Süddeutsche Zeitung

FC Bayern im Supercup:Lewandowski zürnt und schweigt

Lesezeit: 3 min

Von Matthias Schmid, Frankfurt

Der Mann, über den alle sprachen, behielt lieber für sich, was er dachte. Dabei hätte auch Thomas Müller zu gern von Robert Lewandowski erfahren, welche Gedanken dem Stürmer des FC Bayern nach dem 5:0 im Supercup gegen Eintracht Frankfurt im Kopf herumschwirrten. "Aber wenn er in jedem Spiel drei Tore macht, kann er sich ruhig so fühlen wie heute", sagte Müller in der ihm typischen schelmischen Art. Lewandowski selbst schwieg, er hatte Tore statt Worte sprechen lassen: Mit drei Treffern bescherte er den Bayern einen gelungenen und ereignisreichen Auftakt in die neue Spielzeit.

Dass die Münchner den ersten Titel der Saison gewonnen hatten, interessierte aber kaum jemanden am Sonntagabend, die Themen waren der Gemütszustand von Lewandowski und der Gesundheitszustand von David Alaba, der die Partie vorzeitig beenden musste, humpelnd und traurig, nachdem sich der österreichische Außenverteidiger am Knie verletzt hatte. Am Montag wurden eine schwere Prellung diagnostiziert, aber nicht der befürchtete Kreuzbandriss. Wie lange Alaba ausfällt, ist noch unklar.

Auch Lewandowski hatte sich wehgetan, nachdem die linke Hand von Frankfurts Kapitän David Abraham im Gesicht des Polen gelandet war. Nach dem Spiel noch, als Lewandowski und seine Mitspieler auf die Pokalübergabe warteten, musste er seinen Mund mit Eiswürfeln kühlen. "Abraham ist ein feiner Kerl", erklärte Bayern-Sportdirektor Hasan Salihamidzic zunächst freundlich, um ihn dann mit deutlichen Worten zu verurteilen: "In dieser Szene aber hat er sich nicht richtig verhalten und Robert sich zu Recht aufgeregt."

"Ich habe ihm gewünscht, dass er heute explodiert"

Javi Martínez musste richtig zupacken, um zu verhindern, dass Lewandowski kurz vor seiner Auswechslung in der 72. Minute zornig auf Abraham losging, der Eintracht-Spieler hatte ihn schon das ganze Spiel über mit kleinen Rempeleien und Provokationen in die Resignation treiben wollen. Aber Lewandowski zeigte, dass er ein "Vollprofi" ist, wie Salihamidzic es ausdrückte. Nach einer präzisen Flanke von Joshua Kimmich hatte der 29-Jährige per Kopf die 1:0-Führung erzielt, mit einem sehenswerten Aufsetzer ins lange Eck.

Es war der Auftakt einer Lewandowski-Schau, bei der jeder seine Stärken sehen konnte, es waren keine Tore fürs Schaufenster, eher sehr pragmatische Treffer. Er traf mit einem weiteren Kopfball zum 2:0 (26.) und nach der Pause mit links zum 3:0 (54.). "Es war genau die richtige Reaktion", schwärmte Salihamidzic: "Ich habe ihm gewünscht, dass er heute explodiert. Es war die richtige Antwort auf alles." Auf die verstörende WM, als Lewandowski mit den Polen in der Vorrunde ohne Treffer ausschied, auch auf die anschließenden Wechselgerüchte. Salihamidzic schloss mit den Worten: "Für mich ist er einer der besten Stürmer, wenn nicht sogar der beste Stürmer der Welt."

Und der beste Stürmer der Welt muss nach dem Selbstverständnis der Bayern-Führungsmannschaft natürlich in München spielen. Deshalb hatte Klubchef Karl-Heinz Rummenigge überhaupt keinen Gedanken daran verschwendet, den Stürmer in diesem Sommer abzugeben. Ob dieser tatsächlich darüber nachdachte, den FC Bayern zu verlassen, darüber hätte man sich gerne mit Lewandowski unterhalten. Die wahre Antwort kennt als einer von wenigen wohl nur Cheftrainer Niko Kovac, der mit dem Stürmer während und nach der Weltmeisterschaft gesprochen und ihn überzeugt hatte, dass München weiterhin eine feine Adresse im europäischen Fußball ist.

An den verbalen Sträußen für Lewandowski wollte sich Kovac nicht groß beteiligen. "Über ihn muss man nicht so viele Worte verlieren", sagte der Trainer zunächst in der Pressekonferenz, um dann doch bewundernde Worte für ihn zu finden: "Robert ist ein Weltklassetyp, es ist nicht einfach, drei Tore in 70 Minuten zu schießen."

Seinen eigenen Anteil am erkennbaren Form- und Stimmungsaufschwung Lewandowskis redete Kovac klein. Er sei ein Topstürmer, der das allein mache, "da muss ich gar nicht so viel dazu beitragen". Es ist diese zurückhaltende, unaufgeregte, aber zugleich bestimmte Art, die Salihamidzic an seinem neuen Trainer so imponiert. "Es macht Spaß, mit Niko und seinem Trainerteam zu arbeiten", bekannte der Sportdirektor. Was er nach dem Spiel mit Lewandowski zu bereden hatte, wollte Salihamidzic aber nicht verraten. Wild gestikulierend hatte er auf den Polen eingeredet, es war aber ein Monolog, denn auch in dieser Szene sagte Lewandowski: nichts.

Der redselige Thomas Müller hatte sich mit dem schweigenden Kollegen längst arrangiert. Ihm ist wichtiger, dass Lewandowski auf dem Rasen 100 Prozent da ist: "Denn dann ist Robert ein enorm wichtiger Baustein für uns."

Lewandowski tauchte dann doch noch in den Katakomben auf, aber nicht zum Reden, sondern nur, um dem Frankfurter Carlos Salcedo sein Trikot in die Hand zu drücken. Schweigend natürlich.

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