Süddeutsche Zeitung

Deutsche Mixed-Staffel auf Platz drei:Geblendet zu Bronze

Lesezeit: 3 min

Deutschlands Mixed-Staffel rutscht beim WM-Auftakt in Ruhpolding am Schießstand vom ersten auf den dritten Platz ab, weil Schlussläufer Arnd Peiffer die strahlende Sonne irritiert. Am Ende gewinnt Norwegen vor Slowenien - das deutsche Team zeigt sich trotzdem zufrieden über die erste Medaille.

Joachim Mölter, Ruhpolding

So oft sieht man es nicht, dass Magdalena Neuner in die Knie geht. Am Donnerstag war es der Fall, da sank die 25-Jährige aus Wallgau in den Schnee, sie stützte sich mit den Unterarmen ab, ihr Oberkörper pumpte die Luft ein und wieder aus. Zum Auftakt der Biathlon-Weltmeisterschaften in Ruhpolding hatte sie sich verausgabt in der Mixed-Staffel.

Hatte die dreiviertel Minute Rückstand fast aufgeholt, welche ihr die Startläuferin Andrea Henkel (Oberhof) mitgegeben hatte; war vom sechsten auf den zweiten Platz vorgelaufen; hatte den Schlechinger Andreas Birnbacher mit bloß noch sieben Sekunden Abstand auf die bis dahin führenden Franzosen losgeschickt.

An ihr, das hatte Magdalena Neuner mit ihrer Energieleistung demonstriert, sollte es nicht liegen, wenn die Mixed-Staffel des Deutschen Skiverbandes (DSV) den Titel verpasst. "Warum sollen wir uns hinsetzen und tiefstapeln", hatte sie vor dem Rennen gesagt: "Gold ist wirklich das, was wir erreichen wollen." Sie hatte also ihren Teil beigetragen, dieses Ziel zu erreichen.

Das Problem war nur, dass Schlussläufer Arnd Peiffer (Clausthal-Zellerfeld) am Schießstand jene Minute Vorsprung vertrödelte, die der fehlerfrei treffende Birnbacher zwischenzeitlich herausgeholt hatte. Sprint-Weltmeister Peiffer hatte sich sogar eine Strafrunde eingehandelt. Deshalb wurde die DSV-Staffel Dritter hinter Norwegen und Slowenien.

So richtig glücklich war am Ende niemand von den Medaillengewinnern, denn Norwegens Schlussläufer Emil Hegle Svendsen war nur als Zweiter ins Ziel gekommen, hinter dem Slowenen Jakov Fak. "Es ist schon was Besonderes, wenn man gewinnt, ohne Erster gewesen zu sein", fand Svendsen. Zu verdanken hatten die Norweger ihre erfolgreiche Titelverteidigung einer Zeitgutschrift von exakt 28,4 Sekunden, mit der sie dann genau 20,2 Sekunden vorne lagen. Die Zeit war ihnen abgezogen worden, weil bei Ole Einar Björndalen eine Scheibe nicht umgefallen war, obwohl er sie getroffen hatte. Deswegen hatte er eine Strafrunde drehen müssen.

Viele Athleten hatten Probleme am Schießstand gehabt, aber nur bei Björndalen versagte der Mechanismus. Andere wurden von der Sonne geblendet, die von rechts in den Stand hineinschien, gerade auf die führenden Läufer an den ersten Schießbahnen. Das warf beispielsweise die mitfavorisierten Franzosen zurück, letztlich auf Platz elf. Arnd Peiffer berichtete: "Beim Stehendschießen habe ich gar nichts mehr gesehen, ich hätte auch fünfmal daneben treffen können, das war reines Glück." Magdalena Neuner versuchte zu trösten: "Wir haben eine Medaille gewonnen, darüber sollten wir uns freuen. Die Enttäuschung über das entgangene Gold wird sich legen."

Zumindest die erste der von ihr angestrebten sechs Medaillen hat die 25-Jährige ja sicher. Dass sie in einem Staffelrennen das Ergebnis nicht allein in ihren Händen halten würde, war ihr wohl klar gewesen - aber damit, dass die blendende Sonne das Renngeschehen beeinflusst, hatte niemand gerechnet. Eher schon hatte man sich in Ruhpolding um den Zustand der Piste gesorgt.

Am Donnerstag konnten die Bäcker im Ort ihren Kunden ja nur ungesalzene Brezn anbieten, wenn man Norbert Baier glaubt, dem Wettkampfchef der WM: Das eigentlich für das Laugengebäck bestimmte Salz wurde für die Biathlon-WM gebraucht, ab Mittag verstreuten Helfer rund 110 Kilogramm Breznsalz auf die Strecken um die Chiemgau Arena.

Regen am Dienstag hatte den Schnee weichgespült und die Sonne am Donnerstag drohte, den Loipen den Rest zu geben und sie in einen Schneesumpf zu verwandeln. Mit dem Salz sollte die Feuchtigkeit aus dem Schnee gezogen und die Strecke wieder härter werden, erklärte Baier. "Wir sind relativ sparsam damit umgegangen", fügte er hinzu, "wenn man es zu häufig verwendet, greift es die Ski an."

Mit dem Salz verschafften die Verantwortlichen den Athleten "vier bis fünf Stunden gute Schneebedingungen", erklärte Baier, genug Zeit für die Mixed-Staffel. Die Loipen-Präparierung für den Donnerstag war freilich nicht die größte Sorge der Organisatoren, sagte Baier: "Das Problem wird uns erst am Wochenende ereilen. Wegen der großen Starterfelder, und weil da zwei Wettbewerbe am Tag stattfinden." Die Sprints am Samstag und die Verfolgungsrennen am Sonntag. Es kann gut sein, dass es in Ruhpolding noch ein paar Tage ungesalzene Brezn gibt.

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Quelle:
SZ vom 02.03.2012
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