Süddeutsche Zeitung

Talentverschwender der Bundesliga:Oh weh, Gladbach

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Höchstens die Bayern haben ihr Talent in dieser Saison so schlecht genutzt wie Gladbach. Welcher Verein am ineffizientesten war, wer sein Potential ausgereizt hat.

Klaus Hoeltzenbein

Wenn sie bei Borussia Mönchengladbach von dieser Saison etwas in Erinnerung behalten wollen, sollten sie sich ihre Tore im Video zusammenschneiden. Von Reus, Dante, Idrissou, de Camargo - viele waren wirklich wunderschön. Mit 45 Toren ist Hannover Dritter, trotz nun schon 44 Toren steigt Gladbach vermutlich ab. Das sagt schon fast alles: Was bei den Erben des Berti Vogts hinter der Offensive geschah, ist frei fürs blitzschnelle Vergessen.

Würde man eine Tabelle jener Mannschaften aufstellen, die in dieser Saison am wenigsten das Talent genutzt haben, das im jeweiligen Kader vermutet werden muss, gäbe es um Platz eins ein totes Rennen: zwischen Mönchengladbach und dem FC Bayern. Was am Beispiel dieser höchst unterschiedlichen Ex-Meister nur bestätigt, dass in der Tradition verwaltetes Knowhow zwar die Vitrinen schmückt, niemals aber Erfolg im Abonnement garantiert.

Vereine müssen sich stets neu behaupten, bewiesen am Beispiel des baldigen deutschen Meisters Dortmund. Dessen 0:1 vom Samstag in Mönchengladbach!!! sollte für den Verlierer nichts mehr bedeuten, während es für den Tagessieger erneut all die verpassten Chancen der Spielzeit schmerzvoll zusammenfasste.

Man könnte nun noch eine weitere Tabelle entwerfen. Eine, die untersucht, wer aus seinem eingesetzten Kapital den größten sportlichen Nutzen gezogen hat. In dieser wären hinter dem neuen Dortmund, das aus dem Chaos einer Fast-Insolvenz entstanden ist, Hannover, Mainz und Nürnberg, aber auch Kaiserslautern die hartnäckigsten Verfolger.

In beiden Sondertabellen - jener der Talent-Verschwender und jener der Kapital-Maximierer - fielen zwei weiteren Klubs äußerst unrühmliche, aber zentrale Rollen zu: dem HamburgerSV und dem VfLWolfsburg.

Der Unterschied zu Bayern und Gladbachern ist nur, dass dort die Vielzahl der sündteuer verpassten Saisonziele zu Personalwechseln geführt hat, während die Manager Christian Nerlinger und Max Eberl weiterwirken dürfen. Beide können neben ihrer Jugend ja auch mildernde Umstände reklamieren: Nerlinger, 38, hat zwischen, neben und unter all den Großkopferten des FCBayern die Uli-Hoeneß-Nachfolge und damit ein schweres Erbe angetreten; Eberl, 37, war es immerhin gelungen, einen (in Teilen) attraktiven Kader zu komponieren.

Und so groß ist das Talentreservoir der Bundesliga-Manager auch wieder nicht, als dass beide nicht eine zweite Chance bekommen sollten, aus dem nüchternen Kapitaleinsatz einen Fußball für Schwärmer zu entwickeln.

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Quelle:
SZ vom 26.04.2011
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