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EM-Auslosung:Jetzt wird die Aufgabe noch schwieriger

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Bei der EM werden die Zuschauer den deutschen Fußball an ein paar Spielen messen. Die Gruppe mit Frankreich und Portugal ist umso unangenehmer - doch der absurde Modus könnte helfen.

Kommentar von Sebastian Fischer

Die deutsche Nationalmannschaft ist in ihrer Geschichte bislang dreimal in der Vorrunde einer Europameisterschaft ausgeschieden. Zum ersten Mal 1984, in der schwarzen Nacht von Paris, nach einem 0:1 gegen Spanien. Zum zweiten Mal 2000, in einer noch etwas dunkleren Nacht in Rotterdam: 0:3 gegen Portugal. Zum dritten Mal vier Jahre später nach einem 1:2 gegen Tschechien. Nie waren dabei die Gegner so stark, wie sie wahrscheinlich bei der EM 2020 sein werden - und das zu einem Zeitpunkt, zu dem der Nationalelf schwarze Nächte ausgesprochen ungelegen kommen würden.

Als bei der Auslosung der EM-Gruppen am Samstagabend Frankreich und Portugal als erste deutsche Gruppengegner feststanden und die Kameras Bundestrainer Joachim Löw zeigten, da schaute er, als hätte man ihm den Espresso kalt serviert. "Ich freue mich", sagte er später tapfer. Eine deutsche Mannschaft im Umbruch nach dem Vorrunden-Aus bei der WM 2018, eine Mannschaft voraussichtlich ohne Abwehr auf internationalem Spitzenniveau, trifft auf den Weltmeister und auf den Europameister.

Die EM 2020, das ist zwar dieses eigenartige Turnier mit zwölf Gastgebernationen, das ist aber trotzdem eine große Chance für den DFB. "Da können sich die Fans drauf freuen", ist noch ein vom Samstag überliefertes Löw-Zitat. Es ist ja so: Gerade ist die Nationalelf wie eine von diesen Sendungen, die auf RTL laufen, über die man auf einer Party besser nicht spricht, wenn man nicht als der eigenartige Typ in der Runde gelten will. Im kommenden Sommer wird es allerdings wieder ziemlich egal sein, ob in der Qualifikation gegen Weißrussland eine Blaskapelle für Stimmung im Stadion sorgen musste und sonst oft schlechte Laune zwischen zwei Turnieren herrschte. Im kommenden Sommer werden die meisten Menschen wieder hinschauen, wenn Deutschland spielt, zumal die Begegnungen der Vorrunde in München stattfinden. Und die Zuschauer werden den deutschen Fußball wieder an ein paar Spielen messen.

Die Aufgabe wird auch zu einer schwierigen für Löw

Diese verantwortungsvolle Aufgabe für die Nationalmannschaft war ohnehin recht kompliziert für eine junge Elf, die Löw mit der von 2010 vergleicht und nicht zu den "absoluten Topfavoriten" zählt. Die Aufgabe wird noch mal etwas komplizierter, wenn man sich vorstellt, wie der Franzose Kylian Mbappé auf eine Verteidigungskette zuläuft, für die der beste deutsche Verteidiger Niklas Süle nach seinem Kreuzbandriss wahrscheinlich nicht mehr rechtzeitig fit geworden ist. Die Aufgabe wird auch zu einer schwierigen für Löw, der im kommenden Sommer noch mal ein sehr fantasievoller Trainer sein muss.

Es ist eine ironische Wendung der Gruppen-Auslosung, dass es der deutschen Mannschaft wenig bringt, dass sie zuletzt den Eindruck erweckte, der Generationenwechsel gelinge bereits ganz gut und Löws Ideen gingen auf. Deutschland sicherte sich mit teils sehr schönem Fußball den Gruppensieg in der Qualifikation. Die zweitplatzierten Niederländer spielen nun in der Gruppe C gegen Ukraine, Österreich und einen dritten noch zu ermittelnden Außenseiter. Es ist vielleicht die einfachste Gruppe von allen, Und es ist ausgerechnet der hanebüchene Modus, der eine schwarze Nacht für die DFB-Elf in der schwierigsten Gruppe von allen verhindern könnte: Es kommen auch die vier besten Gruppendritten weiter.

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Quelle:
SZ vom 01.12.2019
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