Süddeutsche Zeitung

Titelkampf in der Bundesliga:Zwei Pole halten Bayern auf Kurs

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Auch wenn die Bayern in jedem Spiel unter Stress gesetzt werden: Wenn Weltfußballer Robert Lewandowski und Manuel Neuer fit bleiben, wird der Titel wohl wieder nach München gehen.

Kommentar von Klaus Hoeltzenbein

Am Samstag geht's nach Leverkusen, die nächste Quälerei. Es macht den FC Bayern, den Serienmeister, etwas irdischer, dass er gerade jedes Resultat auf der letzten Rille erzwingt. Am Mittwoch gegen Wolfsburg (2:1), zuvor bei Union Berlin (1:1), gegen Leipzig (3:3), in Stuttgart (3:1), gegen Bremen (1:1), in Dortmund (3:2) oder sogar in Köln (2:1) - gegen jeden hätte der FC Bayern weitere Punkte abgeben oder gar verlieren können, doch er tat es nicht. So ist die Konstellation vor dem Trip an den Rhein zu Bayer 04 spannend wie selten: Es wird ein kleines Endspiel, das letzte dieses an Endspielen reichen Jahres. Der Sieger darf sich Weihnachtsmeister nennen, bei einem Remis zöge an beiden vermutlich RB Leipzig im Heimspiel gegen Köln vorbei.

Nicht viel passiert, könnte man meinen. Aber kommt es in dieser Saison wirklich wieder so unwiderstehlich wie immer? Dass der FC Bayern nur mal kurz den Tannenbaum und auch sich selbst schüttelt, und schon Wochen später der Osterhase den nächsten Meistertitel bringt? Seit den Zeiten von Uli Hoeneß sind dies ja die zentralen Bundesliga-Wegmarken der Münchner: Der Weihnachtsmann sei nicht der Osterhase, hatte Hoeneß stets fachkundig behauptet, wenn die Bayern kurz vor Jahreswechsel in der Tabelle mal zurücklagen. Meist wurde der Turbo gezündet, sobald die Nadeln fielen. Und alle Übrigen standen nur noch brav Spalier.

Dieses Mal jedoch scheint etwas anders zu sein. Denn wenn die Dramaturgen der Liga ein bisschen Wettkampfglück haben, hat sich nicht nur die Tonlage geändert. "Jeder ist schlagbar", sagt Leverkusens Nadiem Amiri, 24, mit Blick auf den Samstag. Und Leipzigs immer noch erst 33 Jahre junger Trainer Julian Nagelsmann hält sogar einen Vortrag, ohne vom Vorwurf des galoppierenden Größenwahns ereilt zu werden. Sein Kernsatz: Man stehe jetzt oben, und man "habe den Fokus darauf, weiter voll anzugreifen - und das werden wir auch tun". Die Zeit der Leisetreter, deren größtes Ziel es war, gegen die Bayern Kräfte zu schonen und nur ja nicht zweistellig zu verlieren, ist durch all die jungen Wilden vorerst mal beendet.

Ob dies mehr als eine Momentaufnahme sein kann, ist nicht vorhersehbar. In jedem Spiel der Münchner gab es zuletzt Phasen, in denen sie, erschöpft von ihrer Champions-League-Sieger-Saison, unterzugehen drohten. In denen sie der Überfall- und Tempofußball einer mutig und frech gewordenen Gegnerschaft in immer neue Strapazen trieb. Doch bis zum Abpfiff kam es meist zu den altbekannten Szenen: Manuel Neuer brachte soeben noch eine Fingerspitze an den Ball, der frisch gekürte Weltfußballer Robert Lewandowski hielt vorne eine Fußspitze hin. Zwischen diesen beiden prominenten Polen kann sich der FC Bayern immer wieder regenerieren, so bleibt er tabellarisch auf Kurs. Beide, Torwart und Torjäger, scheinen nie zu ermüden, beide verletzten sich nicht.

So lange dies so bleibt, ist der Wiederholungsfall wahrscheinlicher als die große Revolte. Dass nämlich am Ende einer atmosphärisch gespenstischen, sportlich aber erstaunlich attraktiven Saison dann doch wieder dieselben den Osterhasen als Erste begrüßen.

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