Süddeutsche Zeitung

Erster Weltrekord bei Olympia:Schwer Sehbehinderter trifft am besten

Lesezeit: 6 min

Südkoreaner Im Dong-Hyun gelingt in der Vorrunde des Bogenschießens trotz einer erheblichen Augenschwäche der erste Weltrekord der Spiele, die Eröffnungsfeier soll nun doch ausverkauft sein, Radsportler Tony Martin stürzt im Training und der deutsche Ruder-Trainer Holtmeyer kritisiert den Weltverband scharf.

in Kürze

Bogenschießen, Weltrekord: Die olympischen Wettbewerbe im Bogenschießen sind mit einem Weltrekord gestartet. Der Südkoreaner Im Dong-Hyun schaffte am Freitag in der Platzierungsrunde im Lord's Cricket Ground 699 von 720 möglichen Ringen. Der Südkoreaner, der auf dem linken Auge nur zehn und rechts 20 Prozent Sehkraft besitzt, sorgte im Team-Wettbewerb für eine weitere Bestmarke. Zusammen mit seinen Kollegen Kim Bub-min und Oh Jin-hyek schraubte er den Weltrekord um 18 Ringe auf 2.087.

Kim Bub-min blieb im Einzel mit 698 Ringen ebenso über der alten Bestmarke (696) von Im, die dieser erst im Mai dieses Jahres in Antalya aufgestellt hatte. Deutschlands einziger Starter bei den Männern, Camilo Mayr aus Welzheim, kam mit 653 Punkten auf Rang 52 und muss in der am Montag beginnenden K.o.-Runde gegen den Chinesen Yu Xing (673 Ringe) antreten. "Ich kam gut und befreit in den Wettkampf, am Ende stieg die Spannung und ich muss zugeben, ich war nervöser als sonst. Doch ich bin noch jung, meine Zeit kommt noch", sagte der 21 Jahre alte Olympia-Debütant Mayr.

Tennis, Roger Federer: Der Schweizer Tennisspieler Roger Federer verzichtet bei den Olympischen Spielen auf die Gesellschaft der übrigen Sportler und zieht nicht im Olympischen Dorf ein. Der Grund: Federer ist mittlerweile so berühmt, dass er von anderen Athleten oft angesprochen wird. Für seinen Geschmack wohl zu oft. "Die Zeiten haben sich geändert. Wenn ich im Dorf unterwegs bin, sind die Dinge nicht mehr so einfach, wie sie einmal waren", sagte Federer vor dem Start der Tennis-Wettbewerbe an diesem Samstag. Er hat das selbe Haus gemietet wie vor seinem siebten Wimbledon-Triumph vor drei Wochen. Auch 2008 in Pekin hat er bereits ein Hotel vorgezogen. Davor wohnte er im Olympischen Dorf, 2000 in Sydney lernte er dort Mirka, seine heutige Frau, kennen.

Boxen: Stefan Härtel muss in London als erster deutscher Boxer in den Ring. Der Berliner Mittelgewichtler (bis 75 kg) trifft an diesem Samstag auf Enrique Collazo Pelaiz aus Puerto Rico. Patrick Wojcicki aus Wolfsburg bekommt es im Weltergewicht (bis 69 kg) mit dem französischen Olympia-Dritten Alexis Vastine zu tun. Den vermutlich leichtesten Gegner erwischte bei der Auslosung am Freitag Enrico Kölling. Gegner des Berliners ist im Halbschwergewicht (bis 81 kg) der Kameruner Christian Donfack Adjoufack, während Erik Pfeifer aus Lohne im Superschwergewicht (über 91 kg) auf den Kasachen Iwan Dytschko trifft.

