Süddeutsche Zeitung

Europa League:"Das war wirklich sehr dürftig"

Lesezeit: 3 min

Von Ulrich Hartmann, Dortmund

So richtig mag sich bei Borussia Dortmund niemand ausmalen, dass man gegen Salzburg aus der Europa League ausscheidet. Schließlich verfügt der BVB mit seinem Trainer Peter Stöger über einen intimen Kenner des österreichischen Fußballs, er müsste sein Insiderwissen doch klug einzusetzen wissen. Aber wer Stögers Provenienz für einen Dortmunder Wettbewerbsvorteil hielt, glaubt auch, dass Ärzte nie krank werden und dass Dortmund eine Oase der Authentizität im sonst durchkommerzialisierten Fußball ist. Und apropos Insiderwissen: Das besitzen die Salzburger durch ihren deutschen Trainer Marco Rose natürlich auch - vielleicht ja deshalb haben sie das Achtelfinal-Hinspiel am Donnerstagabend mit 2:1 (0:0) gewonnen und können im Rückspiel am nächsten Donnerstag erstmals ins Viertelfinale der Europa League einziehen.

"Wir haben verdient verloren", gestand später kleinlaut der BVB-Kapitän Marcel Schmelzer, "unsere Pässe in die Schnittstellen kamen nicht an, außerdem haben wir die Salzburger immer mutiger werden lassen, das darf nicht passieren." Salzburgs Trainer Rose bemerkte ergänzend: "Wir haben mutig und gut gespielt und Dortmund klug von unserem Tor ferngehalten." Man war sich einig.

Salzburg spielt flexibel, Dortmund ideenlos

Ganz schön verwirrend kann ansonsten so ein Europacupspiel sein, was schon damit losging, dass die Salzburger nicht das 4-4-2 spielten, das sie fürs offizielle Line-Up angegeben hatten. Sie spielten ein 5-3-2, um es den ballerpichten Dortmundern schwer zu machen beim Zugang zum Strafraum. Aber auch die nominellen Umstände sind irritierend, weil die eigentlich 'Redbull' benannten Salzburger in Uefa-Wettbewerben so nicht heißen dürfen und deshalb als FC Salzburg firmieren. Der Signal-Iduna-Park in Dortmund heißt bei Europa-League-Spielen allerdings auch bloß BVB-Stadion.

Sei's drum - am Fußball hat das alles nichts geändert. Die Gäste spielten flexiblen Umschaltfußball und wagten anders als die ideenlosen Dortmunder, den Ball nicht immer möglichst schnell wieder loszuwerden, sondern auch mal zu halten, ein bisschen zu dribbeln, ein bisschen zu tricksen. Fünf Minuten vor Ablauf einer ausgeglichenen ersten Halbzeit erspielten sie sich die beste Chance, als Hee-Chan Hwang am Torwart Roman Bürki scheiterte und im Nachsetzen Munas Dabbur per Kopfball an Marcel Schmelzer kurz vor der Torlinie. Mit dem Halbzeitpfiff donnerte Hwang den Ball auch noch an den Pfosten.

Es war gut zu erkennen, warum Salzburg seit 31 Pflichtspielen ungeschlagen ist, es hat unter Rose nur eines von 43 Pflichtspielen verloren, bei Sturm Graz. In der Champions-League-Qualifikation waren die Österreicher durch zwei Remis am kroatischen Klub Rijeka gescheitert, in der Europa-League-Gruppe blieben sie gegen Guimarães, Marseille und Konyaspor unbesiegt, in der Zwischenrunde schalteten die San Sebastián aus. Stöger hatte mit dem BVB zuvor nur eines von 13 Pflichtspielen verloren, Ende Dezember im Pokal beim FC Bayern. Nun also das zweite.

Rose, 41, der in der vergangenen Saison als Trainer mit Salzburgs A-Jugend mit abschließenden Siegen gegen Atlético Madrid, den FC Barcelona und Benfica Lissabon die Youth League gewann, hat mit Dortmunds Angreifer André Schürrle, 27, einst in Mainz zusammengespielt - unter dem Trainer Thomas Tuchel.

In Roses Startelf hatten am Donnerstag zwei Spieler Bundesliga-Erfahrung - Torwart Alexander Walke (Freiburg, Rostock) und Innenverteidiger André Ramalho (Leverkusen, Mainz) -, aber an ihnen lag es nicht, dass die Salzburger dem BVB so prächtig Widerstand leisteten. Sie spielten sehr prägnant und nutzten mehr virtuos als grob kämpferisch den Vorteil des Pressens und Konterns.

Es bedurfte in der 48. Minute trotzdem einer Dummheit des Dortmunder Innenverteidigers Ömer Toprak, um die Salzburger in Führung zu bringen. Knapp außerhalb des Strafraums versuchte er Hwang durch Halten zu stoppen, doch der Südkoreaner fiel clever in den Strafraum hinein und erhielt dafür einen Elfmeter, den Valon Berisha in der 49. Minute verwandelte. Nur sieben Minuten später erhöhte Berisha auf 2:0, diesmal mit einem veritablen Hammer unter die Latte.

Als gelungener Schachzug beim BVB erwies sich die Hereinnahme von Pulisic für Mario Götze (61.), denn eine Minute später bereitete Pulisic das 1:2 durch Schürrle vor. Mehr gelang den ohne Mumm spielenden Dortmundern allerdings nicht. "Viel zu viel Leerlauf", hat der enttäuschte Trainer Stöger in seinem Team gesehen, "das war wirklich sehr dürftig - ausgeschieden sind wir noch lange nicht. Aber wir müssen uns natürlich ganz anders präsentieren." Dennoch ist er überzeugt: "Wir haben die Qualität, in Salzburg zu gewinnen."

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Quelle:
SZ vom 09.03.2018
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