Süddeutsche Zeitung

Davis Cup:Piqué bezirzt Federer und Zverev

Lesezeit: 4 min

Von Javier Cáceres, Madrid

Gerard Piqué vom FC Barcelona ist ein Verteidiger von großer finezza und Kreativität. Wie wenige seines Fachs beherrscht er die Kunst der Spieleröffnung. Dass er ein Meister der kreativen Defensive ist, merkt man aber auch an einem Konferenztisch.

Madrid, Donnerstagabend. Piqué, im Nebenjob Chef einer Investmentgruppe namens Kosmos, hat mit dem Präsidenten des internationalen Tennisverbandes ITF, dem Amerikaner David Haggerty, zur Auslosung für die Endrunde des Davis Cup sowie zu einer Gesprächsrunde geladen. Es wird dabei auch um die Vielzahl der Angriffe gehen, die er abwehren musste, seit er im Sommer 2018 den Zuschlag für die renommierte Veranstaltung erhalten hatte. Zur Erinnerung: Die Kosmos Group kündigte an, in den kommenden 25 Jahren drei Milliarden US-Dollar in die ITF zu pumpen, doch weil im Gegenzug das Format des 118 Jahre alten, traditionsreichen Tenniswettbewerbs gravierend verändert wurde (Abschaffung des Best-of-three-Modus, Einführung einer Endrunde mit 18 Mannschaften statt K.-o.-System von Runde eins an, damit weniger Heimspiele), heulte die Branche auf, wurde Piqués Engagement als feindliche Übernahme interpretiert.

"Ich kann verstehen, dass es heikel oder seltsam wirken kann, wenn ein Fußballer in die Tenniswelt einfällt", sagte er und deutete an, dass er die Kritik für überzogen hält. "Am Ende des Tages verändere ich doch nicht die Tennisregeln."

Piqué hält ein Treffen mit Federer für notwenig

Besonders getroffen hat ihn die manchmal ins Ätzende hineinlappende Skepsis von Profis und Ex-Profis, die teilweise Interessen verfolgen, die Piqués neuem Turnier zuwiderlaufen. Roger Federer, "mein Idol", wie Piqué charmierte, wird beim ersten Finalturnier, das vom 18. bis zum 24. November in Madrid stattfindet, nicht teilnehmen, was faktisch sportliche Gründe hat; die Schweiz hat sich nicht qualifiziert. Aber selbst wenn es das Land geschafft hätte - Federer hätte verzichtet; somit fiel die Schweiz von vornherein als Kandidat für eine der zwei Wild Cards weg.

Erschwerend auch: Federer hat seine Finger bei einem konkurrierenden Mannschaftswettbewerb im Spiel, dem im September anstehenden Laver Cup. Bislang, sagte Piqué, habe er mit Federer "noch nicht persönlich gesprochen, aber ich werde es versuchen, denn ich denke, es ist notwendig". Der Serbe Novak Djokovic wiederum, derzeit Nummer eins der Weltrangliste, ist Chef der Spielergewerkschaft ATP, "dessen Präsidium eigene Interessen verfolgt" und im Januar in Australien einen weiteren Teamwettbewerb (ATP Cup) veranstalten wird. Mit Djokovic sei man immerhin im Gespräch. Auch mit der derzeitigen Nummer drei, Alexander Zverev, will er den Dialog suchen. Zverev hatte sich mit Deutschland für die Endrunde qualifiziert, aber nach dem Erstrundensieg gegen Ungarn erneut bekundet, dass er nicht an der Madrider Finalwoche teilnehmen wird; Deutschland trifft dort auf Argentinien und Chile in der Gruppenphase.

