Süddeutsche Zeitung

BVB siegt in Hoffenheim:Dortmunds Power kommt von der Bank

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Der BVB experimentiert mit der Aufstellung und trifft spät. Hoffenheim ärgert sich sehr über zwei positive Corona-Tests nach der Länderspielreise.

Von Carsten Scheele

Andrej Kramaric hat den Samstagnachmittag zu Hause verbracht, und doch war er beim Heimspiel gegen Borussia Dortmund überaus präsent. Der Stürmer ist, wie sein Kollege Kasim Adams, mit einem positiven Coronavirus-Testergebnis von den Länderspielreisen wiedergekehrt, was ihm eine zehntägige Quarantäne eingebracht und seine Chefs in Hoffenheim mächtig verärgert hat. Etwa Alexander Rosen, den Sportdirektor, der am Sky-Mikrofon wortreich über Sinn und Unsinn der Länderspielwoche sinnierte. Man müsse "über diese Abstellungsperiode sprechen", sagte Rosen, drei Länderspiele in sechs Tagen, das sei zu viel. Die Klubs täten ja alles, um in Corona-Fragen alles richtig zu machen, andererseits habe er das "Gefühl, dass es den Verbänden einfach egal ist". Dies sei "unverantwortlich", echauffierte sich Rosen.

Insgesamt drei Spieler befinden sich bei Hoffenheim aktuell in Quarantäne (Pavel Kaderabek soll als Kontaktperson betroffen sein) und Rosens Laune sollte sich auch nicht mehr bessern an diesem Nachmittag. Derart geschwächt gegen Dortmund anzutreten, macht wenig Freude, der BVB siegte erwartungsgemäß, wenn auch knapp 1:0 (0:0) durch einen späten Treffer von Marco Reus (76.). "Hoffenheim war nicht so torgefährlich wie in den vergangenen Jahren", gab Reus anschließend zu. Dortmund springt mit neun Punkten in der Tabelle damit vorerst auf Platz zwei, hinter RB Leipzig.

Auch beim BVB gibt es den einen oder anderen, der die Länderspielwoche verflucht hat. Hier vermeldete Abwehrspieler Manuel Akanji einen positiven Test, ein Ärgernis, doch ein Akanji ist für Dortmund leichter zu ersetzen als ein Kramaric für Hoffenheim. Trainer Lucien Favre hatte in seinem 300. Bundesliga-Spiel trotzdem ordentlich herumrotiert, er setzte etwa seinen zuletzt in drei Länderspielen aktiven Stürmer Erling Braut Haaland auf die Bank, ebenso Marco Reus und Raphael Guerreiro. Auf insgesamt fünf Wechsel in der Startelf hatte sich Dortmunds Trainerteam geeinigt, Marvin Hitz spielte im Tor, Julian Brandt agierte als Sturmspitze, jeder konnte sehen: Ein Spiel mit Kramaric (sechs Saisontore) und Haaland (vier) ist qualitativ ein anderes als ohne diese beiden außergewöhnlichen Stürmer.

Haaland kommt, und siehe da: Dortmund trifft

Ernstlich prickelnd war die erste Halbzeit vor 6030 Zuschauern nicht, die Dortmunder hatten dennoch einige Gelegenheiten, um die Partie früher in passende Bahnen zu lenken. Da war Giovanni Reyna, der den Ball aus spitzem Winkel nicht im Hoffenheimer Tor unterbrachte und am lang gegrätschten Bein von Robert Skov scheiterte (35.). Kurz darauf setzte der Belgier Thomas Meunier einen Kopfball auf die Latte (37.), und auch Brandt hätte noch vor der Pause zur Führung einschießen können, hätte er den Ball im Strafraum nur etwas sauberer kontrolliert (43.).

Die Hoffenheimer hatten offensiv ihre Probleme, wie soll es auch anders sein, wenn der Mann fehlt, der bislang sechs der acht Saisontore erzielt hatte. Für ihn stürmte Ishak Belfodil, der zwar mal eine sehr erfolgreiche Zeit in Hoffenheim hatte, aktuell aber kein ebenbürtiger Kramaric-Ersatz ist. Trainer Sebastian Hoeneß brachte nach einer Stunde den früheren Dortmunder Jacob Bruun Larsen, Favre reagierte kurz darauf und präsentierte alle Wucht, die er auf seiner Bank versammelt hatte: Reus und Haaland, später noch Guerreiro. "Die bringen dann eine brutale Qualität rein", urteilte Hoffenheims Torwart Oliver Baumann.

Wie immer, wenn Haaland auf dem Platz steht, dauerte es nicht lange, bis ein Tor fällt. Diesmal zwölf Minuten, Haaland spielte aus der Tiefe den gescheiten Pass zu Reus, der ins leere Tor einschieben durfte (76.). Haaland traf noch den Pfosten (83.), Reyna (85.) schoss drüber. Aber es gereichte zum Sieg, weil Hoffenheim nicht mehr als ein Schüsschen von Christoph Baumgartner zustande brachte (82.). Am schmerzhaftesten endete der Tag im übrigen für Sebastian Rudy, der im Zweikampf ein Stück Zahn verlor, das in hohem Bogen Richtung Werbebande flog. Der Beißer war weg, Rudy spielte aber durch.

Was blieb, war der Hoffenheimer Ärger. Rosen glaubt, dass sich vor dem nächsten Länderspiel-Dreierpack im November etwas ändern muss, und da äußerte er sich ganz ähnlich wie andere Sportchefkollegen. Es sei an der Zeit, ein "Ausrufezeichen zu setzen", forderte Rosen. Zur Not müsse man als Klub darüber "nachdenken, die Jungs nicht gehen zu lassen". Die Jungs, hat Rosen noch gesagt, hätten auf die vielen Spiele ja ebenfalls "keinen Bock".

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