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Einreise von Novak Djokovic:"Sie annullieren mein Visum, oder?"

Lesezeit: 4 min

Im Rahmen des Gerichtsverfahrens wurde das Gespräch zwischen Novak Djokovic und australischen Grenzbeamten transkribiert - Wort für Wort, auf 30 Seiten. Die wichtigsten Passagen im Überblick.

Im Rahmen des Gerichtsverfahrens zur verweigerten Einreise von Novak Djokovic wurde auch eine Abschrift des Gesprächs veröffentlicht, das der Tennisspieler mit australischen Grenzbeamten geführt hat. Das Gespräch startete am Flughafen in Melbourne um 0.21 Uhr Ortszeit und ist hier vollständig dokumentiert. Die wichtigsten Aussagen im Überblick.

Zunächst fragt der Beamte, ob Djokovic mit der Aufzeichnung des Gesprächs einverstanden sei, fragt persönliche Angaben ab, unter anderem, ob Djokovic australischer Staatsbürger sei (was dieser verneint) und ob er sich krank fühle (was er ebenfalls verneint). Schnell kommt das Gespräch zum Kern der Sache.

Beamter: Was waren Ihre Gründe, heute nach Australien zu reisen?

Djokovic: Ich bin professioneller Tennisspieler, und der Hauptgrund, warum ich nach Australien komme, ist, an den Australian Open in Melbourne, Victoria, teilzunehmen.

Beamter: Danke. Nun Fragen bezüglich Ihrer Impfung. Sind Sie geimpft?

Djokovic: Ich bin nicht geimpft.

Beamter: Nicht geimpft?

Djokovic: Ich bin nicht geimpft.

Beamter: Danke. Hatten Sie jemals Covid?

Djokovic: Ja, ich hatte zweimal Covid. Im Juni 2020, und ich hatte kürzlich Covid - ich wurde positiv getestet - PCR - am 16. Dezember 2021.

Djokovic sagt daraufhin, er habe Dokumente dazu. Der Beamte macht Kopien. Djokovic sagt zudem, er sei am 22. Dezember negativ getestet worden. Das Interview wird kurz unterbrochen. Es folgen Fragen nach dem Visum.

Beamter: Wer hat den Visumsantrag für Sie gestellt?

Djokovic: Die Anfrage wurde von meiner Managerin gestellt, und das Visum war abhängig von der medizinischen Ausnahmegenehmigung, die mir kürzlich erteilt wurde.

Beamter: Diese medizinische Ausnahmegenehmigung, haben Sie dafür Dokumente übermittelt?

Djokovic: Ja, haben wir.

Beamter: Wissen Sie, welche Art von Dokumenten?

Djokovic: Also, ich habe die Dokumente nicht ausgedruckt bei mir, aber ich kann versuchen, sie digital zu finden. Wir haben eine E-Mail an ein unabhängiges medizinisches Gremium geschickt, das die australische Bundesregierung ausgewählt hatte ...

Beamter: Die Bundesregierung hat das Gremium ausgewählt?

Djokovic: Ja, es waren zwei medizinische Gremien. Eines war die Bundesregierung, eines war dem Bundesstaat Victoria zugehörig ...

Beamter: Okay.

Djokovic: ... und Tennis Australia. Ich könnte beim zweiten falschliegen, falls es so sein sollte, entschuldige ich mich dafür, aber es gab ein medizinisches Gremium. Sicher von der Bundesregierung und das zweite, ich denke, es ist eine Mischung aus der Regierung des Bundesstaats Victoria und dem australischen Tennisverband. Ich bin nicht zu 100 Prozent sicher, aber ich kann es überprüfen.

In der Folge reicht Djokovic dem Beamten Dokumente. Der fragt immer wieder, ob es wirklich die Bundesregierung war, die ihm eine medizinische Ausnahmegenehmigung erteilt hat. Djokovic sagt zunächst, er sei sich sicher, dass es die Bundesregierung war. Nach einer kurzen Pause wird das Interview fortgesetzt.

Beamter: Soweit wir nun wissen, war es nicht die Bundesregierung, die Ihre medizinische Ausnahmegenehmigung bewertet hat.

Djokovic: Ja, ich habe es mit meiner Agentin überprüft und sie hat mir die Dokumente geschickt, die ich nun habe, und die besagen, dass die medizinische Ausnahmegenehmigung von einem unabhängigen Expertengremium des australischen Tennisverbandes zertifiziert wurde und dass diese Entscheidung von einem Gremium der Regierung des Bundesstaates Victoria überprüft wurde.

Beamter: Aber zuvor sagten Sie mir, es sei von der Bundesregierung gekommen.

