Süddeutsche Zeitung

Joshua Zirkzee:Er trifft mit fast jedem Ballkontakt

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Von Martin Schneider, München

Vielleicht lässt sich der emotionale Wahnsinn dieser Woche rund um Joshua Zirkzee am besten in einer Zahlenreihe zusammenfassen. Zirkzee ist 18 Jahre und sieben Monate alt, er hat in dieser Woche gegen Freiburg und Wolfsburg in zwei Spielen seine ersten 13 Minuten in der Fußball-Bundesliga gespielt, dabei zwei siegbringende Tore mit seinem jeweils ersten Ballkontakt geschossen und dem FC Bayern damit insgesamt vier Punkte gerettet.

Er hat einen Vertrag bis 2023, ist 1,93 Meter groß und sagte nach dem Spiel gegen Wolfsburg exakt null Sätze. Aus Fürsorgegründen, der FC Bayern wollte die Aufregung um ihn nicht noch größer werden lassen als sie schon ist. Trainer Hansi Flick berichtete aber, dass Zirkzee mit einem Dauergrinsen in der Kabine sitzen würde.

Sollte diese Saison für den FC Bayern ein gutes Ende nehmen, dann werden sie sich an diese Woche des Joshua Zirkzee erinnern. Gegen Freiburg drückte er den Ball zum 2:1 in der Nachspielzeit über die Linie, gegen Wolfsburg setzte er sich vor dem entscheidenden Schuss zum 1:0 gegen Gnabry durch, was Joshua Kimmich und Manuel Neuer nach dem Spiel anerkennend beschrieben: "Er nimmt Serge fast schon den Ball weg", sagte Kimmich. Thomas Müller, der quergelegt hatte, hatte eigentlich auch Gnabry anspielen wollen. "Serge hatte gerufen, aber die beiden sehen sich halt auch sehr ähnlich", scherzte Müller.

Zirkzee reist mit den Bayern ins Trainingslager nach Katar

Zirkzee ist seit August 2017 bei den Bayern. Bei der Verpflichtung ließ sich der möglicherweise allwissende Hermann Gerland mit dem Satz zitieren, der Neue habe "einen guten Abschluss". Ein Geheimtipp war Zirkzee damals eher nicht, er kickte in der Jugend von Feyenoord Rotterdam, war niederländischer Junioren-Nationalspieler, und die Kombination aus "hochgewachsen" und "schnell" ist bei Stürmern ohnehin ebenso selten wie begehrt. Zirkzee spielte auch in England vor, entschied sich aber für den Wechsel nach München.

Es kommt dem FC Bayern nicht nur wegen der gewonnenen vier Punkte gelegen, dass Zirkzee gerade mit fast jedem Ballkontakt trifft. Erstens endet die quälende Zeit von fünf Monaten, in denen beim FC Bayern nach Roy Makaay, Mark van Bommel, Louis van Gaal und Arjen Robben mal kein Niederländer eine Rolle spielte; und zweitens ist Zirkzee ein wichtiges Zeichen dafür, dass der mit Millionen Euro aufgerüstete "Bayern Campus", wie die Jugendabteilung seit geraumer Zeit heißt, vielleicht doch Spieler mit Potenzial für die erste Mannschaft hervorbringen kann.

Bald reist Zirkzee zusammen mit anderen U23-Spielern mit ins Trainingslager nach Katar, wo er sich als Backup für Robert Lewandowski empfehlen kann (der nach dem Wolfsburg-Spiel an der Leiste operiert wurde und etwa zwei Wochen ausfällt). In Katar konkurriert Zirkzee mit Fiete Arp um diese Position, Arp ist 19 und seit seinem Wechsel nach München oft verletzt. Der Hamburger wird ihm sagen können, wie schnell ein Hype um einen jungen Stürmer wieder vorbei sein kann.

Vielleicht spricht Zirkzee aber lieber mit Alphonso Davies. Der könnte ihm sagen, dass man unter Hansi Flick als junger Spieler beim FC Bayern auch eine echte Chance haben kann.

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Quelle:
SZ vom 23.12.2019
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