Radsport, Tony Martin: Der deutsche Radsport-Profi Tony Martin ist in London beim Training für das olympische Zeitfahrrennen gestürzt. Der Zeitfahr-Weltmeister, der sich bei der Tour de France einen Kahnbeinbruch zugezogen hatte, zog sich eine Fleischwunde am Knie zu. "Ansonsten ist der Sturz aber glimpflich ausgegangen, Tony ist nicht auf die verletzte Hand gefallen", sagte Manager Jörg Werner. Am Freitag konnte Martin mit bandagierten Knie trainieren. Der 27 Jahre alte Cottbuser war am Donnerstag mit dem deutschen Straßenteam zur Streckenbesichtigung aufgebrochen, hatte den Olympiakurs aufgrund des Londoner Verkehrschaos aber erst nach drei Stunden erreicht. Das Team um Mitfavorit Andre Greipel musste wegen eines Verkehrsunfalls Nebenstraßen benutzen, dort geriet Martin bei einer Abfahrt in eine Pfütze mit verborgenen Schlaglöchern und kam zu Fall. Bereits im April hatte sich Martin, der beim Zeitfahren am 1. August um die Medaillen mitfahren will, bei einem Trainingsunsfall schwere Gesichtsverketzungen zugezogen. Am 1. Juli stürzte er auf der 1. Etappe der Tour de France bei Lüttich und und stieg eine gute Woche später aus der Frankreich-Rundfahrt aus.

Eröffnungsfeier: Entgegen erster Befürchtungen soll die Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele am Freitagabend ausverkauft sein. Wie das Organisationskomitee in London bekannt gab, waren bis Freitagmittag lediglich noch 50 Tickets für das 80.000 Zuschauer fassende Olympiastadion erhältlich. Noch am Donnerstagabend waren zahlreiche Eintrittskarten nicht verkauft, insbesondere Tickets der teuersten Kategorie waren noch zu haben. Die weltweit von geschätzten vier Milliarden Menschen live verfolgte Show im Londoner Olympiastadion wird von dem britischen Regisseur Danny Boyle inszeniert. "Es war ein langer Weg, aber jetzt sind wir am Ziel. Wir haben nur diese eine Chance mit der Show, es ist live. Es ist für mich außergewöhnlich, daran beteiligt gewesen zu sein", sagte Boyle und fügte an: "Ich freue mich drauf."

Südkorea, Ausschluss: Wegen Trunkenheit am Steuer hat die südkoreanische Olympia-Mannschaft Segeltrainer Lee Jae-cheol nach Hause geschickt. Lee war am Donnerstagmorgen um 5 Uhr von Polizeibeamten in der Küstenstadt Weymouth, wo während der Spiele in London die Segelwettbewerbe stattfinden, kontrolliert worden. Er wollte zurück ins Olympische Dorf fahren. Lee hatte an einem Bankett des Bürgermeisters von Weymouth teilgenommen und dort nach Angaben des südkoreanischen Verbandes Bier und Wein getrunken, "obwohl er kein guter Trinker ist".

Rudern, Kritik des Bundestrainers: Einen Tag vor Beginn der olympischen Regatta hat der Trainer des Deutschland-Achters den Weltruderverband FISA scharf kritisiert. "Das Finale auf den Mittwoch zu legen, ist doch ein Witz. Überhaupt bringt die FISA hier einen Witz nach dem anderen", sagte Ralf Holtmeyer auf der Pressekonferenz am Freitag. Anders als bei den vorherigen Spielen bildet das Finale des deutschen Flaggschiffs nicht den krönenden Abschluss der Regatta, sondern findet bereits am kommenden Mittwoch, dem ersten von vier Finaltagen, statt. Holtmeyer kritisierte auch die enorm harte Vorlaufgruppe des Achters: "Wenn man die Besten aus dem Vorlauf ermitteln will, soll man vernünftig setzen. Es ist ja schon so, dass die Verteilung nicht ganz symmetrisch ist." Das deutsche Boot soll am Samstag (11.20 Uhr deutscher Zeit) auf die Konkurrenten aus Großbritannien, Kanada und den Niederlanden treffen - neben Deutschland die aussichtsreichsten Gold-Boote.

Olympia, Bundespräsident: Bundespräsident Joachim Gauck gönnt sich am Freitag und Samstag Olympia im Überfluss. Nach seiner Ankunft in London steht für das deutsche Staatsoberhaupt am Nachmittag ein Empfang bei Queen Elizabeth im Buckingham Palace auf dem Programm. Danach ist ein Besuch der Eröffnungsfeier vorgesehen. Am Samstag wird Gauck am Vormittag beim Qualifikations-Wettkampf der Kunstturner erwartet. Daran schließt sich ein Mittagessen mit deutschen Athleten im Olympischen Dorf an. Einem kurzen Gastspiel im Deutschen Haus folgt eine Stippvisite bei den Schwimmern. Bei den abendlichen Finalentscheidungen im Aquatics Centre gelten sowohl Paul Biedermann über 400 m Freistil als auch die 4x100-m-Freistilstaffel der Frauen als Medaillenkandidaten.

