Süddeutsche Zeitung

Bundesliga:Wolfsburg trennt sich von Trainer Ismaël

Lesezeit: 2 min

Von Jörg Marwedel, Wolfsburg/Hamburg

Am Sonntag hatten die Profis des VfL Wolfsburg frei. Sportdirektor Olaf Rebbe und die Klubführung dagegen hatten nach dem unglücklichen 1:2 am Freitagabend im Abstiegskampf-Derby gegen Werder Bremen keinen freien Tag. Das lag daran, dass ihre stundenlangen Beratungen am Samstag zunächst zu keinem offiziellen Ergebnis geführt hatten. Da hatten sie diskutiert, ob der Trainer Valérien Ismaël, 41, noch der richtige Mann sei, um die steil in die Abstiegszone gerutschte Mannschaft aus dem Schlamassel zu ziehen. Rebbe, seit Dezember Nachfolger von Klaus Allofs, sagte: "Nach einem 0:3 wäre es einfacher gewesen, ein Fazit zu ziehen." Stattdessen versuchte man nun, ein Fazit nach dem wohl besten Spiel unter Ismaël (seit 18. Oktober im Amt) zu ziehen, auch wenn es nicht erfolgreich war.

All das half nicht mehr, am Sonntagabend besiegelte der VfL die achte Trainerentlassung der laufenden Bundesliga-Saison. Der Franzose Ismaël, 41, der einst in Bremen und beim FC Bayern spielte, muss das Amt quittieren.

Schon nach dem Schlusspfiff am Freitag hatte Rebbe mehr die vier Niederlagen in den vergangenen fünf Partien im Blick gehabt als den kämpferischen Aufschwung im Duell mit Bremen. "Ich halte mich an die Fakten und nicht an gefühlte Emotionen", sagte der Sportchef kühl. Es gehe um Ergebnisse, und "die stimmen gerade nicht". Aufmunternde Worte hatte der 38-Jährige schon da nicht parat - für die Spieler nicht, für den Trainer auch nicht. Offen ist nun, wer der Nachfolger von Ismaël wird. Zunächst deutete vieles auf Bruno Labbadia, der im September beim Hamburger SV ging. Aber diese Variante wurde am Sonntagabend aus VfL-Kreisen ausdrücklich dementiert. Im Gespräch ist nun auch der U23-Sportdirektor der Wolfsburger, Pablo Thiam.

Jedenfalls wartet auf den Neuen viel Arbeit. Besonders in einem Punkt: der Torgefährlichkeit. "Sie waren uns in allen Belangen überlegen", sagte der frühere VfL-Profi Max Kruse. 27:7 Schüsse, 13:1 Eckbälle und 67 Prozent Ballbesitz standen für die Wolfsburger zu Buche. Was zählt's? Nichts. Denn nur in diesem einen Punkt waren die Bremer fast perfekt: in der Effektivität. Serge Gnabry zeigte früh, wie man zwei Chancen in zwei Tore verwandelt (10. und 18. Minute). Danach verbarrikadierte sich Werder im Strafraum und musste sich bei Keeper Felix Wiedwald bedanken, dass nicht mehr als das 1:2 durch Mayoral fiel, nur 102 Sekunden nach dem 0:2.

Unabhängig vom verlorenen Derby hat es Ismaël in viereinhalb Monaten nicht geschafft, eine stabilere Mannschaft zu bauen. Nach dem 0:3 in Dortmund in der Vorwoche veränderte er das Team auf fünf Positionen. Zu den Bankdrückern zählten die als Stützpfeiler geholten Mario Gomez und Jeffrey Bruma. Und auch, wenn manche der Neuen in der Aufstellung - Christian Träsch, Mayoral und vor allem Didavi - viel Dampf machten und das Team mit Applaus verabschiedet wurde, hatte man den Eindruck, dass die weiteren Transfer-Aktivitäten in der Winterpause kurzfristig wenig bewirkt haben. Mehr als 35 Millionen Euro konnte der VfL investieren, weil der Verkauf von Julian Draxler zu Paris St. Germain (45 Millionen) neue Mittel freisetzte. Fünf Neue kamen, aber gegen Bremen spielte nur Yunus Malli von Beginn an.

Am Ende half auch das Ismaël-Plädoyer von Kapitän Diego Benaglio nichts mehr. Der Torwart betonte, das Verhältnis der Profis zum Trainer sei noch "intakt". Würde der Trainer das Team nicht erreichen, "dann wäre eine Leistung wie gegen Bremen nicht möglich gewesen". Es waren nichts als leere Worte.

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Quelle:
SZ vom 27.02.2017
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