"Er ist ein großartiger Typ, sehr jung und doch sehr reif", sagte Piqué über Zverev, "und wir wollen ihn dabeihaben. Er hatte eine große Rolle bei der Qualifikation Deutschlands für die Endrunde, da würde es nur sinnvoll sein, wenn er spielt", sagte Piqué weiter. Vor allem aber zählt er auf Rafael Nadal, andernfalls wäre die 12 000 Zuschauer fassende Caja Mágica, ein Tennis-Komplex im Süden Madrids, kaum zu füllen. Und ein guter Start wäre nicht nur wichtig, um die Skeptiker eines Besseren zu belehren, auf dass sie sagen: "Der Davis Cup lebt noch!" Sondern auch, um dem Businessplan der Kosmos Group und der ITF zu dienen. Drei Milliarden Dollar wollen auch erst einmal verdient sein - auch wenn sich die Laufzeit des Kosmos-Versprechens auf ein Vierteljahrhundert erstreckt und Piqué immer wieder versichert, dass es ihm vor allem um den Sport gehe und weniger ums Geld.

"Wir haben überhaupt keine Sorge, dass es profitabel sein wird", sagte Piqué, der trotz seines Engagements als Tennis-Impresario eine mehr als nur passable Saison beim FC Barcelona liefert und auch daheim von Ehefrau Shakira nur leise Kritik hört: "Sie sagt, dass sie mich gar nicht mehr sehe", scherzte er. Wann die Renditen fließen, ließ ITF-Chef Haggerty offen. Es sei "klar, dass man ein paar Jahre investieren" müsse. Wann die Gewinnschwelle überschritten werden soll, behielt er für sich. Die ersten Signale aber seien positiv.

So sei das Interesse potenzieller Werbepartner stark, sagte Piqué; am Donnerstag wurde bekannt, dass eine Luxusautofirma und ein Modelabel dazukamen; mittlerweile tummeln sich sieben Firmen im Sponsorenpool, darunter auch La Liga, in der Spaniens Profifußballklubs organisiert sind und mit deren Chef Javier Tebas Piqué vergleichsweise verfeindet ist. Auch ITF-Boss Haggerty versicherte, dass die Resonanz gestiegen sei. Bei den Erstrundenspielen hätten "7,3 Millionen Menschen zugeschaut - eine Million mehr als 2018", referierte der ITF-Boss. Die Klick-zahlen in den sozialen Netzwerken seien im Vergleich zum Vorjahr um 15 Prozent gestiegen. "Die Leute reden wieder über den Davis Cup", meinte Haggerty.

Das dürfte auch an Piqué liegen, der schon als Jugendlicher von seinem Vater zum Sandplatzturnier in Barcelona geschleppt wurde und selbst passabel Tennis spielte, sich dann aber für die Fußballerkarriere entschied. Das mediale Geklapper dürfte sich durch eine neue Nachricht nicht verringern. Piqué berichtete nämlich nicht nur davon, dass diverse Kollegen beim FC Barcelona seine Rolle als Davis-Cup-Fürst mit Interesse verfolgen, er verriet auch ein Geheimnis, das nicht mal der ITF bekannt war. Piqué plauderte aus, dass sein mit Abstand berühmtester Spielgefährte, der mehrmalige argentinische Weltfußballer Lionel Messi, "von allen am besten weiß, was vor sich geht". Denn: "Leo ist Partner, ein Teil der Kosmos-Familie" - und damit gewissermaßen ein weiterer Patron der Davis-Cup-Reform.

Piqué, 32, und Messi, 31, kennen einander seit fast 20 Jahren, spielten zusammen in den Jugendmannschaften des FC Barcelona, "und ich versuche immer, meine Gedanken zu teilen. Er liebt Tennis, und er wollte teilhaben". Das böte einen guten Anlass, den jetzt hier und da in Piqué-Cup umbenannten Pokal (Piqué: "Ich hasse das!") Messi-Cup zu taufen. Piqué ist das freilich nicht geheuer. "Fangt bloß nicht damit an, sonst werden die Leute anfangen, das zu benutzen."

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SZ vom 16.02.2019
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