Süddeutsche Zeitung

Ferrari in der Formel 1:Vettel verleiht Flügel

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Von Elmar Brümmer, Sepang

Sebastian Vettel begann seine Dankesrede auf Italienisch. Dabei werden die drei besten Fahrer nach jedem Rennen doch gebeten, zunächst in ihrer Muttersprache zu sprechen. "Bella macchina" - "grazie": Die Freude und die Erleichterung waren Sebastian Vettel nach dem Erfolg in Sepang deutlich anzuhören. Auch auf Deutsch, seiner Muttersprache, in die er nach dem kurzen Ausflug ins Italienische wechselte. "Ich bin unheimlich stolz", sagte Vettel. Gleich "mehrere Kindheitsträume" seien an diesem Sonntag in Erfüllung gegangen.

"Wir habbe se fäddisch gemacht!"

Sebastian Vettel hat sein Formel-1-Debüt bei BMW gegeben. Er gewann mit Toro Rosso. Und mit Red Bull gewann er vier WM-Titel. Wie außergewöhnlich Vettel diesen Sieg in Segang, seinen ersten mit Ferrari, aber empfand, demonstrierten viele Details. Jetzt, da er dem berühmten Pferd aus Maranello Flügel verliehen hat, erwähnte er vor der Weltöffentlichkeit erstmals seine Freundin und seine Tochter und bedankte sich bei beiden. Im vergangenen Jahr sei es mit ihm sicher nicht einfach gewesen. In diesem Jahr werde er wohl wieder erträglicher sein. Zum Ende seiner Ausführung wechselte Vettel dann noch in die Mundart seiner hessischen Heimat und brachte die Geschehnisse des Tages auf die einfache Formel: "Me hawwe se ferdisch gemachd!"

Der Aufwärtstrend bei der Scuderia, vor zwei Wochen mit einem dritten Platz zu Vettels Einstand begonnen, entpuppte sich in der Hitze als Leistungsexplosion. Erstmals seit zehn Rennen war die erste Startreihe nicht einheitlich in Mercedes-Silber lackiert gewesen, weil Vettel den SF 15-T bis auf die Kleinigkeit von 0,074 Sekunden an den Branchenführer Lewis Hamilton herangebracht hatte. Seit genau zwei Jahren war kein roter Rennwagen mehr in der vordersten Reihe aufgetaucht.

Die Radikalkur der letzten Monate scheint dem springenden Pferdchen aus Maranello bestens bekommen zu sein. Das Auto hat einen Schritt nach vorn gemacht, der Motor mehr als einen, aber der eigentliche Schrittmacher sitzt im Cockpit. Sebastian Vettel schlüpft an einem Rennwochenende wie dem in Malaysia in unterschiedliche Rollen. Mal der ehrgeizige Tüftler im Detail, dann wieder der Gute-Laune-Bär, schließlich der kühle Vollstrecker. Als wolle er Formel-1-Zampano Bernie Ecclestone beweisen, dass dessen jüngste Provokation ins Leere geht.

Der 84-Jährige hatte behauptet, dass Lewis Hamilton der "beste Weltmeister aller Zeiten" sei, weil der Brite die Königsklasse auch abseits der Rennstrecke perfekt repräsentiere. "Ich habe Sebastian immer gesagt, dass er es so wie Lewis machen soll. Aber manche Fahrer denken, ihr Job ist es, nur Rennen zu fahren. Es ist aber mehr als das." Bei Ferrari sind sie mit dem, was Vettel macht oder nicht macht, nicht erst seit Sonntag ganz zufrieden.

In der 24. Runde beispielsweise, als er zu Spitzenreiter Lewis Hamilton aufgeschlossen hatte, und wieder die Führung übernahm. Natürlich war das der unterschiedlichen Reifentaktik geschuldet, und wurde beim nächsten Boxenstopp wieder korrigiert - aber allein die Tatsache, mal wieder ganz vorn freie Fahrt zu haben, darf psychologisch nicht unterschätzt werden. Gibt doch jeder Führungskilometer Rennfahrer und Rennstall das Gefühl, sich auf dem richtigen Weg zu befinden. Und Favorit Mercedes bekam viel zu spät mit, dass die Italiener auf einer cleveren Zwei-Stopp-Strategie unterwegs waren - die nur ein exzellenter Fahrer erfolgreich nach Hause bringen kann. Die Erinnerungen an Michael Schumacher, jetzt sind sie greifbar.

"Der Ferrari-Motor geht wie eine Rakete", befand die Konkurrenz schon im Training. In der gestione sportiva zu Maranello haben sie offenbar zielsicher die richtigen Motorteile getauscht, die Software-Updates greifen und die Fahrzeugaerodynamik ist endlich wieder eines Ferrari würdig. So macht das rote Auto besonders auf der Geraden Zeit gut. Sebastian Vettel addiert seine neue Lust am Rennfahren dazu.

Zu der Qualifikationsrunde fiel Ferrari-Technikchef James Allison nur das Wörtchen "unglaublich" ein: "Da war jede Kurve am absoluten Limit. Man hat gesehen, wie das Auto getanzt hat." Im Rennen hat sich das multipliziert - zu einem Siegertänzchen. Zu dessen Ende richtete Vettel der staunenden Konkurrenz aus: "Der Glaube an das Gemeinsame steht bei uns momentan im Vordergrund. Die Stimmung ist sehr gut. Und sie wird immer noch besser."

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