Süddeutsche Zeitung

FC Bayern:Lewandowski erfüllt seinen Arbeitsvertrag

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Von Carsten Scheele, Eindhoven

Robert Lewandowski lacht neuerdings, wenn er eine Chance vergibt. Es ist ein entrücktes, beinahe ekstatisches Lachen. Als fände es der Pole selbst unglaublich, dass der Ball manchmal krumme Wege nimmt und gar nicht dort landet, wo er seiner Meinung nach hingehört. Denn wenn er den Ball berührt, fällt meist ein Tor.

So auch am Dienstagabend beim mühsamen, aber letztlich verdienten 2:1 (1:1) in der Champions League bei PSV Eindhoven. Beide Münchner Tore hatte Lewandowski erzielt, den Ausgleich per Elfmeter in der 34. Minute, später den Siegtreffer (74.). Darüber hinaus hatte er mehrfach Latte und Pfosten getroffen, einen weiteren Elfmeter versagt bekommen, kurzum: Allein durch Lewandowski hätte der Sieg im vierten Gruppenspiel bedeutend höher ausfallen können.

"Der kann das einfach", sagt Thomas Müller

Die Bayern stehen damit sicher im Achtelfinale, nur ob als Gruppenerster oder -zweiter ist noch fraglich. Und die Großkopferten im Verein werden sich nicht zum ersten Mal in dieser Saison gedacht haben: Wie gut, dass wir den Polen haben. In Eindhoven hat Lewandowski den Münchnern ein kompliziertes Spiel gerettet, sein Vertrag soll in naher Zukunft bis 2021 verlängert werden, es wirkt, als warte der Verein nur auf den passenden Moment für die frohe Botschaft. Lewandowski und die Tore, "der kann das einfach", lobte sein (in diesem Spiel glückloser) Sturmkollege Thomas Müller. Mit dem augenzwinkernden Zusatz: "Aber es gehört ja auch zu seiner Arbeitsbeschreibung, dass er viele Tore macht."

So salopp das klingt, es ist ein gehöriger Luxus, den die Bayern in Person von Lewandowski derzeit haben. Denn ohne den Stürmer - wer weiß, wie die Partie ausgegangen wäre? Es war so ein Spiel, das anfangs nicht so recht lief, in einem kleinen Stadion mit gerade 35 000 Zuschauern, so viel stimmungsvoller als manche Riesenarena in den großen Städten Europas. Und das Publikum merkte, dass die Bayern wackelten. Wie so oft zuletzt hatten sie sich auskontern lassen, diesmal nach einem eigenen Eckball, über Bart Ramselaar (den Alaba gewähren ließ) und Davy Pröpper (der Hummels entwischte) war der Ball zu Santiago Arias geraten, der aus dem Abseits einköpfte (14.). Zum Entsetzen der Bayern zählte der Treffer.

Der Gegner führt und zieht sich weit zurück, das Stadion tanzt und brüllt. Ohne einen treffsicheren Stürmer kann so ein Spiel auch leicht schiefgehen. Doch die Bayern haben ja Lewandowski. Beim Handelfmeter (Müller überließ ihm artig den Ball) verlud er kühl Torwart Remko Pasveer, danach vergaben Lewandowski, aber auch Arturo Vidal und Müller etliche gute Gelegenheiten. Neun zu zwei Torschüsse zählten die Statistiker am Ende. Man könne mit dem Spiel "nicht zu hundert Prozent zufrieden sein", sagte Müller deshalb. Aus einfachem Grund: Die Bayern hatten zu wenige Tore erzielt.

Robben kommt nicht dazu, sein Können zu zeigen

Einer hatte sogar richtig schlechte Laune: Arjen Robben, der Niederländer, der zwei Jahre für PSV gespielt und sich so viel von diesem Abend in seinem alten Stadion versprochen hatte. Daraus wurde nichts, denn Robben gelang - stets flankiert von mindestens zwei Gegenspielern - kaum etwas. Das sah auch Trainer Carlo Ancelotti, der Robben nach einer guten Stunde vom Feld nahm.

Der stapfte missmutig vom Feld, er habe sich "ein bisschen geärgert", sagte Robben später an den TV-Mikrofonen. Über das Spiel, über seine frühe Auswechslung. "Der Trainer denkt natürlich anders, er denkt an meine Gesundheit", versuchte Robben noch, Verständnis aufzubringen. Angeschlagen gewesen sei er aber nicht. Dass sich alle Zuschauer bei seiner Auswechslung von ihren Sitzen erhoben und ihrem früheren Spieler freundlichst applaudierten, konnte Robben gar nicht richtig genießen.

So war Robben schon draußen, als Lewandowski wie selbstverständlich die Partie entschied. Ancelotti hatte zweimal gewechselt, Kingsley Coman und Douglas Costa waren in die Partie gekommen, sie sollten das Spiel noch einmal weiter auf die Flügel zu verlagern. Also flankte Coman, Costa pflückte die Flanke aus der Luft, steckte durch zu Lewandowski - und der tat, was er am besten kann. Die Bayern jubelten erleichtert, denn es war relativ klar, dass PSV in der Schlussviertelstunde nicht noch einmal zurückkommen würde.

Vier Minuten vor Schluss hätte Lewandowski sogar auf 3:1 stellen können, doch der Ball landete an der Latte. Da lachte Lewandowski, entrückt, aber definitiv versöhnt mit dem Fußballabend.

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