Süddeutsche Zeitung

DFB-Pokal:Kein einziges lachendes Gesicht nach Abpfiff

Lesezeit: 3 min

Trotz des 5:0-Siegs gegen Kiel ist dem BVB nicht nach Feiern zumute: Verteidiger Morey hat sich eine schwere Band- und Kapselverletzung zugezogen. Und auf die Kieler wartet ein Hammer-Programm.

Von Ulrich Hartmann

"Das war ein perfekter Abend", sagte mit leichenblasser Miene und deprimiertem Ausdruck der Trainer Edin Terzic, nachdem er erstmals mit Borussia Dortmund ins Endspiel des DFB-Pokals eingezogen war. "Aber nur bis zur 72. Minute. In der 72. Minute war der perfekte Abend zu Ende. Und das Spiel auch."

Gegen 22 Uhr am Samstagabend, der BVB führte 18 Minuten vor Schluss im Halbfinale längst mit 5:0 gegen den überforderten Zweitligisten Holstein Kiel, blieb der zehn Minuten zuvor für Lukasz Piszczek eingewechselte spanische Rechtsverteidiger Mateu Morey ohne gegnerische Einwirkung nach einem Ausfallschritt in vollem Lauf mit dem rechten Fuß im Rasen hängen. Sein rechtes Bein verdrehte sich, es deformierte sich regelrecht für einen Sekundenbruchteil. Und als der 21 Jahre alte gebürtige Mallorquiner daraufhin zu Boden stürzte und sich schreiend in die rechte Kniekehle griff, schien klar, dass er sich eine kapitale Knieverletzung zugezogen hatte. Meniskus- und Bänderverletzungen im Knie gehören zu den schlimmsten und langwierigsten Verletzungen im Fußball. Sie auszukurieren dauert meist Monate.

Morey, so jung er auch ist, kennt sich bereits aus mit solchen Diagnosen. Im August 2018 hatte er sich in der A-Jugend des FC Barcelona den äußeren Meniskus des linken Knies gerissen und sieben Monate später, im März 2019, auch noch das innere Seitenband des linken Knies. Die zweite Verletzung ging in die erste über, Morey spielte monatelang nicht für Barcas ältestes Jugendteam, und nachdem er in jenem Sommer 2019 dann zu Borussia Dortmund gewechselt war, kam er erst ab Ende September und dann zunächst auch nur in der zweiten BVB-Mannschaft in der viertklassigen Regionalliga zum Einsatz. Anfang August 2019 hatte er sich nämlich überdies auch noch die Schulter ausgerenkt. Seinen ersten Bundesliga-Einsatz für den BVB feierte er am 31. Mai 2020, knapp ein Jahr nach seinem Wechsel nach Dortmund.

Und nun das. "Es ist eine schwere Band- und Kapselverletzung. Weitere Diagnosen werden heute und morgen noch stattfinden. Aber der Junge wird lange ausfallen und in Berlin nicht dabei sein", sagte Sebastian Kehl am Sonntag im Doppelpass auf Sport1. So etwas in der Art hatten die Dortmunder schon geahnt, als Morey am Vorabend auf einer Bahre vom Platz getragen und sofort ins Krankenhaus gefahren wurde. Dementsprechend war kein einziger von ihnen nach dem Einzug ins Endspiel gut gelaunt. "Diese Bilder haben auch uns weh getan", sagte Mittelfeldspieler Emre Can über die minutenlange Qual seines Mitspielers auf dem Rasen. "Es ist brutal schwer, sich über den Erfolg zu freuen", sagte Trainer Terzic.

Weil auch die Kieler enttäuscht waren von der massiven 0:5-Niederlage mit allen fünf Gegentoren binnen 26 Minuten zwischen der 16. und der 42. Minute, sah man nach dem Abpfiff überhaupt keine lachenden Gesichter. "Ich habe mich zwischenzeitlich gefragt: Was machen wir eigentlich hier im Halbfinale?", sagte Kiels Fin Bartels nach dem Schlusspfiff.

Auf Kiel warten nun sechs Spiele in 22 Tagen

Beide Mannschaften haben jetzt bedeutsame Wochen vor sich. Dortmund spielt am kommenden Samstag zunächst in der Bundesliga gegen RB Leipzig und fünf Tage später am Christi-Himmelfahrts-Donnerstag in Berlin im Pokalfinale bereits erneut. "Wir wollen erst drei Punkte und fünf Tage später den Pokal", sagte Terzic. Sein BVB will sich in der Liga noch für die Champions League qualifizieren. Noch hat man den dazu mindestens erforderlichen vierten Platz nicht erreicht. Terzic hofft, dass schon am kommenden Samstag auch Erling Haaland wieder mitspielen kann. Der Norweger hat gegen Kiel mit muskulären Problemen im Oberschenkel auf der Tribüne gesessen.

Die Kieler haben nach ihrer zweimaligen Corona-Quarantäne noch drei Nachholspiele, müssen binnen 22 Tagen also noch insgesamt sechs Zweitligaspiele bestreiten und hoffen, dass sie danach mindestens Zweiter sind und in die Bundesliga aufsteigen. Als Dritter müssten sie noch zwei zusätzliche Relegationsspiele gegen den Bundesliga-Drittletzten absolvieren. Das wäre noch einmal eine zusätzlich Anstrengung für eine Mannschaft, die am Samstagabend schon recht ausgelaugt wirkte. Trainer Ole Werner glaubt aber nicht, dass die Pokalklatsche die weiteren Aufgaben erschwert: "Wir nehmen keine bleibenden Schäden mit in die restlichen Spiele."

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