Djokovic: Ja, da habe ich möglicherweise einen Fehler gemacht. Es war nicht die Bundesregierung, sondern die Regierung des Bundesstaats Victoria.

Der Wortwechsel wiederholt sich in verschiedenen Versionen. Djokovic entschuldigt sich mehrfach, dass er Staats- und Landesregierung verwechselt habe.

Beamter: Das (die Verwechslung, Anm.) ist in Ordnung. Der Punkt ist, Sie wollen nach Australien und das Land wird von der Bundesregierung regiert.

Nachdem klar wird, dass Djokovic keine Dokumente von der Bundesregierung hat, wird das Gespräch für drei Stunden unterbrochen.

Beamter: Nun, Novak, basierend auf den Informationen, die Sie uns zur Verfügung gestellt haben, werde ich nun eine Erklärung verlesen, bezüglich einer möglichen Annullierung Ihres Visums. Ich werde alle Informationen vorlesen.

Djokovic: Ich verstehe nicht. Sie annullieren mir mein Visum, oder?

Beamter: Das ist eine Erklärung zu einer möglichen Annullierung bezüglich Paragraf 116 des Einwanderungsgesetzes von 1958. Sobald ich Ihnen den Text vorgelesen habe, haben Sie 20 Minuten - wenn Sie mehr Zeit brauchen, können Sie die beantragen -, um uns Gründe zu nennen, warum wir Ihr Visum nicht annullieren sollten.

Djokovic: Ich tue mich wirklich schwer, zu verstehen, was ich denn noch zur Verfügung stellen soll? Ich habe Ihnen alle Dokumente gegeben, die Tennis Australia und die Regierung von Victoria in den vergangenen drei, vier Wochen von mir verlangt haben. Meine Agentin und ich waren im konstanten Austausch mit Tennis Australia und der Regierung von Victoria. Sie haben mir die medizinische Ausnahmegenehmigung erteilt. Ich habe mich darum beworben, die haben es genehmigt, ich weiß wirklich nicht, was ich ihrer Meinung noch sagen soll. Was ... Ich habe ... Ich habe nichts anderes. Ich bin hier angekommen wegen der Dokumente. Andererseits hätte man mir gar nicht erlaubt zu kommen. Ich verstehe wirklich nicht, was der Grund ist, warum Sie mir nicht erlauben, in Ihr Land einzureisen. Ich habe hier vier Stunden gewartet und ich verstehe immer noch nicht, was der Hauptgrund ist - wie - welche Papiere fehlen? Welche Information brauchen Sie?

Der Beamte versucht in der Folge, Djokovic die Erklärung zu verlesen. Djokovic unterbricht ihn mehrmals und wiederholt immer wieder, dass er alle Dokumente vorgelegt habe, dass es mitten in der Nacht sei und er gerade niemanden erreichen könne. Als der Beamte vorliest, dass eine Infektion mit dem Coronavirus nicht als Ausnahmebegründung angesehen wird, unterbricht ihn Djokovic erneut:

Djokovic: Entschuldigen Sie, dass ich Sie unterbreche, aber das ist nicht wahr. Die unabhängige medizinische Kommission des Bundesstaates Victoria sagte explizit, dass man - wenn man einen positiven Corona-Test und eine ausreichende Anzahl an Antikörpern hat - für eine medizinische Ausnahmeregelung in Betracht kommt. So habe ich sie bekommen. Ich habe direkt mit der Regierung von Victoria kommuniziert. Sie sagten, ich müsse Antikörper haben, und wir haben denen die Tests übermittelt und wir haben sie auch Ihnen zur Verfügung gestellt.

Der Beamte liest die Erklärung vor und bittet Djokovic, sie zu unterschreiben. Djokovic weigert sich. Immer wieder dreht sich das Gespräch um den gleichen Sachverhalt. Djokovic verweist auf seine Ausnahmegenehmigungen vom Bundesstaat Victoria. Der Beamte sagt erneut, an der Grenze sei die Bundesregierung zuständig.

Das Interview wird nochmals unterbrochen. Der erste Beamte geht in den Feierabend, zwei neue Beamte übernehmen den Fall. Djokovic bittet um einen Aufschub bis 8.30 Uhr, um weitere Dokumente beschaffen zu können. Das wird ihm gestattet. Um 7.42 Uhr verliest einer der neuen Beamten schließlich die Erklärung, dass Djokovics Visum offiziell annulliert wurde. Diese 48 Minuten Unterschied waren letztlich der Grund, warum das Gericht die Annullierung für ungültig erklärt hat.

Übersetzung: Martin Schneider

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