Süddeutsche Zeitung

BVB-Niederlage gegen Mainz:"Eine Leistung zum Schämen"

Lesezeit: 2 min

Von Ulrich Hartmann, Dortmund

Der BVB blickte bereits voraus an diesem Samstagnachmittag. Auf der Werbebande wurde schon das neue Trikot für die kommende Spielzeit beworben - und auf der Anzeigetafel bereits der Saisonauftakt am zweiten August-Wochenende. Vergessen haben sie allerdings bei Borussia Dortmund dabei anscheinend, die aktuelle Saison erst einmal ordentlich zu Ende zu spielen. Gegen den vormaligen Abstiegskandidaten und nun geretteten FSV Mainz 05 leistete sich der Champions-League-Anwärter ein blamables 1:2 (1:2). "Es war eine Leistung zum Schämen", sagte Sportdirektor Michael Zorc eiskalt.

Den Dortmundern hätte an diesem Wochenende ein einziger Punkt genügt, um die Champions-League-Teilnahme schon vor dem finalen Spieltag am kommenden Samstag zu sichern. Doch das Remis schafft die uninspirierte Mannschaft gegen leidenschaftliche und taktisch brillante Mainzer nicht. Während der Ersatztorwart Roman Weidenfeller nach seinem letzten Heimspiel (auf der Bank) von den Fans überschwänglich gefeiert wurde, pfiffen die Zuschauer auf der Südtribüne die sich zögerlich nähernden Spieler aus.

Die Mainzer verschenken ihre Trikots

Weidenfellers geplante feierliche Einwechslung kurz vor Schluss hatte wegen des Spielstands nicht geklappt. Je drei Punkte Vorsprung sowie drei Tore vor Hoffenheim und sechs vor Leverkusen haben die Dortmunder noch, aber weil sie nächsten Samstag in Hoffenheim spielen und Leverkusen gegen Hannover, könnte ihr Champions-League-Traum in letzter Sekunde theoretisch noch platzen, wenn Leverkusen gegen Hannover hoch gewinnen würde und der BVB mit zwei Toren Differenz in Hoffenheim verliert.

Ein ganz anderes Bild als vor der Dortmunder Tribüne zeigte sich vor dem Mainzer Block: Die Gäste feierten nach dem Schlusspiff überschwänglich den Klassenverbleib. Erst sprangen die Spieler bäuchlings auf den Rasen, dann mischten sie sich unter die Zuschauer, um ihre Trikots zu verschenken. "Ich bin überwältigt", sprach ein paar Meter weiter der Sportdirektor Rouven Schröder. "Ich bin vor allem stolz auf Sandro Schwarz, der als Trainer sein Ding durchgezogen hat." Auch Schwarz wirkte überwältigt. "Es ist ein unfassbares Gefühl", sagte er, "in einer solch beeindruckenden Art und Weise noch vor dem letzten Spieltag den Klassenerhalt geschafft zu haben."

Zum zweiten Mal nacheinander hatte der Trainer Peter Stöger seine BVB-Startelf nicht verändert, aber die elf Fußballer, die da auf dem Platz standen, hatten mit jenen nichts zu tun, die zuvor beim spektakulären 4:0 gegen Leverkusen und beim 1:1 in Bremen fußballerisch geglänzt hatten. Diesmal mangelte es den Dortmundern an Leidenschaft, Kreativität und Tempo.

Weil die Mainzer hingegen all dies investierten, gingen sie binnen 13 Minuten verdient 2:0 (4. Ridle Baku, 13. Yoshinori Muto) in Führung. Ihre einzigen Versäumnisse waren anschließend ein schnelles Gegentor durch Maxmilian Philipp (16.) und kein dritter Treffer, obwohl sie dazu Gelegenheiten besaßen. Das Dortmunder Publikum verabschiedete seine müden Helden dann gleich zwei Mal mit Pfiffen in die Kabine: zunächst zur Pause und dann noch einmal nach einer spielerisch erneut mangelhaften zweiten Hälfte. Damit dürfte auch Stögers Weggang nach der Saison endgültig klar sein.

"Das war zu wenig", sagte Stöger nach seiner ersten Bundesliga-Heimniederlage mit dem BVB. "Die Mainzer haben so gespielt, wie man spielen muss, wenn man ein großes Ziel vor Augen hat." Diese Erkenntnis war zugleich Stögers größter Vorwurf an die eigene Mannschaft, die es in dieser Saison nie geschafft hat, konstant mit Herz und Hirn Fußball zu spielen. Ihr Saisonziel, die Qualifikation zur Champions League, dürfte sie in Hoffenheim ja trotzdem mit Hängen und Würgen noch erreichen. Als ein versöhnliches Ende sehen das in Dortmund aber nur die wenigsten.

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Quelle:
SZ vom 06.05.2018
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