Turnen, Fabian Hambüchen: Michael Vesper, der Chef de Mission des deutschen Olympia-Teams, hat am Eröffnungstag der Spiele von London auf die Kritik von Turnstar Fabian Hambüchen an der Akkreditierungs-Praxis reagiert. "Es gibt einen Schlüssel von einem Betreuer für zwei Athleten. Und da wir weniger sind als in Peking, nicht 440 sondern 392 Athleten, haben wir auch weniger Trainer-Akkreditierungen", sagte Vesper im Morgenmagazin des ZDF. Das Fehlen seines Vaters, der auch sein Coach ist, werde Hambüchens Leistungen nicht beeinflussen, sagte Vesper. Hambüchen hatte tags zuvor sauer reagiert, dass sein Vater in London nicht als Trainer dabei sein darf. "Es ist eine Frechheit, dass man keine zusätzliche Akkreditierung organisieren konnte. Da laufen viele im Dorf herum, die weniger wichtig sind", hatte der 24-Jährige nach dem Podiumstraining gesagt.

Kanu, Birgit Fischer: Die deutsche Rekord-Olympiasiegerin Birgit Fischer denkt nach ihrem gescheiterten Comeback für London über einen Start im Kanurennsport bei den Olympischen Sommerspielen 2016 nach. Die 50-Jährige rechnet aber damit, dass sie bei ihrer dann siebten Olympia-Teilnahme für eine andere Nation antreten müsste. "Deutschland braucht mich nicht in der Mannschaft, dies habe ich in diesem Jahr gemerkt", sagte die achtmalige Olympiasiegerin am Donnerstagabend in der ARD-Sendung Beckmann. Mit Blick auf einen möglichen Start bei den Sommerspielen in vier Jahren in Rio de Janeiro fügte sie hinzu: "Aber vielleicht nicht für Deutschland." Die Rekord-Weltmeisterin hatte wegen einer Herzmuskelentzündung nicht an den nationalen Ausscheidungsrennen teilnehmen können. Ausgangspunkt sei ein leichter Reizhusten im Trainingslager in Australien gewesen, den sie nicht beachtet habe. Fischer hatte als 18-Jährige ihre erste Goldmedaille 1980 in Moskau im Einerkajak gewonnen. Nach der WM 2005 trat sie zurück.

Boxen, Cas: Das Schnellgericht bei den Olympischen Spielen in London hat dem Iren Joseph Ward die Teilnahme an den Box-Wettkämpfen verwehrt. Die Ad-hoc-Kammer des Internationalen Sportgerichtshofs Cas lehnte das Gesuch des nicht qualifizierten Faustkämpfers auf ein Schiedsverfahren ab. Ward hatte die Qualifikationskriterien nicht erfüllt und war auch von den zuständigen Verbänden nicht nachnominiert worden. Gegen diese Entscheidung hatte der Halbschwergewichtler Protest eingelegt. Die Ad-hoc-Kammer erklärte sich im Kern nicht zuständig für Wards Einspruch. Doch auch für den Fall der Zuständigkeit wäre der Protest abgewiesen worden, teilte der Cas mit.

Leichtathletik, Doping: Die beiden Leichtathleten Dimitris Chondrokoukis (Griechenland) und Zoltan Kövago (Ungarn) nehmen wegen Doping-Verstößen nicht an den Olympischen Spielen in London teil. Chondrokoukis, Hallen-Weltmeister im Hochsprung, ist positiv auf das Steroid Stanozolol getestet worden. Dies bestätigte sein Trainer und Vater Kyriakos am Donnerstag. Diskuswerfer Zoltan Kövago, Bronzemedaillengewinner von Athen 2004, darf nicht nach London reisen, weil er wegen eines im August 2011 verweigerten Dopingtests am Donnerstagmorgen vom Internationalen Sportgerichtshof (CAS) für zwei Jahre gesperrt worden war. Kövago war mit 68,21 Metern Fünfter der aktuellen Weltrangliste und hatte bei der EM in Helsinki hinter Harting Bronze gewonnen. Kövago hatte bestritten, dass er von einem Kontrolleur besucht worden sei. Der ungarische Verband hatte ihm geglaubt und ihn nicht gesperrt. Daraufhin rief der Weltverband IAAF den CAS an.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1424265
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
Süddeutsche.de/dpa/sid/dapd/ebc/hum
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.