", Ricciardo disqualifiziert

Lesezeit: 3 min

Es ist der erwartet turbulente Auftakt: Mercedes-Pilot Nico Rosberg fährt beim Großen Preis von Australien unbeschwert zum Sieg, Lewis Hamilton und Sebastian Vettel scheiden aus. Red-Bull-Kollege Daniel Ricciardo wird Zweiter - und anschließend disqualifiziert.

Von Johannes Knuth

Auf der Einführungsrunde beschlichen Sebastian Vettel die ersten Zweifel. "Großer Druckverlust, keine Leistung", krächzte Vettel in den Funk, dann fragte er aufgeregt: "Ist das normal?" "Ja, ja", antwortete der Kommandostand, "alles gut."

Von wegen.

Man kann viel (oder auch wenig) halten von der neuen Formel 1, in der die Regelhüter so ziemlich alles formatiert und neu ausgespielt haben. Eines wurde jedenfalls gleich zum Saisonauftakt am Sonntag in Melbourne deutlich: Die neuen Motoren klingen zwar so kräftig wie ein Rasenmäher. Aber die Abwechslung, die sich viele erhofft hatten nach der Regentschaft des viermaligen Weltmeisters Sebastian Vettel, die Abwechslung ist zurück, mehr oder weniger freiwillig.

Der Sieger fuhr am Sonntag einen Mercedes und heißt Nico Rosberg. Zweiter wurde Daniel Ricciardo im recht flotten Red Bull - allerdings nur für ein paar Stunden, dann wurde der Australier disqualifiziert. Ricciardo hatte mehr als die erlaubten 100 Kilogramm Benzin pro Stunde verbraucht, noch so eine neue Regel. Der 21 Jahre alte Däne Kevin Magnussen (McLaren) rückte auf Platz zwei vor, Dritter wurde Teamkollege Jenson Button. Und beim Weltmeister lief gar nichts gut.

Schon in der Startphase passierte mehr als zuletzt in manchem Rennen. Rosberg schoss vom dritten auf den ersten Platz, Kamui Kobayashi mit seinem Caterham ins Kiesbett. Rosbergs Teamkollege Lewis Hamilton fiel zurück, hinter Rosberg, hinter Magnussen, dann auch hinter Nico Hülkenberg (der am Ende Siebter im Force India wurde). Hamiltons Crew wollte erst aufgeben ("Wir müssen den Motor schonen!"), sie ließen ihn noch ein paar Runden drehen, kurz darauf parkte der 29-Jährige dann doch in der Garage, ein Zylinder hatte Probleme bereitet.

Ach ja, wo war eigentlich Vettel?

Vettel fluchte weiter in den Funk. "Still not OK, still not OK", beschwerte er sich, "engine not running smoothly." Im Qualifying hatte der 26-Jährige nicht einmal den dritten Durchgang erreicht, er war Zwölfter geworden. Klar, die Vorbereitung war durchwachsen, aber Zwölfter? Beim Start flogen sie nun alle an ihm vorbei, die Saubers, Caterhams und Force Indias, wie Porsches an einem Lastwagen auf der Autobahn. Kurz darauf rollte Vettel in die Box, er parkte sein Auto vor den Mechanikern, als wolle er sagen: Macht was, irgendwas. Aber die Boxencrew schlich ratlos ums Auto herum. Kurz darauf war Vettels Rennen beendet.

Die Geschlagenen traten prompt vor die Mikrofone, jeder reagierte auf seine Weise. "Das ganze System hängt zusammen", sagte Vettel sichtlich genervt, "und wenn dann eine Komponente nicht funktioniert, in diesem Fall denke ich war es der Motor, dann läuft der Rest auch nicht rund." Er habe mit allen Mitteln versucht, das Auto wachzurütteln. "Aber es hat nicht funktioniert." Hamilton gab sich deutlich entspannter. "Besser jetzt als später in der Saison", sagte der 29-Jährige. Er weiß: Wir haben weit weniger Probleme als manch anderer.

Völlig unbeeindruckt von dem frühen Chaos: Nico Rosberg. Nach wenigen Runden hatte er den Zweiten Ricciardo bereits um sieben Sekunden abgehängt. Als er den Vorsprung dank einer Safety-Car-Phase verlor, zog er gleich wieder davon. Phasenweise nahm er Ricciardo eineinhalb Sekunden pro Runde ab, und wenn Ricciardo und der Rest das Tempo verschärften, dann setzte sich Rosberg halt nur um eine Sekunde ab.

Spritsparen? Energierückgewinnung aus Abgas-Wärme? Rosberg fuhr, als hätte er irgendwo einen zweiten und dritten Tank versteckt. "Wir haben ein Super-Auto, einen Super-Motor, alles easy", hatte er vor dem Rennen gesagt, später würde er anfügen: "Es ist unglaublich, wie schnell und zuverlässig wir waren". Auch wenn er damit das Schicksal seines Teamkollegen ausklammerte.

Die Abwesenheit der Branchenführer nutzten vor allem die jungen, teils neuen Fahrer. Der 19 Jahre alte Russe Daniil Kwjat wurde im Toro Rosso Zehnter, als jüngster Fahrer, der in der Formel 1 bisher jemals Punkte gesammelt hat. Diese Bestmarke hatte bis zuletzt ein gewisser Sebastian Vettel inne. Der Finne Valtteri Bottas (24) touchierte mit seinem Williams erst eine Mauer, fuhr dann aber noch auf Rang sechs. Und vorne bedrängte der junge Magnussen im McLaren lange Vettels Teamkollege Daniel Ricciardo. Am Ende verteidigte Riccardo Platz zwei - unter Vorbehalt. Den ebenfalls stark eingeschätzten Ferraris blieben nur die Plätze fünf (Alonso) und acht (Räikkönen).

Sebastian Vettel freute sich derweil über den Auftritt seines Teamkollegen, zumindest gab er sich alle Mühe, begeistert zu wirken. Motorenlieferant Renault wollte er nicht kritisieren, er sagte: "Wir sind ein Team, wir hängen da zusammen drin". Hoffnung auf eine schnelle Genesung hatte er offenbar nicht, Vettel sagte nur: "Mal schauen, wie viele Fahrer überhaupt ins Ziel kommen, wir sind ja nicht die einzigen, die stehen." Da lief das Rennen noch.

Von den Besten erreichten dann übrigens alle das Ziel.

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