Süddeutsche Zeitung

"Hängende Spitze":Bochumer Saisonziel: 1,04286 Punkte

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Weil ihr Trainer auch Mathematiklehrer ist, wissen die Fußballer des VfL Bochum nun endlich, wie viele Punkte sie noch bis zum Klassenverbleib holen müssen. Gut, dass wir mal nachgerechnet haben.

Glosse von Ulrich Hartmann

Der Bochumer Trainer Thomas Letsch ist am Wochenende gefragt worden, wie viele Punkte in der gegenwärtigen Saison wohl zum Klassenverbleib nötig seien. Diese Frage an just diesen Trainer ist durchaus klug, denn der Fußballlehrer Letsch hat Mathematik studiert und war mal Gymnasiallehrer. Leider hatte der Schwabe trotzdem keinen Schimmer: Das sei ja immer schwierig. "40, 38 oder 32,7", witzelte er und zuckte die Schultern.

Diese Antwort ist doppelt unbefriedigend. Weil erstens offenbar nicht mal ein Mathematiker mit Fußballexpertise die Chancen auf den Klassenverbleib einer Mannschaft ausrechnen kann. Und zweitens, weil Letsch eigentlich weiß, dass Dezimalzahlen in der Bundesliga-Tabelle keine Rolle spielen. Es gibt keine Sonderregel, wonach seinem VfL, der beim 1:1 gegen Augsburg zum dritten Mal in dieser Saison ein Gegentor in der Nachspielzeit hinnehmen musste, eine Art Trostbonus von 0,7 Punkten gutgeschrieben werden könnte. Es ist unmöglich, am Saisonende auf 32,7 Punkte zu kommen.

Aber wahrscheinlich unterschätzt man den Mathematiker. Letsch denkt womöglich auch in Mittelwerten. Rechnet man nämlich aus, wie viele Punkte alle geretteten Viertletzten in den vergangenen 28 Bundesliga-Spielzeiten seit Einführung der Drei-Punkte-Regel geholt haben und teilt diese Summe durch 28, dann erhält man die Zahl 35,6. Hansa Rostock (1997) und Bayer Leverkusen (2003) kamen als Fünfzehnte mal auf 40 Punkte, das war das meiste. Gladbach (2009) kam als Fünfzehnter mal auf 31 Zähler, das war das wenigste.

Um am Saisonende auf 35,6 Punkte zu kommen, muss der VfL Bochum (Stand jetzt: 21 Punkte) aus den verbleibenden 14 Spielen jeweils 1,04286 Punkte holen. Mit dieser präzisen Kalkulation sollten die Spieler nun Sicherheit bekommen und ihr Ziel erreichen können. Es ist eben auch beim Fußball von Vorteil, wenn man ein bisschen was von Mathematik versteht.

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