Süddeutsche Zeitung

Bundesliga: VfL Wolfsburg:Noch ein Porsche für VW

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Wolfsburg startet mit beeindruckender Dynamik und wird den FC Bayern noch lange ärgern. Aber erst die Champions League wird zeigen, wie strapazierfähig die Elf ist.

Christof Kneer

Wie der Verband der Automobilindustrie bekanntgibt, ist die Zahl der Beschäftigten in den Stammbelegschaften im vergangenen Jahr nur um 2,4 Prozent auf 729.800 Mitarbeiter gesunken. Mitten in der Krise ist das vermutlich eine gute Nachricht, und das Wochenende hat nun die Erkenntnis gebracht, dass in der Autoindustrie sogar schon wieder neue Stellen geschaffen werden.

Der zweifellos zur Autoindustrie zählende VfL Wolfsburg, dessen Kader nicht ganz 729.800 Mitarbeiter zählt (aber fast), hat am Wochenende den neuen Werksangestellten Obafemi Martins präsentiert, der seinem Arbeitgeber zehn Millionen Ablöse sowie ein Gehalt wert ist, das verglichen mit seinem Gehalt in Newcastle durchaus um 2,4 Prozent gestiegen sein dürfte.

Am ersten Spieltag durfte der VfL das in alle Haushalte übertragene Auftaktspiel bestreiten (2:0 gegen Stuttgart), am zweiten das Topspiel am Samstagabend (3:1 in Köln, inkl. Martins-Tor) - das reicht, um zu verstehen, warum der Konzern für seine Fußballsparte weitere Gelder freigemacht hat, wie das auf Konzerndeutsch wohl heißt.

Kein sportlicher Erfolg = kein Marketing-Gegenwert, nach dieser simplen Rechnung hat sich BMW gerade aus der Formel 1 zurückgezogen, was im Umkehrschluss auch eine Begründung für den Wolfsburger Weg liefert. Viel Erfolg = viel Gegenwert - und um Erfolg und Gegenwert zu sichern, hat der Konzern noch was draufgelegt: für Martins, den Stürmer mit dem Porsche-Motor, für Ziani (fünf Millionen) und Kahlenberg (3,7 Mio.), die dafür sorgen sollen, dass das Spiel des VfL noch besser auf der Straße liegt - und für die tragenden Teile des Meisterautos wie Dzeko, Grafite und Misimovic, deren Gehälter um mindestens 2,4 Prozent aufgestockt wurden.

Es gibt ja die populäre Theorie, wonach sich in Münchner Schwächejahren immer wieder mal ein Zufallsmeister findet, der im Jahr darauf dann Siebter oder Neunter wird. Auf diese Theorie sollten sich die in der Selbstfindung begriffenen Bayern lieber nicht verlassen - zwei Spieltage sind kein stabiler Wert, aber bemerkenswert ist doch, in welch stabil hohem Tempo der VfL aus der ersten Kurve gerauscht kommt. Bei gleicher Dynamik wirkt der VfL eher noch geländegängiger als zuletzt - zu sehen in Köln, wo die Elf ein 0:1 mit muskulöser Coolness in ein 3:1 verwandelte.

Wie strapazierfähig diese mit Millionen aufgemotzte Werkself wirklich ist, wird sich aber erst zeigen, wenn sie nun in die Formel 1 des Fußballs einsteigt: in die Champions League, gegen die die Bundesliga nichts weiter ist als, sagen wir, die deutsche Tourenwagen-Meisterschaft.

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Quelle:
SZ vom 17.08.2009
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