Süddeutsche Zeitung

DFB-Protest gegen die Fifa:Lob aus aller Welt, Kritik zu Hause

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In der deutschen Öffentlichkeit herrscht Uneinigkeit über die Mund-Zu-Geste der deutschen Nationalmannschaft. Weltweit sind die Kommentatoren etwas zufriedener.

Von Felix Haselsteiner

Kritisch und gespalten - so ließe sich das Echo im eigenen Land auf die Mund-Zu-Protestaktion der deutschen Nationalmannschaft wohl am ehesten beschreiben. Die Debatte um die "One Love"-Binde, die Fifa und den DFB war in den vergangenen Tagen in Deutschland so aufgeregt diskutiert worden, dass vermutlich jede Reaktion der Spieler für Kontroversen gesorgt hätte - insbesondere natürlich, falls es gar keine Reaktion gegeben hätte. Vergleichsweise eindeutig fällt hingegen das Urteil international aus: Im Ausland bekommt die Nationalmannschaft auffällig viel Lob für ihre Aktion vor dem Anpfiff des Spiels gegen Japan.

"Deutschland sagt, wie es ist" schrieb der Guardian in Großbritannien, der Mirror nannte die Geste "powerful" - stark. Es habe zwar "keine Regenbogenbinde" gegeben für Kapitän Manuel Neuer, aber dafür "eine starke Geste mit seinen Mitspielern", schrieb die Gazzetta dello Sport in Italien. "Beim Teamfoto halten sie sich die Hand vor den Mund. Ganz nach dem Motto: Unsere Meinung wird zensiert. Ein starkes Zeichen", so der Blick in der Schweiz. Es sei eine "plakative Aussage in Richtung Fifa" gewesen, schrieb De Telegraaf in den Niederlanden. Medien vor Ort ignorierten hingegen die Aktion: In der WM-Beilage der Gulf Times, der englischsprachigen Zeitung auf Hochglanzpapier, kam die Geste weder in Wort noch Bild vor - trotz einer ganzen Fotopanorama-Seite.

Zahlreiche amerikanische und asiatische Zeitungen und Fußballportale berichteten ebenfalls über die Aktion, auf Twitter solidarisierten sich unter den Posts viele Nutzer mit dem DFB-Team. Nach der Niederlage gab es zwar Kommentare, dass man nun einen sportlichen Preis für die ganze politische Diskussion zahle - aber auch das zeigt: In der internationalen Wahrnehmung wird die Debatte um die WM in Katar, die Fifa und ihre Regelungen angeführt von Deutschland und den europäischen Verbänden.

Lob gab es bei Twitter vor allem aus der interessierten Fußball-Öffentlichkeit, von Podcastern, Journalisten und Fans. "Football beyond borders" etwa, ein inklusives Sozialprojekt aus Großbritannien, sprach der deutschen Mannschaft "massiven Respekt" aus dafür, dass man "weiterhin für Menschenrechte auf der ganzen Welt aufsteht."

Kritik kam hingegen - wenig überraschend - aus dem Gastgeberland und der arabischen Welt. Man möge Deutschland bei der Fifa "anzeigen und bestrafen" forderten einzelne Accounts, die Deutschen hätte eine "selektive Wahrnehmung" kritisierten andere.

Und auch bei anderen WM-Verbänden gab es kritische Stimmen: Die Niederländer beschlossen aufgrund der Deutschland-Geste, alle politischen Themen fortan zu ignorieren: "Wir wollen nicht das Risiko eingehen, bestraft zu werden von der Fifa. Wir sind hier, um Weltmeister zu werden", betonte Trainer Louis van Gaal. Der Belgier Eden Hazard kommentierte die Aktion der DFB-Elf im Stile des Twitter-Humors: "Es wäre besser gewesen, wenn sie es nicht getan und gewonnen hätten", sagte er dem französischen Radiosender RMC.

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